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Der Tierarzt kommt

Der Tierarzt kommt

Titel: Der Tierarzt kommt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Herriot
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gesehen, und dann kam sie vor etwa zwei Stunden an – schleppte sich irgendwie in die Küche – und trug das Kätzchen im Maul. Sie ging schnurstracks ins Wohnzimmer und legte es auf den Kaminteppich, und zuerst fand ich es sehr amüsant. Aber dann sah ich, daß etwas nicht in Ordnung war, denn sie hat sich hingelegt und seitdem nicht bewegt.«
    Ich kniete mich auf den Teppich und fuhr Debbie mit der Hand über Hals und Rippen. Sie war magerer als je, ihr Fell war schmutzig und voller Erdklumpen, und sie wehrte sich nicht, als ich ihr behutsam das Maul öffnete. Die Zunge und die Schleimhäute waren anormal blaß, und ihre Lippen fühlten sich eiskalt an. Als ich ihr Augenlid herunterzog und die fahlweiße Bindehaut sah, hatte ich eine finstere Vorahnung.
    Ich tastete den Bauch ab und wußte bereits, was ich finden würde: und da war es auch – eine harte Masse lag in den Eingeweiden. Massives Lymphosarkom. Im Endstadium und hoffnungslos. Ich setzte ihr das Stethoskop auf die Brust und lauschte dem immer schwächer werdenden raschen Pochen des Herzens. Und dann setzt ich mich auf, starrte geistesabwesend in das Feuer und fühlte die Wärme auf meinem Gesicht.
    Mrs. Ainsworths Stimme schien von weither zu kommen. »Ist sie krank, Mr. Herriot?«
    Ich zögerte. »Ja... ja, sie ist leider sehr krank. Eine bösartige Geschwulst. Ich kann nichts mehr für sie tun. Es tut mir leid.«
    »Oh!« Sie legte die Hand auf den Mund und sah mich mit großen Augen an. »Sie müssen sie sofort einschläfern. Wir können sie nicht leiden lassen.«
    »Mrs. Ainsworth«, sagte ich, »das ist nicht mehr nötig. Sie stirbt jetzt – sie ist im Koma – sie leidet nicht mehr.«
    »Ach, du armes kleines Ding!« schluchzte Mrs. Ainsworth. Sie streichelte Debbie den Kopf. »Was sie durchgemacht haben muß. Warum habe ich nicht mehr für sie getan?«
    »Niemand hätte mehr tun können als Sie«, sagte ich. »Niemand hätte gütiger sein können.«
    »Aber wenn ich sie nur hierbehalten hätte – wo sie es bequem hatte. Es muß schrecklich für sie gewesen sein da draußen in der Kälte, als sie so krank war – ich wage gar nicht daran zu denken. Und dann hat sie noch die Kleinen gekriegt – ich... ich frage mich, wie viele sie wohl gehabt haben mag?«
    Ich zuckte die Schultern. »Das werden wir wohl nie wissen. Vielleicht nur das eine hier. Das passiert manchmal. Und sie hat es Ihnen gebracht, nicht wahr?«
    »Ja... das ist wahr... das hat sie... das hat sie getan.«
    Mrs. Ainsworth bückte sich und nahm das Häufchen Unglück auf. Sie ließ ihren Finger über das schmutzige Fell gleiten, und das kleine Mäulchen öffnete sich zu einem nicht vernehmbaren Miau.
    »Ist es nicht seltsam? Und dazu noch zu Weihnachten.«
    Ich kniete und fühlte nach Debbies Herz. Es schlug nicht mehr.
    »Sie ist tot«, sagte ich, hob den kleinen, fast gewichtslosen Körper auf, wickelte ihn in ein Tuch und trug ihn zum Wagen.
    Als ich zurückkam, streichelte Mrs. Ainsworth noch immer das Kätzchen. Ihre Tränen waren getrocknet, und sie lächelte, als sie mich ansah.
    »Ich hatte noch nie eine Katze«, sagte sie.
    »Na, jetzt haben Sie wohl eine.«
     
    Und das hatte sie wirklich. Das Kätzchen wuchs schnell zu einem schlanken, hübschen und etwas ungestümen Kater heran, der Buster getauft wurde. Er stand in jeder Beziehung im Gegensatz zu seiner scheuen kleinen Mutter. Die Entbehrungen des freien und geheimnisvollen Lebens waren nichts für ihn; er stolzierte wie ein König über die dicken Teppiche im Hause Ainsworth, und sein schmuckes Halsband trug noch zu seiner Würde bei.
    Bei meinen Besuchen beobachtete ich seine Entwicklung mit viel Freude, aber ich werde nie den ersten Weihnachtsfeiertag genau ein Jahr später vergessen.
    Ich machte wie gewöhnlich die Runde. Ich kann mich nicht erinnern, je zu Weihnachten frei gehabt zu haben, denn die Tiere wollen einfach nicht lernen, daß es Feiertage gibt. Im Lauf der Jahre habe ich aufgehört, mich darüber zu ärgern. Wenn ich in der kalten Winterluft in Ställen und Scheunen herumstampfe, hole ich mir wenigstens einen gesunden Appetit für den Putenbraten; ganz abgesehen von den zahlreichen Aperitifs, die mir die gastfreundlichen Farmer anbieten.
    Ich war auf dem Heimweg und fühlte mich wie in einer rosigen Wolke. Ich hatte mehrere Whiskies getrunken – den die Farmer von Yorkshire wie Limonade einschenken –, und den Rest hatte mir ein Glas Rhabarberwein bei Mrs. Karnshaw gegeben. Als ich an Mrs.

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