Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Tod des Chefs/Mord mit doppeltem Boden

Der Tod des Chefs/Mord mit doppeltem Boden

Titel: Der Tod des Chefs/Mord mit doppeltem Boden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcia Muller
Vom Netzwerk:
zurückzuhalten.
    Unter dem Scherbenhaufen lag Frank. Er
lag auf dem Bauch, Arme und Beine gespreizt. Ein massiges Teilstück des Baums
lag auf seinem Kopf, und daneben waren dunkle Flecken auf dem Boden. Schon
trocken. Er atmete nicht.
    Ich mußte mich an die Wand stützen. O
Gott! Wie hatte das geschehen können?
    Vorsichtig ging ich einen Schritt
näher. Unter meinem Fuß knirschte etwas, und ich sah, daß es eine der
kitschigen rosaroten Blüten war. Ich blickte wieder zu Frank hinunter, der da
inmitten des Scherbenhaufens lag, und dachte an meine Worte vom Vortag: Man
sollte Sie umbringen. Angesichts des Toten erschienen mir meine Worte jetzt
beinahe unverzeihlich. So durfte man nicht sprechen. Niemand, selbst Frank
nicht, hatte einen solchen Tod verdient.
    Während ich noch da stand und auf
seinen leblosen Körper starrte, sah ich plötzlich, welcher Teil des Baums ihm
den Schädel zerschmettert hatte. Es war das Herzstück mit der rotäugigen,
scharfzähnigen Schlange.
    Wieder stieg mir der Schrei in die
Kehle. Wieder würgte ich ihn hinunter. Jetzt ungefähr würden die Presseleute
eintreffen. Auf keinen Fall durften sie hier hereinkommen. Sie sollten nicht
wie die Aasgeier über den toten Frank herfallen.
    Was sollte ich bloß tun?
    Die Augen immer noch auf Frank
gerichtet, ging ich rückwärts aus dem Saal. Dann drehte ich mich um und rannte
zum Hof. Ein paar Reporter waren schon da und beäugten das Buffet. Isabel stand
an der Tür. Ich packte sie beim Arm.
    »Lassen Sie den Reportern zu trinken
geben«, sagte ich atemlos. »Sie sollen ruhig zu essen anfangen.«
    Sie nickte, dann sah sie mich scharf
an.
    »Was ist los?«
    »Nichts. Sorgen Sie nur dafür, daß die
Leute sich unterhalten. Schenken Sie ihnen reichlich Champagner ein.«
    Ich rannte durch den Hof zum Bürotrakt.
Vic legte gerade den Telefonhörer auf, als ich hereinkam.
    »Immer noch besetzt«, sagte er. »Ich
möchte nur wissen, wo zum Teufel Maria ist.«
    Ich antwortete nicht. Ich war nur noch
ein Nervenbündel. Meine Hand zitterte, als ich den Hörer des Telefons abnahm
und den Notruf wählte.
    »Was ist denn?« fragte Vic.
    Ich schüttelte den Kopf. Die Zentrale
meldete sich. Ich gab meinen Namen und die Adresse des Museums an. Es sei ein
tödlicher Unfall geschehen, sagte ich. Wir hätten die Presse im Haus. Ob die
Polizei möglichst unauffällig hier erscheinen könne.
    Vic riß die Augen auf.
    Ich legte auf und wandte mich ihm zu.
    »Wer?« fragte er.
    »Frank. Im Volkskunstsaal. Er muß
irgendwas an dem Lebensbaum gemacht haben. Er ist umgestürzt und hat ihm den
Kopf zertrümmert.«
    »Ist er wirklich tot?« fragte Vic
entsetzt.
    »Ich hab ihn nicht berührt, aber man
sieht doch, wenn jemand nicht mehr atmet. Es ist ganz still da drinnen, so
still...« Ich begann noch heftiger zu zittern.
    Vic legte den Arm um mich.
    »Nicht doch. Bleiben Sie ruhig.«
    »Ich — ich kann’s — nicht — ändern...«
    Er drückte mich in einen Sessel. »Tief
atmen.«
    Ich gehorchte.
    »Weiß noch jemand davon?« fragte er.
    Ich schüttelte den Kopf.
    »Ich hab Isabel gesagt, sie soll sich
um die Reporter kümmern.«
    »Großer Gott! Die Presse.«
    »Genau.«
    Einen Moment lang starrte Vic mich
stumm an. Dann fragte er: »Besser jetzt?«
    »Nein. Ja. Doch ein bißchen besser ist
mir schon.«
    »Ich hole uns eine Flasche Champagner.
Wir können beide einen Schluck gebrauchen.«
    Er ging. Es war auch hier im Büro
still. Viel zu still. Dann kam Vic mit dem Champagner zurück.
    »Pur«, sagte er. »Wir brauchen keinen
Orangensaft.«
    Er kramte zwei Kaffeetassen heraus und
schenkte ein. Ich nahm eine und trank. Die Kohlensäure stieg mir in die Nase.
Vic spülte seinen Champagner in einem Zug hinunter und schenkte sofort nach.
Ich betrachtete die Tasse, die ich in der Hand hielt. Sie war mit einem großen
roten Herz verziert und darunter stand »Daddy«. Ich fing wieder an zu zittern.
Es war Franks Tasse. Eines seiner Kinder hatte sie ihm vergangenes Jahr zum
Geburtstag geschenkt. Was sie hier in Marias Schreibtisch zu suchen hatte, war
mir schleierhaft. Frank war so zerstreut. Er hatte sie wahrscheinlich einfach
stehenlassen.
    Die Tür zum Bürotrakt öffnete sich, und
Isabel kam herein.
    »Die Polizei ist hier«, flüsterte sie.
    »Ja.« Ich stand auf. »Schicken Sie sie
hier herein. Sehen Sie zu, daß die Reporter nicht aufmerksam werden.«
    Sie trat zur Seite. Zwei Beamte in
Uniform kamen herein. Ich stellte die Tasse mit dem Champagner nieder

Weitere Kostenlose Bücher