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Der Tod des Teemeisters

Der Tod des Teemeisters

Titel: Der Tod des Teemeisters Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Yasoushi Inoue
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Wind. Die Läden klapperten, und das ganze Haus schwankte. Während ich lauschte, dachte ich darüber nach, was es war, das der »Tod« auslöschte. Gegen vier erwachte ich erneut aus einem leichten Schlummer, erhob mich und dachte weiter über die gleiche Frage nach. Ich ging in den noch dunklen Garten. Der Wind, der in der Nacht durch die Bäume gefegt war, hatte sich gelegt. Der Herbst war in dieser Nacht zu Ende gegangen, und über allem lag eine winterliche Atmosphäre. Was ist es, das durch den Tod verschwindet oder nur durch ihn verschwinden kann? Diese Frage ist zu schwer für mich, dennoch wird sie mich weiter quälen.
    Ich überlege, ob ich Herrn Uraku nochmals aufsuchen und ihm die Sache darlegen soll, um dieser Qual zu entkommen. Ich habe das Gefühl, er könnte mir eine Antwort geben oder zumindest seine Ansicht sagen.
    Dreißigster Tag, achter Monat,
    viertes Jahr der Ära Genma 38
    Klarer Himmel
    Unterdessen ist Oda Urakus Klause Shōden-in im Kennin-Tempel beinahe fertig, und ich habe ihn heute in Begleitung des Daitokuya-Inhabers besucht. Seit dem Spätherbst letzten Jahres, als Herr Uraku mich einlud, das Gelände in Augenschein zu nehmen, sind elf Monate verstrichen.
    In dieser Zeit habe ich die Baustelle des Shōden-in zweimal mit ihm besichtigt. Einmal zu Beginn des Frühjahrs und zum zweiten Mal im Hochsommer, als er mir die für den Garten vorgesehenen Steine und Bäume zeigen wollte.Anscheinend berät der Inhaber des Daitokuya Herrn Uraku beim Anlegen des Gartens und führt die Verhandlungen mit den Gärtnern. Ich war nur als Gast dort. Beim zweiten Mal begegneten wir Herrn Uraku auf der Baustelle und grüßten uns, sprachen aber über nichts Wesentliches. Wie immer war er sehr beschäftigt, und man sah seine hochgewachsene Gestalt allerorts herumstapfen. Um die Mittagszeit war ich aufgebrochen, um den Inhaber des Daitokuya in Teramachi abzuholen und mich gemeinsam mit ihm auf den Weg zum Shōden-in zu machen.
    In diesem Jahr war es sehr heiß, aber in den letzten beiden Tagen hat der Herbst Einzug gehalten. Wir wanderten am Ufer des Kamo entlang und betraten den Tempel wie üblich durch das Westtor. Der Weg zum Shōden-in war zu beiden Seiten von blühenden Hagisträuchern gesäumt, und ich fand diesen natürlichen Gartenpfad wunderschön. Gewiß hat Herr Uraku auch einen Blick für so etwas.
    Wir erreichten den Shōden-in, der sich seit meinem letzten Besuch sehr verändert hat. Nirgendwo mehr war auch nur eine Spur von Verfall zu entdecken. Wir durchquerten den sauber gefegten Garten und umrundeten die Haupthalle. Der vor einem Jahr noch von Unkraut überwucherte Platz hat sich völlig verändert und ist einem vornehmen Garten gewichen, der einem Palast zur Ehre gereichen würde. Im Norden hat man drei Gebäude errichtet: einen Schreibpavillon, die Küche und das Teehaus.
    »Dies ist nur dem Namen nach eine Einsiedelei. So etwas bringt nur Herr Uraku zustande«, sagte der Inhaber vom Daitokuya und erklärte mir, daß die Pacht für das Grundstückfünfzehn Koku im Jahr betrage, zu entrichten an die Tempel Teikei und Fukō. Der Vertrag sehe außerdem vor, daß die beiden Äbte die Einsiedelei abwechselnd betreuten.
    Zuerst führte er mich im Freien herum. Mehrere Gärtner waren bei der Arbeit, aber alles war schon so gut wie fertig. Die äußere Erscheinung des Teepavillons und die Gartengestaltung waren bis ins kleinste vollkommen ausgeführt, so daß sie mir wieder einmal fast zu heiter und strahlend erschienen. Man kann wahrhaftig nicht sagen, daß es hier noch um die schlichte Strenge der Teezeremonie geht. Ich hätte die Anlage gern Meister Rikyū gezeigt. Was er wohl dazu gesagt hätte? Hätte er sie gelobt oder unwirsch abgetan? Ich weiß es nicht.
    Am Giebel des Teepavillons war ein Schild mit der Aufschrift »Joan« – Herrn Urakus Mönchsnamen – befestigt. Mein Meister hätte ganz sicher nicht seinen Namen dort angebracht. Doch abgesehen davon war das Schild hübsch anzuschauen und verlieh dem Teepavillon eine edle Note. Allerdings waren die Trittsteine, die durch den Garten führten, zu groß, und es waren auch zu viele. Meister Rikyū hätte ... ich sollte damit aufhören. Herr Uraku hat sich solche Mühe mit dieser Anlage gegeben, und ich mäkle nur herum, wo man mich nicht einmal um meine Meinung gebeten hat.
    Als ich den Garten besichtigt hatte und mich gerade anschickte, mir den Teepavillon anzuschauen, eilte der Inhaber des Daitokuya, der sich kurz entschuldigt hatte,

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