Der Tod des Maerchenprinzen
einschränken», schaltet es in meinem Hirn. Aber frustriert bin ich trotzdem. Wir sind doch hierhergegangen, um uns zu unterhalten. Was muß er plötzlich kickern?
Ich gehe ohne zu murren nach Hause. Sage ihm, daß er ja kickern und dann nach Hause kommen kann. Es dauert wirklich nicht lange und Arne ist auch da. In mir macht sich das Gefühl breit, daß solche Bedürfniskonflikte ja gar nicht so schwer zu lösen sind.
Sind sie auch wirklich nicht in dieser ersten Zeit. Egal, worüber wir uns streiten. Sekunden später strahlen mich seine Augen wieder an. Umarmen wir uns. Auch wenn wir uns nicht einigen können. Wenn unsere unterschiedlichen Positionen immer noch ganz scharf gegeneinander abgegrenzt im Raum stehen. Wir uns beide auch unheimlich ereifert haben. Immer wieder dieses Lächeln, das mir sagt, daß Meinungsverschiedenheiten eben dazu gehören. Daß sie Bestandteil unserer Beziehung sind. Irgendeine Auseinandersetzung auf einem Spaziergang an der Elbe. Und gleich danach eine liebevolle Umarmung. Seine Augen... voller Wärme... ganz dicht... ganz verliebt... irgendein Streit bei mir zu Hause. Ich liege mit einem dicken Wollpullover auf dem Bett. Irgendein Streit. Und gleich danach beugt Arne sich zu mir runter und schmust sich mit der Nase an meinen Brüsten an. Kommt mit dem Kopf wieder hoch und lächelt mich an.
Und jedesmal wenn wir abends im Bett liegen, reicht die erste Berührung... und wir haben Lust, miteinander zu schlafen. Und dann liegen wir da und haben Lust. Und haben natürlich nichts weiter diskutiert. Liegen da mit unserer Lust und unserem Verhütungsproblem. Arne ist unheimlich lieb. Streichelt mich. Küßt mich. Aber ich will keinen Orgasmus ohne ihn. Ich will ihn in mir haben, wenn mein Orgasmus kommt.
Wir machen das Licht aus. Es geht heute nicht. Es ist auch schon so spät. Jetzt wird geschlafen.
Das Licht ist aus. Wir haben Lust. Arne und ich. Alle beide. Ob das Licht nun an oder aus ist. Wir haben Lust. Das hat mit dem Licht nicht viel zu tun. Der Trick hat nicht geklappt.
«Ich möchte mit dir schlafen», sage ich zu ihm. Mache das Licht wieder an. Sehe ihm voller Verzweiflung in die Augen. Wir liegen nebeneinander. Umarmen uns. Streicheln uns. Arne legt mir seinen Schwanz auf den Oberschenkel. Es wäre so leicht, ihm jetzt die paar Zentimeter entgegenzurutschen, ihn in mich hineingleiten zu lassen. Ich möchte jetzt...
Ich zucke zurück. «Du, ich hab Angst.» Angst vor diesen kleinen, teuflisch agilen Dingern, die sich Spermien nennen und ihren Weg auch finden können, wenn mann sie außen am Scheideneingang «ablegt». Die schon vorm Samenerguß in geringen Mengen vorwitzig nach draußen spazieren, was ja den ganzen coitus interruptus so sinnlos macht. Diese verhängnisvollen, winzig kleinen Viecher. Klein, aber oho!
Ich habe Angst. Und ich habe Lust. Wahnsinnige Lust. Arne sagt nichts. Arne macht nichts. Arne sagt nichts, und Arne macht nichts. Und dann treffe ich irgendwann die einsame Entscheidung... setze mein Pessar ein... ohne daß Arne ein Wort gesagt hat.
Und wieder diese unendliche Ruhe, als wir endlich so ganz fest ineinanderstecken. Uns ansehen. Einander endlich so spüren, wie wir schon die ganze Zeit das Verlangen danach haben.
Arne, der unter mir liegt und seine Arme um mich schlingt. Arne, der Ruhe und Wärme ausstrahlt . Nichts als Ruhe und Wärme.
Ich höre sein Liebesgeflüster. Sein Liebesgeflüster, mit dem ich die ersten Male gar nichts anfangen konnte, als wir zusammen geschlafen haben. Und das mir inzwischen so vertraut geworden ist. Es ist so schön, wenn er einfach anfängt zu reden, wenn wir miteinander schlafen. Ich höre ihn gerne so. Ich kann nichts sagen in diesen Momenten. Kann ihn nur anlächeln.
Irgendwoher... ganz von allein... und ohne daß ich an ihn gedacht hätte... kommt plötzlich mein Orgasmus. Und trägt mich davon.
Ich brauche mich nicht mehr «anzustrengen», möglichst schnell einen Orgasmus zu kriegen, bevor der Mann ihn hat und der Spaß vorbei ist. Ich brauche mir keine «Mühe mehr zu geben». Mit Arne habe ich Ruhe und Zeit. Mit Arne geht alles von alleine.
Und auch sonst ist alles unheimlich toll in diesen ersten Beziehungswochen. Wenn ich morgens auf der Arbeit sitze, geht mir die stupideste Kartenzählerei leicht von der Hand. Heute nacht war ich mit meinem Märchenprinzen zusammen. Was kratzen mich da die Karteikarten? — Oder ich sitze an der Schreibmaschine und träume vor mich hin. Dann schreckt mich die Stimme
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