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Der Thron der roten Königin

Der Thron der roten Königin

Titel: Der Thron der roten Königin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philippa Gregory
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handschriftliche Kopie der
Nachfolge Christi
auf Französisch mit. Er stellt sich vor, ich möchte sie vielleicht im Rahmen meiner Studien ins Englische übersetzen. Ich weiß, dass er mich von der Niederlage meines Hauses und der Verzweiflung Englands abzulenken versucht, und danke ihm für seine Rücksicht. Ich setze mich an die Studien, aber mein Herz hängt nicht daran.
    Ich warte auf Nachrichten von Jasper. Vermutlich hält ihn derselbe Kummer umfangen, der mich jeden Morgen beim Aufwachen grüßt, noch bevor ich ganz wach bin. Wenn ich morgens die Augen öffne, wird mir mit einem stechenden Schmerz im Herzen bewusst, dass mein Cousin, der König, im Exil ist – wer weiß, wo? – und unser Feind auf dem Thron sitzt. Ich verbringe Tage auf den Knien, aber Gott schickt mir kein Zeichen, dass diese Tage nur eine Prüfung sind und der wahre König wieder inthronisiert wird. Eines Morgens kommt ein Bote auf einem kleinen Waliser Pony in den Stallhof geritten, matschig und dreckig von der Reise. Ich weiß sofort, dass er mir endlich Nachrichten von Jasper bringt.
    Er klingt schroff wie immer.
    William Herbert soll zum Dank dafür, dass er wieder zu York übergelaufen ist, ganz Wales bekommen, all meine Ländereien und all meine Burgen. Dazu hat der neue König ihn noch zum Baron ernannt. Nun wird er mich jagen, wie ich ihn gejagt habe, und ich werde nicht mit der Begnadigung eines sanften Königs rechnen können – wie er. Ich muss Wales verlassen. Kommst Du, um Deinen Sohn abzuholen? Ich erwarte Dich auf Pembroke Castle, noch in diesem Monat. Länger kann ich nicht warten.
    – J.
    Ich laufe zum Stallburschen. «Wo ist mein Gatte, wo ist Sir Henry?»
    «Er inspiziert mit dem Landverwalter die Felder, Mylady», antwortet der Junge.
    «Sattle mein Pferd, ich muss zu ihm», befehle ich. Sie bringen mir Arthur aus dem Stall, der meine Ungeduld spürt und den Kopf hochwirft, während sie mit dem Zaumzeug hantieren und ich sie ermahne, sich zu beeilen. Sowie er bereit ist, sitze ich im Sattel und reite zu den Gerstenfeldern.
    Ich entdecke meinen Gemahl am Feldrand im Gespräch mit seinem Landverwalter und pariere Arthur in einen runden Galopp. Ich komme so schnell angeritten, dass sein Pferd seitlich ausweicht und mit allen vieren im Matsch auf der Stelle springt.
    «Ruhig», sagt mein Gemahl und zieht die Zügel an. «Was ist los?»
    Zur Antwort werfe ich ihm den Brief zu und bedeute dem Landverwalter mit einer Geste, sich außer Hörweite zu entfernen. «Wir müssen Henry abholen», stoße ich keuchend hervor. «Jasper will sich mit uns auf Pembroke Castle treffen. Er muss fliehen. Wir müssen ihn dort treffen.»
    Aufreizend langsam liest er den Brief, dann wendet er das Pferd heimwärts und überfliegt ihn ein zweites Mal.
    «Wir müssen auf der Stelle aufbrechen», sage ich.
    «Sobald die Straßen sicher sind.»
    «Ich muss meinen Sohn abholen. Jasper teilt mir mit, dass ich ihn holen muss!»
    «Jaspers Urteil ist nicht das sicherste, wie selbst du jetzt vielleicht erkennen kannst, denn seine Sache ist verloren, und er muss nach Frankreich, in die Bretagne oder nach Flandern fliehen und deinen Sohn ohne Vormund zurücklassen.»
    «Er muss fort!»
    «In jedem Fall geht er fort. Sein Rat ist nicht von Belang. Ich werde eine geeignete Wache anmustern, und wenn die Straßen sicher genug sind, werde ich gehen und Henry abholen.»
    «
Du?
» Ich bin so aufgeregt, dass ich vergesse, meine Verachtung zu verbergen.
    «Ja, ich. Denkst du, ich sei zu altersschwach, um in aller Eile nach Wales zu reiten?»
    «Womöglich sind Soldaten auf den Straßen. William Herberts Armee wird unterwegs sein. Wahrscheinlich wirst du ihnen begegnen.»
    «Dann können wir nur hoffen, dass mein hohes Alter und mein graues Haar mich schützen», bemerkt er lächelnd.
    Ich überhöre den Scherz. «Du musst dich durchschlagen», beharre ich, «sonst lässt Jasper meinen Sohn allein auf Pembroke zurück, und dann schnappt Herbert sich ihn.»
    «Ich weiß.»
    Wir reiten in den Hof, wo er sich leise mit Graham, dem Stallmeister, bespricht. Kurz darauf drängen die Waffenknechte aus dem Haus heraus, und die Glocke der Kapelle schlägt, um die Pächter zu versammeln. Das alles geht geschwind und reibungslos vonstatten, und ich sehe zum ersten Mal, dass mein Gatte seine Männer gut im Griff hat.
    «Kann ich dich begleiten?», frage ich. «Bitte, Gemahl, er ist mein Sohn. Ich will ihn sicher nach Hause zurückholen.»
    Er sieht mich nachdenklich an. «Es

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