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Der Tod heilt alle Wunden: Kriminalroman (German Edition)

Der Tod heilt alle Wunden: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Der Tod heilt alle Wunden: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Reginald Hill
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9 / 11 weigern sich die Amis ja bereits, wenn man nur drei Punkte wegen überhöhter Geschwindigkeit hat. Ich muss dort sein, für Interviews und Signierstunden. Es mir zu verweigern ist eine eklatante Verletzung meiner grundlegenden Menschenrechte, die mir zugestehen, meinen Lebensunterhalt zu verdienen!«
    In diesem Moment kommt Heywood mit einem Getränketablett zurück. Ansonsten hätte ich alle Skrupel fahrenlassen und Roote mitsamt seinem Rollstuhl durchs Fenster befördert. Stattdessen kippe ich meinen Schampus auf ex, greife mir ein weiteres Glas, ihres, nehme ich an, und trinke das ebenfalls. Bei Rootes Saft halte ich inne. So schlimm steht es noch nicht um mich. Heywood sagt nichts, sondern zieht erneut zum Getränketisch ab.
    Endlich habe ich meine Sprache wiedergefunden.
    »Du willst, dass ich die Revision deiner Verurteilung unterstütze, die aufgrund meiner Beweise zustande gekommen ist? Eine Verurteilung, die mich nur insofern geärgert hat, weil die verhängte Haftstrafe meiner Meinung nach doppelt so lang hätte ausfallen müssen!«
    »Genau«, sagt er. »Sie verstehen, Ihre Unterstützung würde das Gericht wirklich beeindrucken.«
    Ich weiß nicht, ob ich lachen oder weinen soll.
    »Ich brauch noch einen Drink«, sage ich.
    Ich wäre dem Mädel nachgestiefelt, nur scheinen meine Beine nicht mitmachen zu wollen.
    Roote ergreift meinen Arm.
    »Wirklich, Sie dürfen sich nicht so viel zumuten«, sagt er allen Ernstes.
    »Was zum Teufel meinst du damit?«, frage ich.
    Er zieht mich zu sich hinunter, so dass er mir direkt ins Gesicht flüstern kann.
    »Wenn man dem Tod so nahe kommt wie wir beide«, sagt er, »dann macht man nicht einfach nur einen Schritt zurück, um wieder der zu sein, der man vorher war – es ist eine lange, lange Reise.«
    »Danke, Dr. Roote«, sage ich. »Und ich hab mich schon gefragt, was ich in dieser beschissenen Reha-Klinik soll, aber jetzt hast du es mir gesagt. Ich bin auf einer beschissenen Reha!«
    »Ich rede nicht nur vom Körper«, sagt er. »Es ist ein langer Weg zurück zum eigenen Selbst. Meist meinen wir, es reicht, wenn wir uns wieder so verhalten wie früher. Wir erinnern uns daran, wie wir früher gewesen sind, und wenden unsere ganze Energie auf, um wieder so zu werden, auch wenn das heißt, noch vor dem Frühstück fünfzehn Pint zu trinken. Aber das ist nur ein Aspekt davon, Andy. Jetzt, während Sie noch dabei sind, alles wieder zu erlernen, ist es an der Zeit, innezuhalten und darüber nachzudenken, wer dieses Wesen eigentlich ist, das alles wieder von Neuem erlernt.«
    In meinem Kopf dreht sich alles. Weiß nicht, ob es von Lesters Blubberzeugs oder Rootes Gebrabbel kommt. Ist mir auch egal. Ich reiße meinen Arm los und wäre fast hingeknallt, hätte mich nicht jemand am anderen Arm festgehalten. Ich höre Pet Sheldon sagen: »Zeit, sich auf den Weg zu machen, Andy.«
    Dort, wo ich normalerweise saufe, traut sich keiner, mir die Sperrstunde auszurufen. Ich zwinge die Welt wieder in den Fokus. In der Ferne sehe ich die Büffelfrau, die mir zuwinkt, als wäre ich der Oberkellner. Ich lächle sie an und sage zu Pet: »Da haben Sie recht, Liebes. Bringen Sie mich ins Bett.«
    Die frische Meeresluft trifft mich wie einen fliegenden Fisch, ich muss mich schwer auf Pet stützen, als wir uns zum alten Haus lavieren.
    Ein Geklapper ertönt wie von einem Webstuhl in einer alten Baumwollmühle, und ein altertümliches Gefährt mit Seitenwagen rattert vorbei. Der Fahrer hat seinen Helm auf und das Visier heruntergeklappt, aber ich erkenne Mr. Godleys Bart. Komisch, wahrscheinlich ist es die frische Luft, aber bei seinem Anblick geht es mir gleich wieder besser.
    »Da fährt er hin, der Heiler«, sage ich und schaffe es, mich ein wenig aufzurichten. »Wenn Lester ihn einstellt, dann verlieren Sie alle vielleicht Ihren Job.«
    »Da mach ich mir keine Sorgen«, sagt sie. »Will man die Kranken wieder gesund machen, muss man sie pflegen, nicht mit Kräutern vollstopfen oder mit Nadeln piesacken.«
    »Nein, Mädel, machen Sie sich nicht lustig über das, was schon in der Bibel steht«, sage ich.
    »Das mit dem Handauflegen?«, sagt sie. »Wir sind seitdem ein Stück weiter, hoffe ich. Nur weil der Kerl wie Jesus aussieht, heißt das noch lange nicht, dass er Sie von den Toten auferstehen lässt. Also bringen wir Sie ins Bett, nicht wahr?«
    »Genau davon spreche ich, Mädel«, sage ich. »Die Therapie des Alten Testaments. Siehe König David und Abischag, die

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