Der Tod bin ich
euch
Clerkies
war doch mal Staatssekretär, oder?
– Definitiv.
– Dann leg mal ein gutes Wort für mich ein. Könnte ich gebrauchen.
29.
– Tino!
Ich stellte mich taub, denn ich stand mit der Harke im Rosenbeet, als Leo nach mir rief. Schließlich kam er mit dem Telefon in der Hand über den Platz gelaufen. Leicht echauffiert und genervt drückte er mir den Hörer in die Hand.
– Für dich! Scheint wichtig zu sein!
Wütend drehte er ab.
– Senoner.
– Hier Vierecker. Wir hatten noch nicht das Vergnügen. Ich bin Notar in Rosenheim und würde Sie gerne sprechen.
– Worum geht es?
– Um den verstorbenen Richard Eulmann.
– Wie kommen Sie da auf mich?
– Schauen Sie: Ich könnte Ihnen natürlich auch alles am Telefon erklären. Wir tun uns jedoch entschieden leichter, wenn Sie einfach bei mir vorbeikommen.
Ich schwieg. Gleich darauf gestand ich mir ein, dass ich neugierig geworden war.
– Wann?
– Wie wäre es gleich heute Nachmittag?
Ich war verblüfft, sagte jedoch zu.
In gespannter Erwartung fuhr ich nach Rosenheim. Seine Kanzleiwar leicht zu finden, sie lag in der Fußgängerzone. Viereckers Sekretärin nahm mich in Empfang und platzierte mich im Besprechungsraum. Es dauere noch einen Moment. Kaffee, Wasser und Schokokekse standen bereit. Sie schenkte mir ein und widmete mir ein freundliches Lächeln. Sie als üppig zu bezeichnen war eine Untertreibung. Alles an ihr war rund, aber so rotbackig und freundlich wie ein Nikolausapfel.
– Alles in Ordnung, fragte sie.
Ich nickte. Vorsichtshalber zog sie die Tür hinter sich zu.
Allein im Raum, fing ich wieder an zu grübeln. Warum wurde ein Notar wegen Eulmann bei mir vorstellig? Endlich kam Vierecker, ein freundlicher jovialer älterer Herr, der seiner Sekretärin figürlich in nichts nachstand. Hier hatten sich offenbar zwei gesucht und gefunden. Vierecker hakte beide Daumen an seinen Westentaschen ein.
– Darf ich fragen, in welcher Beziehung Sie zu Herrn Eulmann standen?
– Sollten Sie mir nicht zunächst einmal sagen, weswegen Sie mich hergebeten haben?
Vierecker schichtete die vor ihm liegenden Mappen um.
– Natürlich, wir können die Sache auch von dieser Seite her angehen. Tut mir leid, Sie behelligen zu müssen, Herr Senoner, aber in diesem Fall müssen Sie sich zunächst ausweisen.
Überrascht starrte ich ihn an.
– Sie kennen das ja: Ohne diese Legitimation bin ich nicht befugt, mit Ihnen die Angelegenheit zu besprechen, deretwegen ich Sie hergebeten habe.
Ich fasste in meine Brusttasche und reichte ihm meinen Ausweis herüber.
– Eine Formalität.
Er warf einen kurzen Blick darauf und legte ihn vor sich hin.
– Herr Eulmann war vor Jahren schon bei uns und hat uns mitder Abfassung seines Testaments beauftragt. Wir haben seinen letzten Willen zu Papier gebracht, der von ihm nie geschmälert oder widerrufen wurde. Deshalb darf ich Ihnen mitteilen, dass er Sie zu seinem Alleinerben ausersehen hat.
Wo war ich denn nun gelandet? Mir wurde schwindlig.
– Sagen Sie mir jetzt, in welcher Beziehung Sie zu Herrn Eulmann standen?
Ich nahm einen Schluck Wasser. Und dann noch einen.
– Er war mein Chef und hat mich eingearbeitet. Heute bin ich als Gutsverwalter sein Nachfolger.
– Keine Verwandtschaft?
– Nicht dass ich wüsste.
Vierecker besah seine rosigen Fingernägel. Dann vollführte er mit seinen Händen eine Geste vollständiger Ratlosigkeit.
– Was soll’s! Spielt ja keine Rolle. Er wollte das so. Und zwar explizit.
Vierecker schichtete wieder seine Akten um. Dann reichte er mir ein Blatt.
– Das ist eine Kopie. Offiziell werden Sie vom Nachlassgericht informiert. Lesen Sie es zu Hause in Ruhe durch. Sie erben, Auflagen oder Einschränkungen gibt es keine – das ist alles!
Er zog einen verschnürten und versiegelten Umschlag hervor. Vierecker reichte mir das Päckchen über den Tisch.
– Wir mussten das im Tresor verwahren. Das Paket sollte Ihnen im Falle seines Ablebens ausgehändigt werden.
Er schnaufte.
– Irgendwelche Fragen?
– Im Moment fällt mir nichts ein. Nächster Tage vielleicht?
– Aber bitte, gern!
Vierecker erhob sich und reichte mir die Hand.
TEIL II
1957/58
A variation (…) flashed through the mind of J. Robert Oppenheimer as he stood in the control room at the explosion of the first atomic bomb at Los Alamos, New Mexico, July 16, 1945: »If the radiance of a thousand suns/were to burst into the sky/that would be like/the splendor of the Mighty One and I am
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