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Der Tod des Maerchenprinzen

Der Tod des Maerchenprinzen

Titel: Der Tod des Maerchenprinzen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Svende Merian
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drauf, damit er sie nicht wieder irgendwo in Hannover oder sonstwo liegen hat. Die Karte steck ich am Wochenende ein. Spätestens Dienstag wird sie da sein.
    Am Freitagabend bin ich mit Sabine verabredet. Arne hat noch nicht angerufen. Er weiß doch nun Bescheid, was mit mir los ist. Und daß ich ihn sehen will. Warum ruft er denn nicht an?
    Eine halbe Stunde bevor Sabine kommt, klingelt das Telefon. Arne. Ich gehe mit dem Apparat in mein Zimmer. Setze mich auf den Boden. Brauche Ruhe. Arne fragt, ob ich heute abend Zeit hätte. Übermorgen fährt er weg und kommt erst in vierzehn Tagen, drei Wochen wieder. Auf jeden Fall erst nach Neujahr. Und morgen hat er lauter Termine. Ich sage, daß ich nicht kann, weil Sabine mich gleich besucht.
    «Welche Sabine?» fragt Arne.
    «Sabine Z.»
    «Ach! Ihr habt euch verabredet», sagt Arne leicht erstaunt, aber doch so, daß ich ja nicht denken soll, es sei ihm nicht recht.
    Eine blöde Antwort! Natürlich haben wir uns verabredet. Sonst würde ich ja nicht wissen, daß sie gleich vorbeikommt. Aber wundern tut er sich doch etwas. Damit hat er nicht gerechnet. Das ist übrigens das zweite Mal, daß Arne mich anruft, ob er gleich vorbeikommen kann, und ich ihm leider absagen muß, weil ich mit Sabine verabredet bin. Irgendwie freut mich das.
    Ich sage, daß es ja auch nicht so eilt, daß wir uns ja ruhig nach Silvester treffen können. Ich bin ja schon so froh, daß er überhaupt anruft. Er fragt mich sogar, wie’s mir geht. Und dann machen wir ab, daß er mich anruft, wenn er wieder da ist. Ich lege auf. Ich habe ein Gespräch mit Arne. In drei Wochen vielleicht erst, aber immerhin. Das Gespräch wird stattfinden. Und ich habe wieder ein paar Wochen Zeit, mich auf dieses Gespräch vorzubereiten. Mir zu überlegen, was ich sagen werde. Mir Gedanken zu machen, was er wohl sagen wird.
    Sabine kommt. Ich esse gerade mit Uschi und Jan Abendbrot. Erzähle von Arnes Anruf. Und während ich davon erzähle, wird mir selbst bewußt, daß es eigentlich eine ganz schöne Unverschämtheit ist, daß er heute erst anruft und mir die Alternative bietet: Entweder du hast heute abend Zeit oder erst in drei Wochen wieder. Und das, obwohl er die Karte seit mindestens vier Tagen hat. Daß er sich ja auch denken kann, daß ich auch nicht nur hier sitze und mir jeden Abend für ihn freihalte. Daß es sehr wahrscheinlich ist, daß ich keine Zeit mehr habe, wenn er erst am selben Abend um sieben anruft, ob ich heute abend Zeit hätte. Hätte er am Dienstag angerufen, dann hätte ich für heute abend noch nichts vorgehabt. Aber so ...
    Alle reden auf mich ein, ich soll heute abend noch zu ihm hingehen. Ich hatte mit ihm abgemacht, daß er entweder bei Borbe oder in einer Kneipe zu finden sein wird. Und daß ich eventuell noch vorbeikomme, wenn ich Sabine nach Hause bringe.
    Alle reden auf mich ein, ich solle da heute abend noch hingehen. Sabine und Uschi und Jan. Alle wollen, daß ich da jetzt hingehe. Nur ich will nicht. Bin ganz zufrieden mit dem Termin in drei Wochen.
    Aber dann muß ich mal wieder vor mir selber zugeben, daß ich mir nur drei Wochen Zeit nehmen will, meine Hoffnungen noch einmal aufkeimen zu lassen. Daß ich nicht schon jetzt von Arne zu hören kriegen will, daß alles beim alten ist. Daß er sich ja vielleicht in den drei Wochen auch Gedanken macht. Und daß ihm dann endlich einfällt, daß er mich doch hebt. Die anderen haben recht. Ich will mich nur drücken.
    Aber ich will wirklich nicht heute abend hin. Ich werde ihn bei Borbe anrufen und von ihm verlangen, daß er sich gefälligst morgen für mich Zeit nimmt. Auch wenn er Termine hat. Ich gebe Sabine den Brief zu lesen. Sie findet ihn gut. Sagt, es sei meine Stärke, solche Briefe schreiben zu können. Daß der Brief unheimlich ehrlich ist. Und daß es eine Sauerei von Arne ist, sich auf so einen Brief nicht zu melden. Ich finde das allmählich auch. Auch wenn ich geschrieben habe, ich könne mich nicht entscheiden, ob ich ihn sehen will oder nicht. Wenn ich von jemandem so einen Brief kriegen würde, würd ich wenigstens anrufen und fragen: Sag mal, was möchtest du denn jetzt? Wenn ich weiß, daß der andere mich schlecht erreichen kann. Oder selbst, wenn ich mich so unter Druck fühle, daß ich mich absolut nicht mit ihm treffen möchte, wenn ich weiß, der ist in mich verknallt, aber ich nicht in ihn. Selbst dann kann man anrufen und sagen: Du, sei mir nicht böse, aber ich fühl mich nicht in der Lage, auf dich einzugehen.

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