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Der Tod bin ich

Der Tod bin ich

Titel: Der Tod bin ich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Max Bronski
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unaufhaltsam in den Nachthimmel.
    Malikow schüttelte die geballten Fäuste und nickte Chalimow zu: Start geglückt! Erleichtert wandte sich der Oberst wieder Koroljow zu, der zwei Hörer an seine Ohrmuscheln gepresst hielt und unverwandt die große Uhr im Auge behielt. Malikow nahm noch rechtzeitig wahr, dass sein Vorgesetzter Anstalten machte, auf Koroljow zuzugehen, um ihm womöglich zu gratulieren. Malikow bekam ihn am Oberarm zu fassen und hielt ihn zurück. Weitere Minuten lang herrschte angespannte Stille im Raum, dann endlich tönte das erlösende Piepen des Funksignals aus dem Lautsprecher. Sputnik war im Orbit angekommen und hatte zu senden begonnen. Malikow gab Chalimow frei. Freudengeschrei erhob sich, die Männer umarmten sich.
    Der sowjetische Satellit Sputnik hatte zu senden begonnen! Das pulsende Signal ging nun um die Welt.
     
2.
    Im Herbst bekam ich überraschend Post von meinem Cousin Volker Oftenhain, der im Vogtland als Bergmann bei der SDAG Wismut arbeitete. Er freue sich, nun einen Physiker in der Familie zu haben.Wie er gehört habe, sei ich von der Universität Leipzig mit Auszeichnung abgegangen. Er selbst interessiere sich sehr für Astrophysik und sei in seiner Freizeit an der Volkssternwarte in Segewitz tätig. Man habe einige Anstrengung unternommen, um im Geophysikalischen Jahr ein eigenes Programm auf die Beine zu stellen. So habe man auf dem Rützenstein ein Zeltlager eingerichtet, um von dort aus Polarlichter und leuchtende Nachtwolken beobachten zu können. Ob ich denn vor ihren Aktivisten ein Referat halten könne, etwa zur Wechselwirkung von Sonnengeschehen und Erdatmosphäre?
    Ich war damals in Sorge um meinen Vater und fand den Zeitpunkt ungeeignet. Seit Kurzem kamen zwei Unbekannte regelmäßig zur Messe und machten sich bei seinen Predigten Notizen. Der Gemeinde war klar, dass die Staatssicherheit ihren Pastor ins Visier genommen hatte. Mein Vater legte jedoch Wert auf verwandtschaftliche Kontakte und fand es selbstverständlich, dass ich dieses Referat hielt. Zudem könne er seine Angelegenheiten selbst regeln. So sagte ich Volker zu. Nach einer umständlichen Zugfahrt über Leipzig und Zwickau langte ich Samstagabend endlich in Segewitz an, wo mich Volker bereits erwartete.
    – Hast du die neuesten Meldungen schon gehört?
    – Wie denn? War doch unterwegs.
    – Die Russen haben von Kasachstan aus einen Satelliten in den Weltraum geschossen. Sputnik heißt er. Der Sprecher sagte, im Westen nennen sie ihn schon den roten Mond.
    Ich war überrascht. Zwar hatten wir in Leipzig an der Uni davon gehört, dass Koroljow und seine Gruppe einen solchen Versuch unternehmen wollten. Ihr öffentlicher Hinweis war jedoch weitgehend unbeachtet geblieben. Russland galt als technologisch rückständig, der allgemeinen Einschätzung nach würden die Amerikaner Eisenhowers Ankündigung in die Tat umsetzen und als Erste den Weltraum erobern.
    – Ist das wirklich bestätigt?
    Volker spürte meine Skepsis und fasste mich unter.
    – Du traust der Sache nicht. Aber Sputnik sendet überallhin. Schon gestern Nacht haben sie das Signal in der Sternwarte in Bochum empfangen. Das ist amtlich und sollte jeden Zweifel ausräumen.
    Wir waren vor einem Schulgebäude angekommen.
    – Wo bringst du mich eigentlich hin?
    – Zu unseren Experten.
    Volker setzte meine Tasche ab, die er getragen hatte.
    – Im Ernst: Götzschel, unser Lehrer hier, ist eine wirkliche Kapazität. Er und ein paar Helfer tagen oben im Turmzimmer. Einen wie dich können wir jetzt gut gebrauchen.
    – Was habt ihr vor?
    – Wir sind sicher, dass sich der Sputnik von unserem Zeltlager aus gut beobachten lassen müsste. Deswegen versuchen sie seine Flugbahn und seine Position zu berechnen, um bestimmen zu können, wann er bei uns vorüberzieht. Die Zeit drängt, wir wissen ja nicht, wie lange er noch oben bleibt.
    Tatsächlich hatten der Lehrer und einige ausgewählte Schüler bereits gute Arbeit geleistet. Die Daten, die ihnen zur Verfügung standen, waren in ein Modell umgesetzt worden. Um es anschaulich zu machen, war um einen Globus herum ein Drahtring gesteckt worden, die Bahn, auf der der künstliche Himmelskörper um die Erde lief. Ich überprüfte die Berechnungen und fand nichts daran auszusetzen.
    Noch am selben Abend marschierten wir gemeinsam auf den Rützenstein. Jagdfieber hatte die Hobbyastronomen gepackt, auch meine anfängliche Zurückhaltung war verschwunden. Wenn unsere Zahlen stimmten, wurden wir Augenzeugen von

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