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Der Tod des Chefs/Mord mit doppeltem Boden

Der Tod des Chefs/Mord mit doppeltem Boden

Titel: Der Tod des Chefs/Mord mit doppeltem Boden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcia Muller
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wahrscheinlich nicht. Hast du
von ihr gehört?«
    »Sie hat Sonntag angerufen.«
    »Was Neues?«
    »Nein.«
    Ich ging hinüber ins Freizeitzentrum,
um meine Wäsche aus der Maschine zu nehmen und in den Trockner zu befördern. Im
Aufenthaltsraum sah ich Nick mit seinen »alten Knackern« sitzen. Es schien
einige Meinungsverschiedenheiten über den Ablauf des Laufes zu geben, denn sie
redeten alle hitzig und laut zu gleicher Zeit. Nick winkte mir gutgelaunt zu.
Ihm machte das Geschrei offensichtlich nichts aus.
    Als ich in den Wohnwagen zurückkam, war
meine Mutter gerade dabei, zwei Liegestühle auf dem kleinen Rasenfleck
aufzustellen.
    »Komm, setz dich ein Weilchen zu mir«,
sagte sie.
    Ich setzte mich. Wieder saßen wir eine
Zeitlang schweigend nebeneinander. Dann sagte sie: »Aber sonst ist im Museum
alles in Ordnung, Elena?«
    Sie schien wirklich beunruhigt zu sein.
    »Nein, es ist sicher nicht alles in
Ordnung, aber ich verstehe nicht ganz, warum du so besorgt bist. Du weißt doch,
daß es bei uns im Museum immer irgendwelche Krisen gibt.«
    »Ja, aber ich habe so ein Gefühl.«
    »Ach, du und deine Gefühle!«
    Meine Mutter behauptete häufig,
Vorahnungen zu haben. Wenn ich sie auslachte, pflegte sie nur mit einem
bedeutungsvollen Blick zu antworten, der ungefähr sagte, hier lauert
Schrecklicheres als du dir vorstellen kannst. Leider hatte sie mit ihren
dunklen Vorahnungen meistens recht. »Was glaubst du denn, könnte passieren?«
fragte ich.
    »Ich weiß nicht. Es ist nur so ein
Gefühl.«
    Es klang ängstlich, und ich versuchte,
sie zu beruhigen. »Okay, was ist das Schlimmste, das passieren kann? Daß ich
meine Stellung verliere. Das ist doch kein Beinbruch. Es gibt andere
Stellungen.«
    Sie sagte nichts.
    »Oder gut, sagen wir, die Eröffnung war
ein Reinfall. Oder die ehrenamtlichen Helfer vergessen die Erdbeeren für den
Presseempfang. Oder Maria brennt mit Vic durch.« Ich beschloß, sie mit ein paar
Scherzen aus ihrer düsteren Stimmung zu ziehen. »Oder vielleicht brennt Tony
mit Isabel durch. Oder irgendein reicher Spinner vermacht uns eine ganze
Sammlung árboles de la vida, die noch scheußlicher sind als der, den wir
schon haben. Oder Frank wird noch dicker. Oder ich brenne mit dem fettleibigen
Robert durch.«
    Doch das war alles nicht sehr komisch,
und meine Mutter wollte sich auch gar nicht aufheitern lassen.
    »Ich hab einfach so ein Gefühl.«
    »Mama, du deprimierst mich.«
    »Das will ich nicht.«
    Ich tätschelte ihre abgearbeitete Hand.
    »Ich weiß.«
    Wir saßen schweigend in der abendlichen
Wärme, hörten den Grillen zu, fingen hin und wieder ein paar Gesprächsfetzen
von Vorüberkommenden auf. Gegen zehn Uhr kam Nick zurück, und ich nahm das zum
Anlaß zu gehen. Nachdem ich meine Sachen aus dem Trockner geholt hatte, winkte
ich den übrigen »alten Knackern«, die noch im Aufenthaltsraum saßen, zu und
ging zu meinem Wagen.
    Ich war hellwach. Obwohl ich eine Woche
lang praktisch keine Nacht richtig geschlafen hatte, war ich überhaupt nicht
müde. Ich saß im Dunkeln und trommelte mit den Fingern auf das Steuerrad, dann
ließ ich den Motor an und fuhr in Richtung Museum.
    Alles außer den Scheinwerfern auf dem
Rasen war dunkel. Einen Moment spielte ich mit dem Gedanken, hineinzugehen und
mich noch einmal zu vergewissern, daß alles so war, wie es sein sollte, aber
dann entschied ich mich dagegen. Die Arbeit fing an, mir zur fixen Idee zu
werden, und das gefiel mir gar nicht. Schließlich fuhr ich zu der Anlage mit den
Palmen in der Cabrillo Street direkt am Wasser und setzte mich auf eine Bank
und zählte die Liebespaare um mich herum.
    Ich hatte im Augenblick keinen Freund.
Jim — der, der gut im Bett war — schied sechs Monate zuvor aus meinem Leben,
und seitdem hatte das Museum mich fast aufgefressen. Das war eindeutig nicht in
Ordnung. Ich mußte endlich einmal wieder ausgehen, Menschen treffen, mich
amüsieren.
    Aber warum eigentlich? Im Grund
interessierte mich das alte Spiel nicht mehr. Viel lieber saß ich zu Hause und
las. Vielleicht würde ich mein Leben lang allein bleiben. Vielleicht würde ich
nie einen Mann finden, an dessen Seite ich mich wirklich wohl fühlen konnte.
Meine Mutter sagte zwar nie etwas, aber ich wußte, daß sie gern Enkel gehabt
hätte. Aber wenn sie nun Carlota und mich allzu selbständig erzogen hatte?
    Kinder. Wollte ich überhaupt Kinder
haben? Ich konnte es in diesem Moment nicht sagen. Ich kannte ja noch nicht
einmal den Mann, der eventuell

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