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Der Thron von Melengar: Riyria 1 (German Edition)

Der Thron von Melengar: Riyria 1 (German Edition)

Titel: Der Thron von Melengar: Riyria 1 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael J. Sullivan
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den Fluss stieß. Die Ortsbestimmung war nicht sonderlich schwer,weil nur dieser Teil der Stadt geschlossene Abwasserkanäle hatte. Den Ausgang versperrte ein Metallgitter, und Hadrian war erleichtert, als er Angeln und ein Schloss anstatt einer festen Verankerung fand. Royce hatte mit dem Schloss wenig Mühe, und die rostigen Angeln kapitulierten unter ein paar kräftigen Fußtritten von Hadrian. Als der Weg frei war, schlich Royce hinaus, um das Terrain zu sondieren, während Hadrian mit Alric im Tunnelausgang zurückblieb.
    Der Prinz hatte es geschafft, den Maulkorb so weit zu lockern, dass Hadrian jetzt verstehen konnte, was er sagte. »Ich sorge dafür, dass ihr totgeprügelt werdet. Lasst mich sofort frei!«
    »Ihr seid jetzt still«, erwiderte Hadrian, »oder ich sorge dafür, dass Ihr in den Fluss fallt, und dann werden wir ja sehen, wie gut Ihr Euch mit gefesselten Händen und Füßen über Wasser halten könnt.«
    »Das würdest du nicht wagen! Ich bin der König von Melengar, du elendes Schwein!«
    Hadrian trat Alric die Beine weg, und der Prinz klatschte bäuchlings ins Wasser. Nachdem er ihn kurz hatte zappeln lassen, zog er ihn wieder hoch. »Haltet jetzt den Mund, oder ich lasse Euch das nächste Mal ersaufen.« Alric hustete und spuckte, sagte aber nichts mehr.
    Royce kam lautlos wieder in den Tunnel geschlüpft. »Wir sind direkt am Fluss. Ich habe ein Fischerboot an einem Steg gefunden und mir erlaubt, es im Namen Seiner Majestät zu requirieren. Es liegt gleich am Fuß der Böschung im Schilf.«
    »Nein!«, protestierte der Prinz und zerrte an seinen Fesseln. »Ihr müsst mich freilassen! Ich bin der König!«
    Hadrian packte ihn um die Kehle und zischte ihm ins Ohr: »Was habe ich Euch gerade gesagt! Keinen Laut, oder Ihr geht schwimmen!«
    »Aber –«
    Hadrian tauchte den Prinzen wieder unter, ließ ihn einmal kurz Luft holen und drückte seinen Kopf abermals ins Wasser. »Keinen Mucks mehr«, knurrte er ihn an.
    Alric würgte und spuckte. Hadrian zog ihn hinter sich her und folgte Royce die Böschung hinab.
    Es war nur ein größeres Ruderboot, sonnengebleicht und voll mit Netzen und farbigen Bojen. Der starke Fischgeruch des Boots überdeckte immerhin den Kanalisationsgestank. Eine zeltförmig gespannte Plane im Bug diente als Stauraum für Fischereigerät oder als Wetterschutz. Dort deponierten sie den Prinzen und häuften die Netze und Bojen so vor die Öffnung, dass er nicht herauskriechen konnte.
    Hadrian stieß sie mit einer langen Stange ab, die er im Boot gefunden hatte. Royce bediente das hölzerne Steuerruder, während die Strömung sie flussabwärts trug. Hier im Oberlauf war die Strömung stark und das Vorankommen kein Problem. Sie brauchten das Boot nur in der Flussmitte zu halten. Als die Farbe des Himmels gerade von Anthrazit in stumpfes Stahlgrau überging, passierten sie die Silhouette des Stadtzentrums von Medford. Vom Fluss aus sahen sie das mächtige Gebäude des Schlosses, auf dem das Falkenbanner wegen König Amraths Tod auf Halbmast wehte. Die Fahne war ein gutes Zeichen, aber wie lange würde es dauern, bis sie sie ganz einholten, weil sie bemerkt hatten, dass der Prinz verschwunden war?
    Der Fluss markierte den Südrand der Stadt, am Handwerkerviertel entlang. Große, zweistöckige Lagerhäuser säumten das Ufer, und mächtige hölzerne Schaufelräder ragten ins Wasser hinaus, um mit der Kraft der Strömung die Mühlsteine und Sägewerke zu treiben. Da Schiffe mit großem Tiefgang den Galewyr nicht passieren konnten, gab es zahlreicheLandestellen für flache Kähne, die Güter aus dem kleinen Seehafen Roe herbeitransportierten. Spezielle Fischereianleger waren so beschaffen, dass die großen Netze mit Flaschenzügen aus den Booten direkt auf die Ausnehmtische des angrenzenden Fischmarkts gehievt werden konnten. Jetzt, im Morgengrauen, kreisten bereits Möwen über den Anlegern, wo Fischer ihre Boote losmachten. Den beiden Männern, die in einem kleinen Boot flussabwärts trieben, schenkte niemand besondere Beachtung. Trotzdem duckten sie sich, bis alles Städtische hinter den hohen Uferböschungen verschwunden war.
    Das Licht wurde kräftiger und die Strömung ebenfalls. Felsen tauchten auf, und der Flussgraben wurde schmaler und tiefer. Weder Royce noch Hadrian hatte Erfahrung im Umgang mit Booten, aber beide taten ihr Bestes, den Felsen und Untiefen auszuweichen. Royce blieb am Ruder, während Hadrian kniend mit der langen Stange das Boot von Hindernissen fernhielt.

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