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Der Tod ist mein Beruf

Der Tod ist mein Beruf

Titel: Der Tod ist mein Beruf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Merle
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betraf, so konnte ich mich beinahe mit Öfen begnügen. Indem ich insgesamt für die vier großen Anlagen, die ich bauen sollte, zweiunddreißig vorsah, konnte ich zu einer Gesamtleistung von achttausend Leichen in vierundzwanzig Stunden gelangen, eine Zahl, die nur um zweitausend Einheiten niedriger lag als die Spitzenleistung, die der Reichsführer vorsah. Folglich würde ein einziger Behelfsgraben genügen, um gegebenenfalls die übrigen zweitausend Einheiten zu verbrennen. Um die Wahrheit zu sagen, ich liebte die Gräben nicht sehr. Das Verfahren erschien mir zu plump, primitiv und eines großen Industrievolkes unwürdig. Ich war mir bewußt, indem ich mich für die Öfen entschied, eine modernere Lösung zu wählen. Die Öfen hatten obendrein den Vorteil, besser die Geheimhaltung zu wahren, da die Verbrennung nicht im Freien, wie in den Gräben, sondern gegen Sicht geschützt vollzogen wurde. Außerdem war es mir von Anfang an wünschenswert erschienen, alle für die Sonderaktion notwendigen Dienststellen in demselben Gebäude zusammenzufassen. Ich legte auf diesen Gedanken viel Wert und hatte aus der Antwort des Reichsführers ersehen können, daß er ihn gleichfalls gereizt hatte. Es lag in der Tat etwas den Geist Befriedigendes in dem Gedanken, daß von dem Augenblick an, in dem sich die Türen des Auskleideraums hinter einer Sendung von zweitausend Juden schließen würden, bis zu dem Augenblick, da die Juden zu Asche zerfallen würden, der ganze Vorgang ohne Anstoß an demselben Ort abrollen würde. Als ich diesen Gedanken weiter durchdachte, kam ich darauf, daß man wie in einer Fabrik ein laufendes Band herstellen müßte, das die zu behandelnden Personen in einem Minimum von Zeit aus dem Auskleideraum in die Gaskammer und aus der Gaskammer in die Öfen führte. Da die Gaskammer unterirdisch war und die Ofenkammer im oberen Stockwerk sein mußte, folgerte ich, daß der Transport der Leichen von der einen zur andern nur mit mechanischen Hilfsmitteln möglich war. Man konnte sich in der Tat schlecht vorstellen, daß die Männer des Sonderkommandos mehrere hundert Leichen über eine Treppe oder selbst über eine schiefe Ebene schleppten. Der Zeitverlust würde ungeheuer sein. Ich arbeitete also meinen anfänglichen Plan noch einmal durch und entschloß mich, darin den notwendigen Raum für vier mächtige Aufzüge auszusparen, jeden mit einem Fassungsvermögen von etwa fünfundzwanzig Leichen. Ich berechnete, daß man auf diese Weise nur zwanzig Fahrten machen müßte, um die zweitausend Leichen aus der Gaskammer herauszuschaffen. Diese Einrichtung mußte im oberen Stockwerk durch Karren ergänzt werden, welche die Leichen an den Ausgängen der Aufzüge übernehmen und in die Öfen bringen würden. Als ich meinen Plan in dieser Weise abgeändert hatte, verfaßte ich für den Reichsführer einen neuen Bericht. Obersturmbannführer Wulfslang diente noch einmal als Vermittler, und achtundvierzig Stunden später brachte er mir Himmlers Antwort. Mein Plan war ohne Änderungen angenommen, erhebliche Geldmittel waren mir eröffnet, und ich konnte mich als bevorrechtigt für den Bezug aller Baustoffe betrachten. Das Schreiben des Reichsführers fügte hinzu, daß zwei der vier Anlagen spätestens am 15. Juli 1942 betriebsfähig sein müßten, die beiden anderen am 31. Dezember desselben Jahres. Ich hatte also etwas weniger als ein Jahr, um den ersten Bauabschnitt durchzuführen. Ich begann unverzüglich mit den Bauarbeiten. Gleichzeitig waren die beiden provisorischen Anlagen von Birkenau unter Setzlers Leitung in Betrieb, und ich überließ ihm auch die Sorge, die alten Gräben wieder zu öffnen und die Darinliegenden zu verbrennen. Der ekelerregende Geruch, den wir in Culmhof eingeatmet hatten, verbreitete sich sogleich über das ganze Lager, und ich bemerkte, daß er sogar wahr-nehmbar war, wenn der Wind von Westen wehte. Kam der Wind aus Osten, verbreitete er sich noch weiter, bis zum Ort Auschwitz und darüber hinaus bis Bobitz. Ich ließ das Gerücht verbreiten, in unserm Bezirk wäre eine Gerberei errichtet worden, und von ihr kämen diese Ausdünstungen her. Aber ich brauchte mich keiner Täuschung über die Wirksamkeit dieser Legende hinzugeben. Der Geruch in Verwesung übergehender Häute hatte wirklich nichts gemein mit dem Gestank brenzligen Fettes, verbrannten Fleisches und versengter Haare, der aus den Gräben aufstieg. Ich dachte mit Besorgnis daran, daß es noch schlimmer sein würde, wenn die

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