Der Tod heilt alle Wunden: Kriminalroman (German Edition)

daran erinnert wird, dass er sich im 21 . Jahrhundert befindet!
    – Aber Sie sind ja gar kein Chinese – oder? – sagte ich ziemlich blöde.
    Wenigstens brachte ihn das wieder zum Lächeln.
    – Das ist Ihnen aufgefallen? Es war das 1 . Mal, das ich so was wie ein Witzchen aus seinem Mund hörte.
    Dann brach alles aus ihm heraus.
    Miss Lee ist in Wirklichkeit Doris Godley – Gordons Halbschwester! Sein Dad heiratete die Tochter von Taiwanesen, die in Leeds einen Schnellimbiss hatten. Daraus ging Doris hervor. Als sie 9 war, starb ihre Mutter. An Krebs. Gordons Dad heiratete erneut. Kurz darauf kam Gordon. Als er 5 war, brannte seine Mum mit einem Vertreter durch – & Gordon wurde mehr oder weniger von seiner Schwester Doris aufgezogen. Mit 16 fing sie an, im Imbiss ihrer Großeltern zu arbeiten – bis sie alles verkauften & nach Taiwan zurückkehrten. Danach war sie Kassiererin bei Tesco – begann sich aber für Akupunktur zu interessieren – hervorgerufen von der Akupunkteurin ihrer Großeltern namens Yan Lee – bei der sie später als Lehrling & Aushilfsassistentin tätig war. Als einige Jahre darauf Yan Lee starb, dachte Doris daran, deren Praxis zu übernehmen – aber ihre Kunden – meist Chinesen – hielten nicht viel davon, von einer Doris Godley aus dem Tesco behandelt & gestochen zu werden. Zu dieser Zeit hatte Gordon – er war mittlerweile 19  – seine – angeblichen! – Heilkräfte in sich entdeckt – ein Talent, das in der kommunalen Lohnbuchhaltung, wo er arbeitete, nicht unbedingt geschätzt wurde.
    Dann – ein paar Jahre später – starb ihr Dad & hinterließ ihnen eine überraschend hohe Lebensversicherung & das Haus – ein Reihenhaus in einer Gegend in Leeds, die gerade aufgewertet wurde. Daher beschlossen beide – nachdem sie etwas Geld hatten, mit dem sie spielen konnten –, ihrer wahren Bestimmung zu folgen. Doris suchte sich einen wohlhabenderen Kundenstamm – erst zog sie nach Harrogate & übernahm den Namen ihrer alten Mentorin – Yan Lee – & recycelte sogar einige ihrer Urkunden, um sich mehr Authentizität zu verleihen.
    Schließlich ließ sie sich in Sandytown nieder – ein Patient, für dessen Arthritis sie wahre Wunder gewirkt hatte, war zufällig Lady Denhams Immobilienmakler! Er war derjenige, den Lady D. dazu abkommandiert hatte, den Deal mit dem Avalon durchzuziehen, während sie Sir Harry durch die Karibik scheuchte. Als er hörte, dass Doris neue Räume für ihre Praxis suchte, meinte er – warum nicht gleich ganz umziehen? – Sandytown sei im Kommen – wahrscheinlich übertrieb er ein wenig, weil er seine Akupunkteurin bei sich am Ort haben wollte! Als Zuckerstückchen bot er ihr einen großzügigen Mietvertrag über zehn Jahre für das Hexen-Cottage an.
    Sie hielt die Stadt anfangs für ziemlich verschlafen – der clevere Makler aber sorgte natürlich dafür, dass sie Tom Parker kennenlernte – der schon damals ganz verrückt war nach der Alternativmedizin. Also blieb sie – & als das große Konsortium ins Leben gerufen wurde & dazu Toms Pläne, alternative Heilmethoden zu fördern – dachte sie, sie hätte es wirklich geschafft.
    Es gab nur einen Wermutstropfen. Lady D. begann ihr vieles Land & ihre umfangreichen Immobilien im Licht der neuen Marketingmöglichkeiten zu betrachten. Schließlich schwante ihr, dass das Hexen-Cottage – ein pittoreskes Bauwerk von historischem Wert – eine potenzielle Mini-Goldgrube darstellte. Touristenführungen – Ausstellungen ortsansässiger Künstler – Souvenirladen! Das einzige Problem war Miss Lees Mietvertrag – der war wasserdicht & beinhaltete die Option auf Verlängerung. Doris zeigte sich unnachgiebig. Sie wusste, was sie an dem Häuschen hatte. Aber die liebe alte Daph war auf Zack, wenn es darum ging, sich etwas einfallen zu lassen. Irgendwie kam sie dahinter, wer Miss Lee wirklich war, & konfrontierte sie damit – wenn sie weiterhin auf den Klauseln des Mietvertrags bestünde, würde sie damit an die Öffentlichkeit gehen – sie wollte sich moralisch aufs hohe Ross setzen & darauf bestehen, das der gute Name von Sandytown nicht befleckt wurde – indem man weiterhin erlaubte, das hier eine Betrügerin ihrem unqualifizierten Treiben nachging!
    Doris konnte nichts dagegen machen – außer ihrem Auszug zuzustimmen. Als sie Gordon davon erzählte, war er wütend – daher die Auseinandersetzung mit der Gastgeberin beim Grillfest.
    Aber nichts davon