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Der Tod im Eis

Der Tod im Eis

Titel: Der Tod im Eis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vampira VA
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wider.
    »Weil es die Welt neu zu schaffen gilt«, antwortete er nach einer Weile. »Weil ein neues Volk sich aufmachen wird, sie sich Untertan zu machen.«
    »Ein neues Volk?« fragte Maniilaq.
    Der Vampir nickte. »Mein Volk.«
    Tattu ... Der Name gefiel ihm. Und er hatte von dem kleinen Jungen viel erfahren über dieses Wesen. Er hatte Parallelen entdeckt zwischen sich und dem mythischen Weltenschöpfer. Und es gefiel ihm, daß der Junge und auch der Alte ihn tatsächlich für den zurückgekehrten Tattu hielten.
    Dies war eine Sache, die er sich zunutze machen konnte - obwohl er bis vor kurzem noch nicht einmal gewußt hatte, was es hieß, sich »etwas zunutze zu machen« . Doch das Wissen darüber war in ihm gewesen, als er es gebraucht hatte. Wie alles in ihm war, stets in dem Moment, da er es brauchte .
    »Dein Volk?« fragte Maniilaq. »Du hast . Nachkommen?«
    »Nicht wirklich Nachkommen. Sie sind wie ich. Brüder.«
    »Dann müssen es Götter sein«, flüsterte der Schamane.
    »Götter ...«, echote »Tattu«, und ein Lächeln machte seine Visage noch häßlicher. »Ja, wir sind Götter. Geboren, um zu herrschen.«
    »Was wird mit all den anderen Völkern, die auf der Welt leben?«
    Benji hatte die Frage gestellt, und in seiner Stimme schwang ein ängstlicher Tonfall mit, der ihn beinahe selbst erstaunte. Er hatte all die Zeit über keine Furcht verspürt, obwohl allein der Anblick dieser . Kreatur fürchterlich genug war, um mehr als nur Angst heraufzubeschwören. Doch was immer die Angst in Benji bislang bezähmt und unterdrückt hatte, es verlor mit einemmal an Macht - - solange, bis das Wesen ihn ansah.
    Etwas geschah.
    Ein Lächeln spielte wieder um Benjis Lippen, und er sah den anderen strahlend an.
    Tattu .
    »Sie werden sterben«, antwortete der Vampir.
    »Natürlich«, erwiderte Benji. Was sollten jene Völker auch anderes tun als sterben, wenn Tattu und seine Brüder die Welt für sich beanspruchten?
    »Wo sind deine Brüder?« fragte Maniilaq.
    »In mir.«
    Der Angatkuq sah den Nackten nur an, stummes Nichtverstehen im Blick.
    »Ich zeige es dir«, sagte der Vampir.
    Er erhob sich und trat etwas vor, so daß sowohl Maniilaq als auch der Junge ihn genau beobachten konnten. Dann ging er in die Hocke nieder, verschränkte die Arme über den Knien und barg den Kopf darin.
    Lange Zeit geschah nichts.
    Minuten vergingen, reihten sich aneinander, bis eine halbe Stunde daraus wurde, in der Maniilaq und der Junge nichts anderes taten, als starr dazusitzen und den Nackten im Blick zu behalten.
    Dann hob ein schauerliches Stöhnen an, wie das eines Mannes, der schwerste Arbeit zu verrichten hatten. Es wehte gespenstisch durch die Hütte, und obwohl Tattu es ausstoßen mußte, schien es von überall her zu kommen. Als wäre alles um sie herum zu Leben erwacht.
    Doch das war erst der Anfang.
    Der Vampir veränderte sich.
    Erst sah es wie eine Täuschung aus, hervorgerufen vielleicht vom Spiel von Licht und Schatten. Der gebeugte Rücken Tattus begann sich zu bewegen. Als wäre etwas unter seiner Haut, etwas, das sich sammelte und schließlich vereinte, zusammenballte - und wuchs! Wie eine Geschwulst wucherte es unter der Haut des Vampirs, blähte sich pulsierend, und ein seltsames Knirschen war zu hören, als die Haut sich auf unmögliche Weise dehnte, so sehr, daß sie platzen mußte.
    Was sie schließlich auch tat.
    Entlang des Rückgrats schnappte die bleiche Haut auf wie an einer Naht und entließ, was darunter gewuchert war.
    Ein eiförmiges Gebilde, schleimig und von dunklen Adern überzogen.
    Eine Sekunde lang lag es noch auf Tattus Rücken, dann rollte es herab und landete mit einem feuchten Laut auf dem Boden.
    Ein dumpfes Pochen füllte die Hütte.
    Die Wunde des Vampirs schloß sich, als würden unsichtbare Hände die Hautlappen zusammenpressen, bis sie wieder miteinander verwuchsen.
    Dann erhob der Nackte sich, um sich zwischen dem Schamanen und dem Jungen niederzulassen. Er wies auf das, was er geboren hatte.
    »Darin schläft mein Bruder. Eure Aufgabe soll es sein, ihn zu hüten«, erklärte er, und die beiden nickten stumm.
    Der Vampir fuhr an Maniilaq gewandt fort: »Gibt es mehr von deiner Art an diesem Ort?«
    »Von meiner Art?«
    »Menschen, die zu glauben bereit sind«, präzisierte Tattu.
    Der Schamane nickte. »Die Alten glauben an jene Dinge, die einst Bestand hatten. Die Jungen lachen nur noch darüber.«
    Maniilaq ließ den schleimglänzenden, pulsierenden Kokon nicht aus den Augen,

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