Der Tod heilt alle Wunden: Kriminalroman (German Edition)
unterhalten – schwer vorstellbar, das er mit dem schrecklichen Hen verwandt sein soll – keine äußerliche Ähnlichkeit – einer von diesen ruhigen, nüchternen Typen, von denen man sich wünscht, sie rutschen auf den Pilotensitz, wenn die gesamte Besatzung wegen E-coli ausfällt – während Hen den Eindruck vermittelt, als pflege er vertrauten Umgang mit den meisten bekannten Bazillen! Aber seine Verwandten kann man sich nicht aussuchen – wie wir alle wissen.
Auch die Gäste am Tisch waren nett. Tom stellte mich vor – aber mir prägte sich nur einer von ihnen ein – ein Mann in einem Rollstuhl. Er heißt Franny Roote – & Tom machte großes Aufhebens darum, dass er einer seiner Alternativtherapeuten sei.
Dann sagte Tom – Aber sollten Sie nicht in der Hall sein – zum Mittagessen mit Lady D.? –
Schlagartig traf mich die Erkenntnis – das war also der, den Esther Denham als das
beinlose Wunder
bezeichnet hatte. Was für eine blöde Kuh!
– In Sandytown hat man kein Privatleben – antwortete Franny – ganz richtig, Tom – aber erst in zehn Minuten – & außerdem ziehe ich die Anwesenheit einer neuen Schönheit der Aussicht auf eine alte Schachtel vor –
Dabei grinste er mich an – ein breites, attraktives Grinsen – also – sagte ich mir – geh mal in dich, ob diese Therapie in dein Forschungsfeld fällt – ich plazierte mich neben ihn & wir kamen ins Gespräch, während Tom mit den anderen über irgendwelche Konsortiumsangelegenheiten redete.
Interessanter Typ, dieser Roote – hat was an sich, das anders ist – & damit meine ich nicht nur seinen Rollstuhl – es ist die Art, wie er einen ansieht & wie er spricht. Unvermittelt wurde mir bewusst, dass ich alles über mich & meine Pläne erzählte – & nicht nur über mich – sondern auch über dich & George & Adam & Rod & die Zwillinge & Mum & Dad & die Farm – OK – könnte eine Masche sein – aber irgendwie vermittelt er das Gefühl, das es ihn wirklich interessiert; strahlt eine unbändige Energie aus – als gäbe es nichts, wozu er nicht fähig wäre – dazu auch noch sexy – obwohl, wenn er von der Hüfte abwärts gelähmt ist, dann gibt es vielleicht etwas, wozu er
nicht
fähig ist? – brauch hier ein bisschen professionelle Anleitung, Schwesterherz!
Du denkst dir vielleicht, ich müsste ziemlich frustriert sein – schwafle erst von Teddy dem sexy Baronet – & jetzt von Fran, dem appetitlichen Paraplegiker! Tom hat vielleicht schon recht – & es gibt was hier in Sandytown, was die roten Blutkörperchen zum Blubbern bringt – aber ich weiß, das mein Interesse wirklich rein professioneller Natur ist – ich mach mir nichts mehr aus Männern – du erinnerst dich!
Schließlich brachte ich ihn dazu, von sich zu erzählen – faszinierend – auf meine Forschungen bezogen wurde mir allerdings schnell klar, dass Franny überhaupt nicht reinpasst. Seine Sache ist der 3 . Thought – schon mal davon gehört? Ich erinnere mich, im 1 . Jahr an der Uni eine Vorlesung von einem gewissen Frère Jacques besucht zu haben – in Dads Worten ein Armleuchter, wie er im Buche steht! – der hat die Bewegung gegründet. Es ging dabei vor allem um das moderne Leben, durch das wir den Bezug zum Tod verloren haben – daher die Notwendigkeit, ein Hospiz des Geistes zu errichten – & so weiter in seinem Geschwafel, das uns cleveren Psycho-Erstsemestern wie gehobelter Schwachsinn vorkam – aber der Typ selbst war großartig – hatte eine Aura & einen hübschen Arsch. Franny ist genauso – nur dass seine Aura nicht so reinweiß ist wie die von Frère J. – eher gleicht sie Satin – schillernd & mysteriös – & seinen Hintern in Augenschein zu nehmen kam ich leider nicht dazu! Wie auch immer – jedenfalls gibt es beim
3
. Thought
keine körperliche Behandlung – keiner erhebt sich aus dem Bett & marschiert davon – kann auch kaum überraschen – einem Typen in einem Rollstuhl werden kaum vielversprechende Wunderkuren angeboten. Für mich ist da also nichts zu holen – aber ich habe es sehr genossen, mich mit ihm zu unterhalten – & wenn ich ihn in mein Forschungsprojekt aufnehme, habe ich einen guten Vorwand, um mich noch mal mit ihm zu treffen! Daher tauschten wir unsere Handynummern & Mail-Adressen aus, bevor er sich zum Breitarsch auf den Weg machte.
Das war’s für heute. Nach einem Sandwich im Pub verbrachte ich den Nachmittag damit, alle übrigen Einwohner
Weitere Kostenlose Bücher