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Der Tod des Maerchenprinzen

Der Tod des Maerchenprinzen

Titel: Der Tod des Maerchenprinzen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Svende Merian
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Ich bin froh. Fish and chips für ein Pfund. Cola. Und John. Ich bin glücklich.
    Immer noch fällt es mir schwer, diese Geschichte zu erzählen. Erst habe ich sie jahrelang niemandem erzählt. Jetzt überwinde ich mich manchmal, weil ich damit klarmachen will, wie sehr meine Mädchenerziehung reingehauen hat. Warum der Ekel so tief sitzt. Warum ich über Vergewaltigung nicht sachlich diskutieren kann. Deshalb erzähle ich sie auch jetzt Arne. Am Küchentisch.
    Als ich... stockend... gerade bei «He only wants to lick you» ankomme, meint Arne: «Das interessiert mich jetzt eigentlich weniger.»

    Ich verstumme augenblicklich. Bin so tief verletzt, daß ich noch nicht mal mehr den Mund aufkriege, um zu sagen, wie mich das fertigmacht. Bloß schnell hinter mir lassen, diese Situation. Diese Situation, in der ich mit tiefer persönlicher Betroffenheit die übelste Erniedrigung, die mir als Frau widerfahren ist, einem Mann erzähle, der eine Weile desinteressiert zuhört und dann beiläufig sagt: «Das interessiert mich jetzt eigentlich weniger.»
    Arne will weiter darüber reden, weshalb er mit mir nicht klarkommt. Daß er eine viel größere Nähe zu seiner letzten Freundin empfindet.

    Irgendwann sagt er: «Weshalb ich diese Diskussion jetzt angefangen hab, ist... ich hab sie Sonnabend in der Kneipe getroffen und... es ist unklar, ob wir die Beziehung wiederaufnehmen!» — Während er das sagt, schneidet er sich ein Stück Wurst ab.

    Was ist denn das? Um mich dreht sich alles. Mein Bauch. Aua. Ich muß scheißen. Hab ich das eben richtig gehört? Das kann doch nicht wahr sein. Ich gehe aufs Klo. Habe prompt Durchfall. Bauchschmerzen. Eine Welt bricht zusammen. Ich will nicht. Ich will nicht. Das kann nicht wahr sein. Eine andere Frau also. Das Schicksal, gegen das ich nichts machen kann. Nichts. Wenn er eine andere Frau lieber mag als mich, dann mag er sie, weil sie so ist, wie sie ist. Und mich liebt er nicht, weil ich so bin, wie ich bin. Da kann die andere Frau nichts für, und da kann ich nichts für. Das ist so. Damit muß frau fertig werden. Ich will nicht. Ich will nicht. Aua, mein Bauch. Ich muß schon wieder aufs Klo. Dieser Schmerz soll aufhören. Es soll nicht so weh tun. Ich will nicht. Will nicht wieder in diese Tiefe von Schmerz und Trauer fallen, die eine unglückliche Liebe so vernichtend und aussichtslos aufreißt. Nach außen hin bleibe ich ruhig. Schlucke den Schock geübt und erwachsen hinunter. Es ist ja nicht das erste Mal. Ich bin ja nicht mehr achtzehn. Ich bin kein kleines Mädchen mehr, das losheult, wenn mann es mit Gefühllosigkeit vor den Kopf stößt. Ich habe die Gefühlskalte der Männer schon zu oft erlebt, um mich noch zu wundern. Ich habe gelernt, die Tränen herunterzuschlucken und zu sachlichen Diskussionen über Emotionen überzugehen.
    Nur mein Körper läßt sich immer noch nicht bescheißen. Er reagiert gesünder als ich. Mit Durchfall.
    Ich diskutiere also, von ständigen Gängen zur Toilette unterbrochen, mit Arne weiter. Lasse mich auf seine Diskussionsart ein. Konfrontiere ihn nicht mit meinen Gefühlen.
    Er sagt: «Vielleicht kommt sie am Freitag auch zu der Diskussion. Das steht noch nicht fest.»
    «Wovon hängt denn das ab?» frage ich vorsichtig.
    «Davon, ob sie das will und ob ich das will. Dazu gehören immer zwei.»
    Mir verschlägt es die Sprache. Ich muß erst mal tief Luft holen. «Und wenn ich nun was dagegen habe?» Er schnallt überhaupt nicht, was er sich da eben geleistet hat. Er meint, ich könne das ja sagen, wenn ich was dagegen hab. «Es geht mir aber darum, daß du von dir aus mich hättest fragen müssen. Du kannst dir doch denken, daß ich was dagegen haben könnte in dieser Situation.»
    Er begreift nichts. Nichts. Absolut nichts.

    Als wir fertig sind mit essen, gehen wir rüber. Ich setze mich aufs Bett. Arne sitzt auf dem Stuhl vor meinem Schreibtisch oder auf der Heizung. Jedenfalls weit weg von mir.
    Als ich von ihm hören will, was er denn nun eigentlich noch von mir will, wird er undeutlich. Allmählich schnalle ich, daß ich zweite Wahl bin. Daß er sich deshalb erst so dringend mit ihr treffen wollte, vor unserem Gespräch, weil er eigentlich mit ihr Zusammensein will und von dem Gespräch morgen abend die Entscheidung erwartet. Und daß er dann erst entscheiden will, was er mit mir für ’ne Beziehung haben will. Daß er hier rumlabert und sich ein Hintertürchen offen lassen will. Noch nicht Schluß machen will, damit er mich

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