Der Tod heilt alle Wunden: Kriminalroman (German Edition)
einzugehen?«
»Sie waren es nicht?«
»Ich brauchte Zeit, um darüber nachzudenken. Ich reiste ab und verbrachte das folgende halbe Jahr damit, eine Entscheidung zu treffen und wieder zu verwerfen. Schließlich kehrte ich ins Avalon in Davos zurück, wo bei meinem vorangegangenen Aufenthalt angedeutet wurde, man könnte eine Lösung für mein Problem finden. Bei meiner Ankunft eröffnete man mir, dass mein alter Mentor, Dr. Alvin Kling, für ein halbes Jahr mit Lester Feldenhammer vom Sandytown-Avalon die Stelle getauscht hatte. Zum Glück stellte sich schnell heraus, dass Lester und ich auf der gleichen Wellenlänge lagen, so dass meine Beziehung zu ihm noch enger wurde als jene vorher zu Alvin.«
»Sie fragten ihn um Rat?«
»Nein«, sagte Roote. »Kurz nachdem ich ihn kennengelernt hatte, las ich in der Zeitung, dass Dr. Meitler tot war. Die deutschen Ärzteverbände hatten seit geraumer Zeit gegen ihn ermittelt. Anscheinend wurde schließlich die Polizei eingeschaltet. Eines Nachts ging Meitlers Labor in Flammen auf. Sein Leichnam wurde in den Trümmern gefunden. Unfall, Selbstmord, unmöglich zu sagen. Alle seine Forschungsunterlagen wurden zerstört, darunter, nehme ich an, auch meine.«
Flüchtig streifte Pascoe der Gedanke, dass der Tod Franny Roote überallhin folgte, doch fand sich neben der Andeutung, er könnte möglicherweise vollständig wiederhergestellt werden, kein Platz mehr in seinem Gehirn, damit er sich dort einnisten konnte.
»Das muss ein fürchterlicher Schock für Sie gewesen sein, Franny!«, rief er aus.
»Ich denke, ich bin mittlerweile darüber hinweg, Peter«, sagte Roote.
»Aber dieses Kitzeln, ist es noch da?«, fragte Pascoe.
»Ach, das Kitzeln! Ist es das wahre Kitzeln der Erneuerung oder nur das trügerische Kitzeln der Hoffnung? Peter, vielleicht hätte ich es Ihnen nicht erzählen sollen. Der Third Thought hat mich gelehrt, mit der Hoffnung zurechtzukommen, jetzt aber fürchte ich, ich habe alle Schimären der Hoffnung auf Sie losgelassen, um Sie zu quälen.«
»Ich verstehe nur nicht, Sie empfinden dieses Kitzeln zwar, wollen aber nichts dafür tun!«
»Mich erneut piksen und durchbohren und röntgen und untersuchen lassen? Darüber müsste ich erst lange und eingehend nachdenken. Was, wenn man mir sagt, nichts habe sich verändert? Auf Wiedersehen, Hoffnung! Oder was, wenn man bestätigt, es habe sich etwas verändert? Würde ich dann nicht wieder mit einer Entscheidung konfrontiert werden, wie sie schon Meitler für mich parat hatte?«
»Aber wenigstens könnten Sie doch mit Dr. Feldenhammer darüber reden. Oder ist das nicht sein Gebiet?«
»Lester war auf Neurologie spezialisiert, bevor er sich der Psychiatrie zuwandte. Er wäre der perfekte Arzt, den ich konsultieren könnte. Und solange ich zögere, über meine Zukunft zu entscheiden, ist Lester einer der besten Gründe für meinen weiteren Verbleib in Sandytown.«
»Nur einer der Gründe?«
Roote lächelte. »O ja, es gab noch viele andere. Lester erzählte mir von Tom Parker und seinen Plänen für die Stadt. Er war überzeugt, meine Third-Thought-Ideen würden von Tom enthusiastisch begrüßt werden, und er würde sich sicherlich freuen, wenn ich sie für alle, die sie hören wollen, in der Klinik zum Besten gebe. Daneben stellte ich fest, dass ich nach meinem langen Aufenthalt in der Fremde Heimweh nach England verspürte, vor allem nach Yorkshire, wo sich so vieles Bedeutsames in meinem Leben zugetragen hatte. Als er daher am Ende seines halbjährigen Austausches nach Sandytown zurückkehrte, kam ich einfach mit.«
Es klang alles vollkommen logisch, aber wann schien das nicht zuzutreffen, wenn der junge Mann irgendwelche Informationen von sich preisgab?
Der Gedanke kam ihm treulos vor, doch solange die brutalen Morde an Lady Denham und Ollie Hollis nicht aufgeklärt waren, musste Pascoe jeder Spur folgen.
Er sagte: »Franny, das ist nicht nur ein gesellschaftlicher Besuch, Sie wissen das!«
»Natürlich. Ich würde mir Sorgen machen, wenn dem nicht so wäre. Es ist eine schreckliche Geschichte. Ich tue alles, um sie aufzuklären, Sie müssen nur fragen.«
»Okay. Also, Sie lernten Lady Denham kennen, als Sie Anfang dieses Jahres nach Sandytown kamen, richtig?«
Es war nicht die hinterhältigste aller hinterhältigen Fragen. Es gab keinen Grund, warum Roote die Frau während ihres in den Heywoodschen Mails erwähnten Schweizurlaubs kennengelernt haben, noch, warum er, falls er sie kennengelernt
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