Der Tod des Maerchenprinzen
meinen Arzttermin als Argument dafür angeführt habe, sich doch bei mir zu treffen. «Ich habe Mittwoch morgen einen Termin bei der Frauenärztin.»
«Da solltest du dann auch hingehen», meint Arne vollkommen ernst. Als wenn es zur Diskussion gestanden hätte, daß ich da nicht hingehe! Ich bin so baff über seine Reaktion, daß ich nur schlucke und nichts sage. Na ja, und dann haben wir eben abgemacht, daß wir uns bei ihm treffen, weil er keinen Termin hat. Und jetzt sitze ich hier und freue mich drauf. Aber was denkt der Kerl eigentlich, so ’ne blöde Bemerkung zu machen. «Da solltest du dann auch hingehen!!!» — Hätte lieber mal fragen können: Was machste denn da? Dann hätt ich ihm nämlich sagen können, daß ich einen Termin habe, um unsere Verhütungsprobleme zu diskutieren. «Da solltest du dann auch hingehen!!!» Als wenn ich mir von ihm reinreden ließe, wann ich zur Frauenärztin gehe! — Komische Bemerkung. Aber schließlich verdränge ich die Sache schnell wieder. Und nun sitze ich im Zug nach Altona und freue mich auf ihn.
Wir gehen an der Elbe spazieren. In der Zwiebel ist Musik. Da muß Arne rein. Mir ist es egal. Mal gucken will ich auch. Wir ergattern im verqualmten Halbdunkel zwei Stehplätze. Mit einiger Mühe sogar einen Sitzplatz. Arne steht irgendwo vorne. Mir macht das nichts aus. Man braucht sich ja schließlich nicht den ganzen Abend miteinander zu beschäftigen. Ich überlege, ob ich mich unterbuttern lasse. Ob ich eigentlich gar nicht hier sein will. Oder will, daß er sich um mich kümmert? Ob ich rebellieren soll?
Aber ich stelle fest, daß ich mich ganz wohl fühle. Gar nicht sagen könnte, was ich anderes machen wollte jetzt. Und daß ich es auch nicht schlimm finde, mal ’ne halbe Stunde ’n paar Meter voneinander entfernt zu sein. Und dann taucht ein ehemaliger Studienkollege von mir auf. Aus der Zeit, wo ich noch Holzwirtschaft studiert habe. Ich unterhalte mich mit ihm. Finde es toll, auch unabhängig von Arne hier jemanden zu kennen. Aus dem Augenwinkel registriere ich, daß Arne mitkriegt, daß ich mich auch ohne ihn gut unterhalte hier. Ha! Der soll nicht glauben, ich warte nur drauf, daß er hierherkommt.
Endlich kommt er. Nachdem er die ganze Zeit da vorne stand und einen nach dem anderen begrüßt hat. Setzt sich neben mich auf die Treppe. Wir sitzen da. Mal Händchen haltend. Mal umarmt. Arne säuft. Ein Guiness nach dem anderen. Bis er auf Whisky umsteigt. Bzw., er hat mich gefragt, und ich hab für Whisky plädiert, weil ich nach Hause will und mir ’n Bier zu lange gedauert hätte. Arne ist besoffen.
Zu Hause wird er total albern. Macht das Licht im Schlafzimmer aus, und als er aufs Bett steigen will, tritt er daneben und fällt auf mich rauf. Wir müssen beide lachen. Ich werde auch albern. Er erzählt mir was von «gleich schlafen wollen» oder so. Mensch, Typ, denk ich. Ich hab schon verstanden. Aber das brauchst du doch nun wirklich nicht so rüberzubringen, daß du heute abend nicht mit mir schlafen möchtest. Das braucht mann ja nun nicht in die Aussage zu verpacken: «Ich bin so müde. Ich will gleich schlafen.» Aber sagen tu ich natürlich nichts. Frau hat es gelernt, in so einem Fall nonverbal zu vermitteln, daß sie nicht frustriert ist und ihn nicht für impotent hält. Diese ewig weibliche Scheiße im Kopf.
Warum sag ich jetzt nicht: «Du kannst es ruhig direkter sagen, wenn du nicht mit mir schlafen möchtest.» Außerdem ist dieses Vorbauen auch ein Zeichen dafür, daß er meint, daß ich denke, daß wir jede Nacht, die wir zusammen sind, auch zusammen schlafen. Was für ein Quatsch! Aber statt dessen vermittle ich ihm schüchtern und weiblich durch Nicht-Anmache bei meinen körperlichen Annäherungsversuchen, daß ich es ganz normal finde, nicht zusammen zu schlafen. Daß ich einfach nur in seinen Armen einschlafen will.
Wir wüscheln eine ganze Weile rum mit unseren Bettdecken, unseren Armen, unseren Köpfen und kriegen keine Einschlafstellung hin. Gackern dabei rum. Sind beide albern. Es bringt mir Spaß, mit ihm rumzualbern. «Meine Güte, ist das ein Gewurschtel!» lache ich schließlich.
«Ja, ich muß das auch mal anders machen. Ich muß mich mal von der Seite anschleichen», meint er und versucht zum wiederholtenmal, seinen Kopf irgendwie auf meinen Arm zu legen. Wir kuscheln uns aneinander an, sind aber so albern, daß wir noch ’ne ganze Weile brauchen, bis wir endlich einschlafen können.
Als der Wecker morgens klingelt,
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