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Der Tod des Maerchenprinzen

Der Tod des Maerchenprinzen

Titel: Der Tod des Maerchenprinzen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Svende Merian
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sagt Arne: «Ich bleibe heute liegen.» Scheiße. Ich bin frustriert. Das ist noch keinmal passiert, daß wir morgens nicht zusammen aufgestanden sind. Ich muß alleine frühstücken. Ihm ist es wichtiger auszuschlafen, als mit mir zu frühstücken. — Ach. So ’n Quatsch, verdränge ich diesen Gedanken. Schließlich bin ich neulich auch liegen geblieben, als er so früh raus mußte. — Aber das war schließlich morgens um vier. Wenn er gestern abend nicht gesoffen hätte, würde er jetzt bestimmt mit aufstehen. .
    Ich frühstücke und fahre dann los bzw. will losfahren. Hoffentlich reicht die Zeit, die Arne mir ausgerechnet hat. Vielleicht hätte sie gereicht, wenn mir nicht der Altonaer Bahnhof in die Quere gekommen wäre. Treppen, Schilder, Rolltreppen, Sl, Sil. Wer hat sich in Hamburg noch nicht verfahren, weil er die S1 mit der S11 verwechselt hat? Ich jedenfalls schon öfter. Deshalb will ich auf keinen Fall in die falsche Bahn einsteigen. Bin schon auf dem Bahnsteig, weiß nicht, ob es der richtige ist, laufe noch mal die Treppe hoch, um oben auf dem Schild zu gucken. Stelle fest, daß der Zug, der eben abgefahren ist, der richtige gewesen wäre und jetzt der falsche kommt . Nu isser weg. Scheiße. Nachdem ich zehn Minuten lang mit geschürzten Röcken die Treppen hoch- und runtergefegt bin und immer grade dann auf dem jeweiligen Bahnsteig ankomme, wenn wieder ein Zug abgefahren ist, kann ich natürlich nicht mehr rechtzeitig kommen.
    Bin etwas zu spät bei der Ärztin. Frage noch mal nach der Sicherheit des Pessars. Und ob die Wahrscheinlichkeit eines zweiten Eisprungs im Monat wirklich so gering ist, daß frau davon ausgehen kann, daß es nicht vorkommt. Ich beschließe, mich darauf zu verlassen, daß nach einem per Temperatur nachgewiesenen Eisprung nichts mehr passieren kann. Entschließe mich, dieses Risiko in Kauf zu nehmen, wozu ich früher nie bereit war. Dieses geringe Risiko dafür in Kauf zu nehmen, daß ich dann jeden Monat eine Woche ohne Pessar mit Arne schlafen kann. Bin ich verrückt?
    Mir wird bewußt, daß ich in meiner Liaison zu Thomas nicht das geringste Risiko eingegangen wäre. Daß ich in der gefährlichen Zeit nur auf doppelte Sicherheit gegangen bin. Mit Pessar und Präsern. Daß ich mich nie auf das Pessar alleine verlassen hätte, obwohl ich mir der Sicherheit des Pessars da auch bewußt war. Auch jetzt ist in meinem Kopf noch drin, daß es ’ne Versagerquote von zwei oder etwas höher hat. Aber ich bin bereit, die in Kauf zu nehmen. Spinne ich?
    Das Risiko ist so gering und das Schlafen mit Arne so schön, daß ich es einfach will. Ohne Präser. Und nach dem Eisprung ohne alles. Einfach so. Ohne an irgend etwas denken zu müssen, mit ihm schlafen können. Bei keinem anderen Mann hätte ich mich so entscheiden können. Es ist das erste Mal, daß ich bereit bin, auch nur das geringste Risiko einzugehen. Bin ich verrückt?

wenn
    meine hände
    deine sanfte
    unbewegliche haut streicheln,

    dann
    wünsche ich mir
    nichts mehr
    als daß nur ein kleiner teil
    meiner zärtlichkeit
    deine poren durchdringt
    und nicht

    am metall zersplittert,
    prinz eisenherz.

Arne und ich haben eine leichte Darmgrippe. Schon die erste Zeit, wo wir uns kennen. Eines abends im Bett sagt Arne, er möchte nicht, daß wir uns immer wieder gegenseitig anstecken. Er möchte nicht, daß wir uns küssen. Ich selber wäre zwar auf die Idee nicht gekommen, aber ich akzeptiere das Argument. Ich will den Kram ja auch loswerden. Also küssen wir uns nicht. Heute abend nicht, und auch die nächsten Abende nicht. Wir schlafen auch nicht mehr miteinander. Ich habe zwar dauernd Lust, mit ihm zu schlafen, aber ich denke mir, daß es diese kurze Zeit, bis wir gesund sind, nichts macht. Daß wir ja hinterher alles «nachholen» können. Wir haben ja Zeit. Es muß ja nicht alles heute sein. Außerdem ist im Moment sowieso die gefährlichste Zeit. Und ich bin erst mal um den Gewissenskonflikt mit der Verhütung rum. Wenn mein Eisprung vorbei ist sind wir bestimmt auch die Grippe los. Dann steht uns nichts mehr im Wege.
    An einem der Wochenenden, wo Arne weg ist, schreibe ich ein Papier, um über meine eigene politische Arbeit Klarheit zu kriegen. Seit ich vor einem halben Jahr aus der Antifa-Gruppe rausgegangen bin, habe ich nichts Neues angepackt. Habe mir ganz bewußt eine unbestimmte Zeit «Pause» von jeglicher politischer Arbeit gegönnt. Habe gemerkt, daß ich mir Zeit lassen muß, mein politisches Arbeitsfeld zu

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