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Der Tod fährt Riesenrad - Kneifl, E: Tod fährt Riesenrad

Der Tod fährt Riesenrad - Kneifl, E: Tod fährt Riesenrad

Titel: Der Tod fährt Riesenrad - Kneifl, E: Tod fährt Riesenrad Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edith Kneifl
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Polizei-Oberkommissär schien sich momentan weniger Gedanken über das Wetter zu machen.
    „Diese ganze Geschichte stinkt zum Himmel. Weißt, was ich glaub?“
    „Kann ich Gedanken lesen?“ Gustav prostete seinem Freund mit seinem Seidl zu.
    „Ich glaub, dass der Napoleon die Leonie von Leiden entführt hat. Napoleon war Max Polanski treu ergeben, was bedeuten könnte, dass der Pole hinter dieser Entführung steckt. Aber wer hat Napoleon ermordet? Für mich kommt nur Freddy Mars in Frage. Er gilt als sehr jähzornig. Bestimmt ist er durchgedreht, als er von der Entführung seiner Tochter erfahren hat. Allerdings hat er ein Alibi für die Nacht, in der Napoleon dran glauben hat müssen. Er war Ehrengast bei einer Sitzung des Jockeyclubs und hat bis vier Uhr früh dort mit der Hocharistokratie gesoffen. Das können zumindest drei Grafen und zwei Erzherzöge bezeugen. Danach sind sie alle in ein Bordell und in der Früh ins Kaiserbründl in der Weihburggasse, um sich in der Sauna von ihren Sünden zu reinigen. Dafür gibt es hochherrschaftliche Zeugen. Wir können ihm nicht an!“
    „Vielleicht ist alles nicht so einfach, sondern ganz anders.“
    „Du bist mir echt eine große Hilfe.“ Rudi stürzte sich auf das Gulasch, das der Wirt gerade serviert hatte, und malträtierte die Fleischbrocken mit seinem Messer, als wären sie an der ganzen Misere Schuld. Gustav rührte sein Gulasch kaum an.
    „Und wenn die beiden Morde gar nichts miteinander zu tun haben? Oder wenn in Wien irgendein Spinner herumrennt, der was gegen die Artisten im Prater hat?“, fragte Rudi mit vollem Mund.
    Gustav war bewusst, dass dies seine letzte Chance war. Spätestens jetzt hätte er seinem Freund erzählen müssen, was die Kunstreiterin Angelina Freddy und ihm gestanden hatte. Doch es ritt ihn der Teufel. Er hielt den Mund. Nach dem Essen verabschiedete er sich rasch von Rudi, der am Tatort verweilen wollte, bis der Polizeiarzt endlich erschien, und ließ sich von einem Zweispänner der Polizei nach Hause bringen.
    Während der langen Fahrt plagte ihn permanent das schlechte Gewissen. Er nahm sich fest vor, Rudi bei ihrer nächsten Begegnung den Fall Schwabenau von Anfang bis Ende wahrheitsgetreu und bis ins letzte Detail zu schildern. Nach Rudis Worten war auch in ihm der Verdacht aufgekeimt, dass Freddy mit Angelina gemeinsame Sache gemacht haben könnte. Freddy brauchte dringend Geld, das hatte nicht nur Max Polanski behauptet, sondern der Jockey nach dem verlorenen Rennen selbst zugegeben. Die Geldverleiher waren ihm auf den Fersen. Hatte Freddy nicht nur seine eigene Tochter, sondern auch Napoleon und Angelina benützt, um an das Geld des alten Schwabenau zu kommen? Wenn dies der Fall war, musste er sich um Leonies Wohlbefinden keine weiteren Sorgen machen, denn seiner Tochter würde Freddy sicher nichts zuleide tun.
    „Endstation“, sagte der Mann auf dem Kutschbock plötzlich.
    Gedankenverloren zückte Gustav seine Brieftasche.
    Die empörte Miene des jungen Beamten ließ ihn davon Abstand nehmen, ihm ein großzügiges Trinkgeld zu geben.
    Seine Tante war nicht zu Hause, als er heimkam. Er erinnerte sich, dass sie Dienstag ihren Bridgenachmittag im Salon ihrer reichen Freundin Franziska Epstein hatte, und war froh, heute nicht mit ihr reden zu müssen. Er brauchte dringend Ruhe. Als er Hermann in der Küche erblickte, war er zwar überrascht, denn um diese Zeit pflegte der gewissenhafte Amtsdiener normalerweise die Akten im Ministerium abzustauben, aber sein Interesse für Hermanns Angelegenheiten hielt sich schwer in Grenzen.
    Er zog sich ohne Abendessen sofort in sein Zimmer zurück und setzte sich ans Klavier. Die Noten von Schuberts Klaviersonate in a-Moll, D 537 lagen aufgeschlagen am Notenständer. Tante Vera schien in seiner Abwesenheit gespielt zu haben. Sie spielte hervorragend Klavier, hätte als Pianistin Karriere machen können, wenn in den Orchestern Frauen erlaubt gewesen wären. Die neumodischen Damenkapellen kamen für sie nicht in Frage. Sie liebte schwierige Komposi-tionen.
    Schubert war eindeutig zu schwierig für Gustav, obwohl man diesem viel zu jung verstorbenen Genie nachsagte, dass seine lyrische Musik von einer gewissen Leichtigkeit wäre. Weit gefehlt, dachte Gustav.
    Er spielte miserabel. Seine Mutter hatte ihn ab seinem siebten Lebensjahr gezwungen, Klavierstunden zu nehmen. Er hatte seinen Klavierlehrer, mit dem sie ständig getändelt hatte, aus tiefster Seele gehasst und es vielleicht deshalb nie

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