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Der Tod ist mein Nachbar

Der Tod ist mein Nachbar

Titel: Der Tod ist mein Nachbar Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colin Dexter
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hast. Und weißt du, warum? Weil es mir nicht nur fast alles bedeutet, sondern buc h stäblich alles. Ich will die Frau des Master sein, Julian. Lady Angela! Begreifst du, wie sehr ich das will?«
    »Ich denke schon.«
    »Wenn wir also zu Tricks und Kniffen greifen müßten …«
    »Was meinst du damit?«
    »Nichts Bestimmtes.«
    »Was meinst du damit?« wiederholte er.
    »Wie gesagt …«
    »Komm schon!«
    »Nehmen wir mal an, im College spräche sich herum, daß Shelly Cornford eine unersättliche Nymphomanin ist …«
    »Aber das ist nicht fair.«
    Angela Storrs stand auf und leerte ihren dritten Drink bis auf den letzten Tropfen.
    »Wer hat das behauptet?«
    »Wo willst du hin?«
    »Nach oben. Wenn du nichts dagegen hast, lege ich mich ein bißchen hin. Ich hatte schon ein paar Drinks, ehe du kamst, aber das hast du wohl gar nicht bemerkt. Du hast mich in letzter Zeit überhaupt recht wenig zur Kenntnis genommen.«
    »Was soll das nun wieder heißen?«
    Aber sie war schon weg. Seine Frage schien sie nicht mehr gehört zu haben.
    Storrs nahm einen Schluck Brandy und fischte die Oxford Mail von gestern aus dem Ablagefach des Couchtisches. Wieder sprang ihn die Schlagzeile auf der ersten Seite an:
    MORD IN KIDLINGTON
    Frau durch Küchenfenster erschossen
     
    »Was hast du Denis gesagt?«
    »Daß ich einkaufen gehe. Er hat ein Tutorium.«
    »Hat er dir von der Sitzung erzählt?«
    Sie nickte.
    »Freust du dich?«
    »Aber ja.«
    »Dürfte ziemlich aufregend für dich werden.«
    »Du mußt es ja wissen.«
    »Aber es ist ja nur ein Monat.«
    »Wie sind seine Chancen?«
    »Schwer zu sagen.«
    »Wirst du für ihn stimmen?«
    »Ich stimme ja nicht mit.«
    »Nur wenn es unentschieden ausgeht.«
    »Ja, aber ich habe mir sagen lassen, daß das höchst unwahrscheinlich ist, und wenn alle dreiundzwanzig Fellows ihre Stimme abgeben, auch arithmetisch unmöglich.«
    »Du hast also im Grunde genommen keinen Einfluß auf die Entscheidung.«
    »So möchte ich es nicht sagen. Es würde mich schon wundern, wenn nicht der eine oder andere der Fellows mich in der Frage der Wahl um Rat fragen würde.«
    »Und?«
    »Ich bin immer bereit zu helfen, wenn ich kann …«
    »Denis zu helfen, meinst du?«
    »Das habe ich nicht gesagt …«
    Links ragten die hohen Kühltürme des Kraftwerks von Didcot in den Himmel, und während sie ihre Fahrt auf der A34 in südlicher Richtung fortsetzten und dann kurz vor Ridgeway in das malerische kleine Dorf West Ilsley abbogen, blieb es weitgehend still im Wagen.
    »Irgendwie tut mir der arme alte Denis ja ein bißchen leid«, sagte er, während der dunkelblaue Daimler vor dem Pub hielt.
    »Ja, meinst du denn, mir nicht?« fuhr sie ihn an. »Ich rede nur nicht dauernd darüber.«
    An der Theke bestellte er einen trockenen Weißwein für Shelly Cornford und ein Pint Old Speckled Hen für sich. Sie studierten die angebotenen Menüs auf der Schiefertafel, trafen ihre Wahl und setzten sich an einen Fenstertisch mit Blick auf die verregnete Dorfaue.
    »Was meinst du, sollten wir diese Treffen vielleicht lieber einstellen?« fragte er leise.
    Sie schien die Frage nicht so sehr als einen Zwiespalt der Gefühle denn als logische Übung zu betrachten.
    »Nein, das möchte ich nicht.«
    Sie fuhr mit der Außenseite des rechten Handgelenks an seinem anthrazitfarbenen Anzug herunter.
    »Schade, daß wir das Essen schon bestellt haben«, sagte er leise.
    »Wir könnten es ja stehenlassen.«
    »Und wo …?«
    »Ehe wir das entscheiden, möchte ich, daß du etwas für mich tust.«
    »Für Denis, meinst du wohl …«
    Sie nickte energisch.
    »Große Versprechungen kann ich nicht machen, das weißt du ja.«
    Sie sah sich rasch um, dann legte sie ihre Lippen an sein Ohr. »Ich schon. Ich kann dir alles versprechen, Clixby«, flüsterte sie.
     
    Von seinem Zimmer im College aus hatte Denis Cornford kurz vor elf kurz mit Shelly telefoniert. Er wußte, daß sie aus dem Haus gehen wollte, und deshalb hatte er es eilig, seinen Bericht über die Sitzung loszuwerden.
    Sie merkte, daß er sich freute.
    Er merkte, daß sie sich freute.
    Cornford hatte vor seinem nächsten Tutorium mit einem Erstsemester, einer sehr gescheiten Studentin aus Nottingham, noch eine halbe Stunde Zeit. Die junge Dame hatte vielleicht das beste Gedächtnis, das ihm je begegnet war, und er hatte kaum je so hübsche Beine aus so unmittelbarer Nähe gesehen. Dennoch empfand er, als er jetzt flüchtig an sie dachte, nicht die leiseste erotische Regung.
    Er

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