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Der Tod bin ich

Der Tod bin ich

Titel: Der Tod bin ich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Max Bronski
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mir. Der graue Anzug, das weiße Hemd, die marineblaue Krawatte und die getönte Pilotenbrille mit Goldfassung. Sein Scheitel war mit Brillantine glatt gezogen, und er bestellte Tee mit Rum.
    Helmuts Gesichtsausdruck hatte etwas trotzig Herausforderndes bekommen. Mir schwante Übles. Er schien etwas zu wissen. Aus Angst, ihn und seine Kumpane aufzuhetzen, vermied ich es, in der eingeschlagenen Richtung weiterzubohren.
     
8.
    Um wieder einen klaren Kopf zu bekommen und mich zu beruhigen, ging ich zu Fuß nach Hause. Ich hatte in der Feilitzschstraße eine kleine Wohnung gemietet. Schwabing war ein belebtes Viertel und immer schon der Ort, an dem sich die Boheme in Kneipen traf. Die Beatniks allerdings sammelten sich vorwiegend auf der Straße, setzten sich auf den Gehsteig, machten Musik, bettelten oder zogen hinüber zum Englischen Garten. Schwabing hatte aber auch, wenn man wie ich in Parknähe lebte, eine ruhige, idyllische Seite. Zudem war das Institut von der Münchner Freiheit aus bequem mit der Straßenbahn Richtung Freimann zu erreichen.
    Ich sperrte die Hoftür auf. Wegen der Bierwirtschaft nebenan blieb sie ständig verschlossen. Dennoch roch es in der Einfahrt scharf nach Pisse. Obwohl ich den Schalter gedrückt hatte, blieb es dunkel. Auch im Treppenhaus war die Beleuchtung ausgefallen. Nur dieZeitschaltuhr, die die Beleuchtungsphasen regulierte, ratterte und klackte. Vom Keller her wehte ein modriger Lufthauch, jemand hatte vergessen, die Tür zu schließen. Aus der Souterrainwohnung des Hausmeisters drangen noch Stimmen. Ich überlegte, ob ich ihm den Ausfall des Lichts melden sollte. Bei genauerem Hinhören ließ sich jedoch nur ein an- und abschwellendes Raunzen, begleitet vom Keifen seiner Frau, ausmachen. Deutliches Indiz dafür, dass er mit seinem Maßkrug etliche Male nach nebenan gegangen war, um ihn füllen zu lassen.
    Im ersten Stock verlor sich der säuerliche Bierdunst der Wirtschaft, es roch muffig nach einer ungelüfteten Wohnung, im zweiten gewann der hefige Geruch von Dampfnudeln die Oberhand, und im dritten schließlich nahm ich beim Aufsperren meiner Wohnungstür deutlich einen Anflug von feuchtem Leder wahr, wie er manchen Rasierwässern eigen ist. Als ich das Licht in meinem Wohnzimmer anschaltete, merkte ich, dass es sich um das Parfüm eines Fremden handelte.
    – Guten Abend, Boy Scout, sagte Joe Salantino.
    Er hatte es sich umstandslos in meinem Sessel bequem gemacht. Die Frage, die ich auf der Zunge hatte, brauchte ich gar nicht zu stellen.
    – Ein Schloss wie deines kriegt man sogar mit einem Fleischerhaken auf.
    Salantino hatte einen Cognacschwenker vor sich stehen. Offenbar hatte er sich aus meiner Bar bedient.
    – Ich wusste gar nicht, dass du komponierst. Von Musik verstehe ich ja nichts, sieht aber ziemlich kompliziert aus.
    Ich erschrak. Salantino wollte mir klarmachen, dass er die Wohnung bereits durchsucht hatte. Mit hektischem Blick prüfte ich die Regale.
    – Keine Sorge, alles noch am Platz. Aber wir haben doch keine Geheimnisse voreinander, oder?
    – Was wollen Sie?
    Salantino hob das Glas und trank. Ungerührt nahm er zur Kenntnis, dass ich ihn siezte. Dann zog er aus seiner Tasche eine Zeitung hervor und strich das Papier glatt.
    – Der Mann hieß James Canute. Wir nannten ihn Razor. Du kanntest ihn.
    – Ist lange her.
    – Razor war einer großen Sache auf der Spur. Meinte er zumindest.
    – Und was hat das alles mit mir zu tun?
    – Was wohl? Wir benötigen deine Hilfe, eure Forschung interessiert uns nach wie vor. Und offenbar nicht nur uns, sonst würde Razor noch leben. Er hatte das Treffen mit einer Frau aus eurem MPI geplant. Es hätte letzte Woche stattgefunden, zwei Tage nach seinem Tod. Jedenfalls solltest du dieser Spur nachgehen. Eine Liste mit infrage kommenden Personen erhältst du. Ich will wissen, wer Razor auf dem Gewissen hat und was da gelaufen ist. Vor allem interessiert uns natürlich, an welcher Sache er dran gewesen ist.
    – Warum sollte ich das tun?
    Salantino blickte überrascht von seinem Glas auf.
    – Ich hatte mehr Loyalität von dir erwartet. Wer hat dich denn bei Petri in den Sattel gehievt?
    – Habe ich nicht vergessen, ebenso wenig wie Sie vergessen haben dürften, was ich dort riskiert habe. Und machen wir uns nichts vor. Ich bin als Agent ungeeignet. Zu ängstlich, zu ungeschickt.
    – Wissen wir. Aber wir sind in einer Verlegenheit. Die offiziellen Untersuchungen dürfen gar nichts zutage fördern. Dafür haben wir schon

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