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Der Tod des Maerchenprinzen

Der Tod des Maerchenprinzen

Titel: Der Tod des Maerchenprinzen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Svende Merian
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zufällig im KB weiterentwickelt ist als bei den Leuten, die so lauthals aus autonomer Warte gegen den KB wettern. Daß wir Frauen davon profitieren, wenn feste organisatorische Strukturen vorhanden sind, die es ermöglichen, daß die Frauenthemen auch wirklich verbindlich bei jedem Genossen ankommen. Daß keiner «autonom» entscheiden kann, ob er sich damit beschäftigt oder nicht. Aber daß mein Autonomer sich eben in den letzten Jahren ganz autonom dafür entschieden hat, sich mit der Frauenfrage nicht groß zu beschäftigen. Und daß ich erst mal ganz klein anfangen muß bei ihm. Und zu keiner KB-Genossin hinrennen kann, bei der ich die gleiche Einschätzung voraussetzen kann. Nicht fragen kann: sag mal, habt ihr in der Diskussion um Frauenthemen auch solche Schwierigkeiten mit ihm. Und daß ich mich trotz allem dafür entschieden hab, es zu wagen. Daß ich eben am Punkt Null anfangen werde. Daß ich trotz allem glücklich verliebt bin. Daß einige KB-Genossen bestimmt auch nur Sprüche bringen, hinter denen sie gar nicht wirklich stehen. Nach dem Motto: je besser ich in theoretischen Diskussionen frauenfreundliche Standpunkte vertrete, desto besser komme ich bei den Genossinnen an. Solche Typen hab ich auch schon erlebt. Dagegen ist Arne noch richtig schön unverdorben. Der läßt seinen Chauvi wenigstens raus, weil er sich dessen noch nicht bewußt ist. Vielleicht ist es ja sogar in einigen Punkten einfacher, so ein unverdorbenes Feld zu beackern, als diese ganzen KB-Genossen, die aus dem AK wissen, wie frauenfreundlich sie eigentlich sein müßten und es aber auch gar nicht sind. Daß die alle nur bessere Täuschungsmanöver drauf haben.
    Charlie und ich gucken uns an und lachen. In diesem kurzen Seitenblick fliegt durch die Luft: Wem sagst du das? Ob nun unsere eignen Genossen oder Autonome. Männer sind Männer.
    Ohne ein Wort. Von Frau zu Frau. Ein Blick und ein Lachen. Wir haben uns verstanden.

    Sonntag abend . Arne kommt wieder.
    «Heute möchte ich mal in die andere Kneipe, die da unten im Keller.» Auf dem Weg ins Hinkelstein fang ich schon eins der Themen an, die mir heute abend auf der Seele liegen. Daß ich in einem ganz merkwürdigen Zwiespalt bin. Weil er Anti-AKW-Arbeit macht, und ich im Moment überhaupt nicht in der Auseinandersetzung drinstecke. Daß es für mich klar ist, daß ich auf der Platte stehe, wenn die nächste Großaktion anliegt. Aber daß AKW-Fragen für mich im Moment nicht zu meinen zentralen Auseinandersetzungspunkten gehören. Daß ich mehr in der Frauen- und Antifa-Arbeit drinstecke und keinen Überblick habe, was es in der Anti-AKW-Bewegung grade für Differenzen innerhalb der Linken gibt. Lind daß es mich fuchst, wenn er immer seine Sprüche losläßt, die auch gar nicht dazu angelegt sind, mich wirklich zu einer Diskussion aufzufordern, sondern wo er erst mal nur seinen Arger über ihm konträre politische Positionen auskotzt. Und zwar über Positionen, die ich wahrscheinlich eher teilen würde als seine, wenn ich mich damit beschäftigen würde. Ich hab dann das Bedürfnis, ihm Kontra zu geben, aber ich seh auch nicht ein, weshalb ich mich in die AKW-Sachen reinwurschteln soll, wo ich im Moment keine praktische Arbeit mache. Ich will meinen politischen Weg gehen. Es ärgert mich, wenn ich nur wegen einem Typen meine politischen Schwerpunkte verlagern soll. Das mach ich nicht! Ich will meinen politischen Weg gehen!
    Aber andererseits heißt Beziehung doch gerade die Auseinandersetzung mit dem anderen, mit seinem Leben, seinem Alltag, seinen Interessen. Und das ist doch nun mal in erster Linie die Anti-AKW-Arbeit. Ich will mich nicht anpassen. Ich will meinen politischen Weg gehen. Ich könnte ihm ja doch nie so richtig gewachsen sein, weil ich mich immer nur theoretisch über die AKW-Arbeit informieren würde und er in der Praxis steckt. Er würde mir immer einen vom Pferd erzählen können. Und ich müßte dann erst mal nachfragen bei anderen Leuten, weil ich seinen Informationen nicht trauen kann. Nicht weil er mich anlügt, sondern weil man ganz einfach Informationen filtert, immer wenn man etwas wiedergibt. Und dieses Filtern geschieht natürlich immer mit der politischen Einschätzung, die man mitbringt. Ich würde wahrscheinlich ganz andere Dinge wahrnehmen, wenn ich mit ihm auf der gleichen Diskussion säße.
    Mein Gott, ist es schwierig, miteinander befreundet zu sein, wenn man so unterschiedliche politische Positionen hat. Ich weigere mich also erst mal, mich

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