Der Tod des Maerchenprinzen
ich auf ihm saß und er seine Arme ganz lieb und selbstverständlich um mich schlang. Und sich ganz ruhig in mir bewegte. Ganz langsam. Und dabei seine langen, kräftigen Arme um mich schlang.
Ich habe mich oft gefragt, warum mich diese Umarmung damals so glücklich gemacht hat. Warum eigentlich? Irgend etwas an dieser Geste habe ich als so wahnsinnig zärtlich empfunden. Eine ganz normale Umarmung. Warum hat sich die in meinem Kopf so festgesetzt?
Mir dämmert so ganz allmählich, daß ich das vorher nie so erlebt habe. Ich kann mich nicht erinnern, daß ein Mann mich jemals so umarmt hat, wenn ich mit ihm geschlafen habe. Wie war denn das früher? Wenn ich auf Uli gesessen habe, hat er wohl an meinen Brüsten rumgefummelt. Richtig erinnern kann ich mich nicht mehr. Aber es muß wohl so gewesen sein. Fleischbeschau und Voyeurismus. Und dann wird mir klar, was an Arnes Umarmung so zärtlich war. Er war einfach mit mir zusammen, während er mit mir geschlafen hat. Er brauchte mir nicht an der Brust rumzufummeln oder ich ihm sonstwo. Es war einfach schön, sich nur zu umarmen, wenn man miteinander schläft. An nichts mehr denken. Sich nur umarmen und sich ineinander bewegen.
Ich erinnere mich daran, daß es das einzige Mal war, daß ich nicht im Rausch mit ihm geschlafen habe. Daß ich keinen Orgasmus kriegen konnte. Und daß ich unbedingt wieder einmal mit ihm schlafen wollte. Weil wir so lange nicht mehr miteinander geschlafen hatten und daß ich es lieber hätte bleiben lassen sollen. Mich nicht wohl gefühlt habe hinterher. Onaniert habe, als er draußen war. Daß ich mit ihm schlafen wollte, weil ich ihn geliebt habe. Und wenn er mir schon nicht sagt, daß er mich auch liebt, dann soll er mir wenigstens zeigen, daß er doch Gefühle mir gegenüber hat, indem er mit mir schläft.
Selbstbetrug. Ich wollte eine körperliche Nähe zu ihm, die auf anderer Ebene schon nicht mehr da war. Ich habe es gespürt und konnte deshalb nicht mehr. Ich habe keinen Orgasmus gehabt, weil ich gemerkt habe, daß wir nicht mehr wirklich zusammen sein konnten. Daß wir aneinander vorbeigeschlafen haben. Er hat einen Orgasmus gehabt. Männer können das.
Mir wird klar, daß irgendwas nicht in Ordnung ist. Ich werde traurig. Weiß, daß ich nicht mit ihm hätte schlafen dürfen in dieser Situation. Aber ich wollte doch!
Aber was ich wollte, war doch, seine Liebe zu spüren, wenn ich mit ihm zusammen bin.
Ich habe mit ihm geschlafen. Was bleibt, ist trotz allem eine Erinnerung an seine Umarmung. Seine Umarmung, die trotz allem so zärtlich war, daß ich sie nicht vergessen kann. Daß ein Bild mich an diese Umarmung erinnert. Es war schön. Teufel noch mal. Selbst in dieser Situation war irgend etwas an seiner Zärtlichkeit so schön, daß mir sogar dieses Erlebnis mit ihm als wehmütig schöne Erinnerung hochkommt. Wie er seine Arme um mich schlang und wir uns ineinander bewegten. Seine Arme. Seine langen, kräftigen Arme, mit denen er auch irgend etwas anderes hätte machen können, einfach nur um mich schlang. Vier Monate später. Ich sehe ein Bild, auf dem ein Mann mit nackten Armen eine Frau umarmt, die auf ihm liegt. Ich fühle Arnes Arme um mich. Weich und zärtlich.
In meinem Kopf ist alles durcheinander. Ich träume dauernd von Arne. Ich tagträume dauernd von Arne. Wieso sind andere glücklich verliebt? Wieso haben die einen abgekriegt? Ich kriege bei anderen immer nur mit, daß die nahtlos von einer Beziehung in die nächste schlittern. Ich will auch einen abhaben.
Aber welchen denn? Ich möchte mich wieder verlieben. Versuche mir vorzustellen, wie der wohl aussehen müßte. Was das wohl für einer sein wird, in den ich mich als nächstes verliebe? Ob er wohl blond ist? Oder dunkelhaarig? Ob er wohl groß ist? Oder klein und schmächtig? Ob er wohl ’ne Brille trägt? Oder ’n Bart hat? Ich kann ihn mir nicht vorstellen. In meiner Phantasie ist das absolute Loch, was meinen Traummann anbelangt. Ich kann mir nicht vorstellen, daß da überhaupt noch mal einer ankommt, der mich interessiert. Arne interessiert mich. Aber über den will ich ja grade hinwegkommen. Deshalb will ich mich ja neu verlieben. Warum krieg ich nie einen ab?
«Du kriegst sofort einen», sagt Uschi. «An jeder Straßenecke kriegst du einen. Du kriegst sogar einen, der dich heiratet. An jeder Straßenecke kriegst du ’nen Ehemann. Du mußt nur deine Ansprüche runterschrauben. Du darfst nicht einen verlangen, mit dem du dich über alles
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