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Der Tod fährt Riesenrad - Kneifl, E: Tod fährt Riesenrad

Der Tod fährt Riesenrad - Kneifl, E: Tod fährt Riesenrad

Titel: Der Tod fährt Riesenrad - Kneifl, E: Tod fährt Riesenrad Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edith Kneifl
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hochgesteckt, der von einem Netz zusammengehalten wurde.
    „Ist sie ertrunken?“
    „Möglicherweise. Das Mädel ist, wie gesagt, bei Sonnen-aufgang in Albern angeschwemmt worden. Die alte Spinnerin, die immer die Leichen aus der Donau fischt und auf dem Friedhof dort begräbt, hat den Wirten vom Gasthaus ‚Zum Friedhof der Namenlosen‘ zu uns geschickt. Mein Kollege Josef hatte Nachtdienst. Er sagte, der Wirt hätte behauptet, dass es sich bei der Leiche um eine sehr junge Frau handeln würde. Mehr weiß ich noch nicht.“
    Gustav war vor Entsetzen sprachlos. Er wagte es nicht, sich vorzustellen, wie er Margarete den Tod ihrer Tochter beibringen sollte. Rasch trank er seinen Kaffee aus und trieb Rudi zur Eile an.
    Rudi küsste Vera zum Abschied die Hand.
    Normalerweise hätte sich Gustav über die Galanterie seines Freundes lustig gemacht. Womöglich hielt Rudi seine Tante tatsächlich für attraktiv? Heute fand er diesen Gedanken überhaupt nicht witzig.
    Sie nahmen auf Staatskosten eine Droschke zum Friedhof der Namenlosen. Gustav fragte nichts, sagte nichts. Als das Schweigen unangenehm zu werden drohte, fragte Rudi: „Hast von der schönen Margarete wieder mal was gehört?“
    Gustav war sich zum ersten Mal in seinem Leben nicht sicher, ob er mit seinem besten Freund offen reden sollte. So weit war es also schon gekommen. Und wer war Schuld? Eine Frau natürlich! Er beschloss, Rudi nicht anzulügen, aber ihm nur die halbe Wahrheit zu erzählen.
    „Wir haben uns zufällig bei einem Konzert im Musikverein getroffen. Ich fürchte, mich hat es dieses Mal ziemlich erwischt. Sie hat so was Anrührendes, fast Unschuldiges an sich … Jedenfalls erweckt sie bei mir Beschützerinstinkte.“
    „Der schöne Gustav ein Beschützer der Frauen? Was für eine tolle neue Rolle. Die Damen müssen sich doch normalerweise vor dir, dem großen Verführer, in Acht nehmen.“
    Dankbar ging Gustav auf die Blödelei ein, da sie ihn davor bewahrte, seinem Freund von dem Erpresserbrief und seiner Entlassung als Detektiv erzählen zu müssen.
    „Die Leichenfischerin ist komplett verrückt, sie gehört eigentlich in die Anstalt am Steinhof. Aber wenigstens war sie so schlau, den Wirten zu verständigen. Na ja, und jetzt müssen wir halt schauen, ob sich dieses Fräulein tatsächlich selber umgebracht hat oder ob nicht jemand anderer mit Hand angelegt hat. Der Wirt hat etwas von einer Wunde am Kopf gestammelt. Es steht übrigens nicht fest, dass es sich um Leonie von Leiden handelt. Das wollt ich nur mal klarstellen.“
    „Die meisten Lebensmüden springen von der Kronprinz-Rudolf-Brücke“, warf Gustav ein.
    „Kein Wunder.“
    „Sei nicht so zynisch.“ Gustav musste sich aber ein Grinsen verkneifen.
    „Natürlich könnte sie sich die Kopfverletzung beim Sturz über das Brückengeländer an einem der fünf Eisenpfeiler zugezogen haben. Bei diesen aufgeblähten Wasserleichen kann man ja nicht so rasch erkennen, woher ihre Verletzungen stammen.“
    „Die Frage ist, ob sie Wasser in der Lunge hat.“
    „Der Polizeiarzt sollte längst dort sein. Entweder war der Aufprall an einem der Pfeiler sofort tödlich, was relativ unwahrscheinlich ist, oder sie ist erschlagen und danach ins Wasser geworfen worden.“
    „Ich halte Leonie von Leiden nach allem, was mir ihre Mutter und vor allem ihr Vater über sie erzählt haben, für keine Selbstmordkandidatin.“
    „Wie alt war die Kleine? Fünfzehn? Das ist ein gefährliches Alter. Vielleicht hat sie sich aus Liebeskummer ertränkt.“
    Gustav begann sich über die gefühllosen Äußerungen seines Freundes zu ärgern.
    „Ich muss mir die alte Leichenfischerin vorknöpfen. Sie hat zwar einen Hirnschaden, aber viel Erfahrung mit Wasserleichen“, beendete Rudi dieses unerquickliche Gespräch.
    Als sie bei der Wirtschaft an der Donau ankamen, hatten sich bereits jede Menge Schaulustige am Ufer versammelt. Gustav wunderte sich, woher die vielen Leute an diesem frühen Morgen kamen. Es war eine sehr einsame Gegend.
    Der k.k. Polizei-Oberkommissär verschaffte sich energisch Platz und ging schnurstracks zu dem Netz, in dem die Tote lag.
    Gustav heftete sich an seine Fersen.
    Leere Augenhöhlen in einem bleichen Gesicht starrten ihn vorwurfsvoll an. Ein graugrüner Teint, die Wangen angeknabbert von gierigen Raubfischen, blasse angenagte Lippen, das nasse lange Haar mit Algen geschmückt … Die Gesichtszüge der Frau waren kaum zu erkennen.
    Gustav registrierte, dass die junge Frau klein und

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