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Der Tod heilt alle Wunden: Kriminalroman (German Edition)

Der Tod heilt alle Wunden: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Der Tod heilt alle Wunden: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Reginald Hill
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Tatverdächtigen einstufen, der sich wohlberechtigte Hoffnungen machen könnte, vom Testament meiner Mandantin zu profitieren, bin ich wohl dazu berechtigt, Ihnen den Inhalt des Testaments noch vor den Begünstigten zu eröffnen.«
    Dalziel kratzte sich die Falten seines Doppelkinns mit der verblüfften Miene desjenigen, dem nicht in den Kopf wollte, wie zum Teufel der Anwalt meinen konnte, er hätte hier irgendeine andere Wahl, selbst wenn er noch so sehr wie das Selbstporträt von Toulouse-Lautrec aussah.
    »Das wäre sehr hilfreich«, murmelte Pascoe.
    Mr. Beard ließ die Schlösser seines Aktenkoffers aufschnappen und zog einen Ordner heraus, der aussah, als bestünde er aus Pergament. Ihm entnahm er ein Dokument.
    »Hier«, verkündete er, »halte ich den vermutlich Letzten Willen und das Testament von Lady Daphne Denham in Händen.«
    »Vermutlich?«, sagte Pascoe. »Gibt es irgendeinen Grund zur Annahme, dass es noch ein weiteres gibt?«
    Beard seufzte wie ein Französisches Horn und sagte: »Keinen spezifischen Grund, sonst hätte ich das gesagt. Nur entwickelte Lady Denham in den letzten Jahren die Angewohnheit, Testamente abzufassen. Das ist nichts Ungewöhnliches. Manche lösen im hohen Alter Kreuzworträtsel, andere beschäftigen sich mit der Kreuzstichstickerei, einige wenige mit dem Dichten von Haikus. Viele jedoch verbringen ihre Zeit mit der Abfassung und Änderung ihrer Testamente. Die Höhe der Vermögenswerte spielt im Grunde keine Rolle. Solange bewegliche Werte jeglicher Art in ausreichender Zahl vorliegen, schafft sich der gewohnheitsmäßige Testamentsverfasser durch deren Verteilung und Neuverteilung so manche vergnügliche Stunde. Handelt es sich aber wie in diesem Fall um einen beträchtlichen Vermögenswert, kommt als zusätzliches Element das der Machtausübung hinzu.«
    »Wie oft also hat Lady Denham ihr Testament umgeschrieben?«, frage Pascoe.
    »Viermal in diesem Jahr, soweit ich weiß«, sagte Beard. »Das heißt, viermal waren die beabsichtigten Änderungen so weitgehend, dass meine professionelle Unterstützung notwendig wurde. Ich nehme an, nein, ich bin überzeugt, dass es zahlreiche kleinere Änderungen gab, möglicherweise sogar größere, deren zeitliche Geltungsdauer aber nicht ausreichte, um mich dazu konsultieren zu können. Solche Dokumente haben natürlich keinerlei Gültigkeit, wenn sie nicht ordnungsgemäß unterzeichnet und bezeugt wurden. Daher ist meines Wissens dieses Dokument der Letzte Wille von Lady Denham. Es handelt sich um eine äußerst detailreiche Abhandlung von entsprechender Länge. Wünschen Sie alles davon zu hören?«
    Dalziel gab ein seufzendes Stöhnen oder ein stöhnendes Seufzen von sich, einen Laut, der einem unmusikalischen Menschen entweichen mag, dem soeben klarwird, dass der zweite Akt der
Götterdämmerung
nicht der letzte ist.
    »Ich glaube, Sie können uns die Einzelheiten ersparen, Mr. Beard«, sagte Pascoe. »Mich interessieren selbstverständlich die wichtigsten Erben.«
    »Wie Sie wünschen. Auf welcher Stufe setzt Ihre Definition von
wichtigste Erben
ein?«
    Ein weiterer Laut von Dalziel, diesmal eher bärenartig als menschlich.
    Hastig setzte Pascoe hinzu: »Fangen Sie oben an, und arbeiten Sie sich nach unten durch.«
    »Das heißt, dass wir am Ende anfangen«, sagte Mr. Beard widerwillig. »Aber wenn Sie darauf bestehen. ›An meinen angeheirateten Neffen, Sir Edward Denham von Denham Park in der Grafschaft Yorkshire, den gesamten Rest meiner unbeweglichen und persönlichen Vermögenswerte …‹ Sie sehen das Problem, Chief Inspector? Ohne im Einzelnen auf die anderen Erbbegünstigten einzugehen, ergibt dieser Ausdruck wenig bis gar keinen Sinn …«
    »Ich bin mir sicher, Sie haben den Wert dessen überschlagen«, sagte Pascoe. »Wir werden Sie nicht darauf festnageln.«
    »Das ist nicht leicht, der Immobilienmarkt ist ständig in Bewegung. Ich würde sagen, mindestens zehn Millionen. Tatsächlich könnte es sich auf bis …«
    »Zehn Millionen reicht«, sagte Pascoe. »Fahren Sie fort.«
    Er fuhr fort. Esther Denham bekam eine Million sowie allen Schmuck bis auf den einen Gegenstand, den sich Clara Brereton neben ihren fünftausend Pfund aussuchen durfte.
    »Fünftausend«, unterbrach Pascoe. »Nicht fünfhunderttausend?«
    »Nein, fünftausend«, sagte Beard.
    »Das ist nicht viel, wenn man bedenkt … ich meine, im Vergleich zu den anderen.«
    »Es ist nicht die Aufgabe eines Anwalts, Bedenken zu äußern noch Vergleiche

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