Der Tod des Maerchenprinzen
mehr mit ihm zu tun haben will!
Als ich am Donnerstagabend vom Termin komme, liegt da ein Zettel für mich. Ich soll Sabine ganz schnell anrufen. Sie will sich heute abend mit Arne treffen und mich unbedingt noch vorher sprechen.
Ich rufe sofort bei ihr an. Diese dumme Sau. Bei mir ruft er nicht mal an, um sich zu entschuldigen, aber für Sabine nimmt er sich einen ganzen Abend Zeit.
Sabine sagt, daß er grad gekommen ist und geht mit dem Telefon in ein anderes Zimmer. Fragt mich, was sie jetzt mit ihm diskutieren darf. Ob es irgendwelche Sachen gibt, die ich ihm lieber selber sagen möchte.
Nee, das eigentlich nicht, aber ich find’s schon schade, daß wir nicht zu dritt miteinander sprechen. Das hatten wir eigentlich abgemacht. Sabine und ich. Und Arne war damit einverstanden gewesen. Und jetzt rennt er doch zu ihr hin, und sie will ihm heute abend alles an den Kopf knallen. Ich überlege kurz, ob ich jetzt noch mit dem Auto nach Altona fahre. Sabine fände das auch gut. Aber mir ist es zu spät. Und dann sage ich ihr, daß sie man selber entscheiden soll, was sie mit ihm diskutiert. Sie wird das schon richtig machen. Wir haben in der Zwischenzeit ja ein paarmal miteinander telefoniert. Ich kenne sie ja. So viel Vertrauen habe ich zu ihr. Und dann gehe ich ins Bett. Sie wird das schon machen.
Mir fällt auf, wie ruhig ich dabei bin. Ich habe die Chance, an einem Treffen zwischen Arne und der Frau, mit der er gerne möchte, teilzunehmen. Und ich ziehe mein eigenes Bett vor. Früher hätte ich das nicht gekonnt. Da hätte ich der Frau nicht über den Weg getraut. Hätte die ganze Nacht nicht schlafen können. Ob die beiden nun Wohl...? Hätte mich vielleicht gezwungen, nicht hinzugehen, damit es nicht so aussieht, als wenn ich was befürchte. Aber befürchtet hätte ich es in Wirklichkeit schon. Hätte mich nur äußerlich zur Ruhe angehalten.
Aber heute bin ich ruhig. Sabine hat zu mir gesagt, sie will nichts mehr von ihm. Da kann er von ihr wollen, was er will. Auf Sabine kann ich mich verlassen.
Am nächsten Abend telefonieren wir gleich, weil ich vor Neugier platze, wie die Diskussion gelaufen ist.
«Wieso Diskussion?» sagt Sabine. «Diskussion kann man das gar nicht nennen. Ich hab die ganze Zeit geredet. Er ist gar nicht zu Wort gekommen.»
Ich muß lachen. Und dann erzählt sie mir, daß sie ihm ein Ding nach dem anderen an den Kopf geknallt hat. Daß es eine Unverschämtheit war, wie er sich mir gegenüber verhalten hat. Die Sache mit dem Duschen. Der Spruch mit «da gehören immer zwei zu». Daß er ihr schon am Sonnabend sagt, daß die Beziehung zu mir vorbei ist. Und mich noch vier Tage in dem Glauben läßt, er hätte eine «Beziehung» zu mir. Daß er sie am gleichen Abend zum Essen einlädt, wo er sich bei mir aus Krankheitsgründen abmeldet. Und und und... Sie hat gründlich mit ihm abgerechnet.
In mir fängt es an zu brodeln. Ich wäre ja doch ganz gerne dabeigewesen. Mir hätte das echt gutgetan, daneben zu sitzen, wenn Arne fertiggemacht wird. Ich selber bring das ja nicht. Wenn ich alleine bin und mir überlege, was der Kerl alles mit mir gemacht hat, dann möchte ich ihm jedesmal ein Messer zwischen die Rippen stoßen. Und wenn er dann da ist, dann ist meine ganze Radikalität wieder den Bach runter. Dann sitze ich da und warte auf den Augenblick, wo wir uns umarmen. Wo ich ihn streicheln kann. Seine Wärme spüre.
Ich kann nicht so radikal mit ihm sein wie Sabine. Ich will ja immer noch was von ihm. Habe Angst, daß er mir ganz wegläuft, wenn ich ihn so zusammenscheiße wie sie gestern. Sie kann sich das leisten. Hinter ihr ist er ja her. Hinter mir nicht. Ich bin hinter ihm her.
Sie ist von ihm genervt und rennt vor ihm weg. Dreht sich ab und zu mal um, um ihm noch mal einen vor ’n Dassel zu hauen. Arne läßt sich nicht abschütteln. Bleibt ihr auf den Fersen. Und ich renne hinter ihm her und brate ihm immer von hinten einen über. Mit der gleichen Keule wie Sabine. Nur daß ich nicht mit der gleichen Kraft zuschlagen kann wie sie, damit er nicht noch schneller vor mir wegläuft.
Ich wäre zu gerne dabeigewesen. Kann mich ärgern, daß wir nicht schon längst dieses Gespräch zu dritt gemacht haben. Daß ich mich nicht darum gekümmert habe. Wegen Renovierung und Umzug mir keine Zeit dafür genommen habe. Ich wäre zu gerne dabeigewesen.
Sabine sagt, daß sie am Schluß etwas sanfter geworden ist, weil sie gemerkt hat, daß er kurz vorm Heulen war.
Ich ärgere mich.
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