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Der Tod ist mein Nachbar

Der Tod ist mein Nachbar

Titel: Der Tod ist mein Nachbar Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colin Dexter
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von Frauen: Jackie Collins, Jilly Cooper, Danielle Steel, Sue Townsend … Er las vier oder fünf Anfangssätze, die ihn alle nicht auf Anhieb zu fesseln vermochten, und wollte schon weitergehen, als sein Blick auf Craig Raines A Choice of Ki p ling ’ s Prose fiel. Der weiße Buchrücken sah aus wie frisch aus der Buchhandlung. Eine Neuerwerbung? Oder ein Geschenk? Morse zog das Buch heraus und blätterte die Kurzgeschichten durch, die ihm früher so viel bedeutet hatten und auch jetzt noch bedeuteten. »They« war dabei, wenn auch Morse zugeben mußte, daß er den Sinn dieser Erzählung nie ganz verstanden hatte. Aber genial war sie trotzdem … Und »On Greenhow Hill«. Und »Love-o’-Women« – die bedeutendste Kurzgeschichte in englischer Sprache, da gab es für Morse keinen Zweifel. Das Vorsatzblatt war leer – keine Widmung für jemanden, keine Widmung für jemandem. Und weil ihm ein Buch eingefallen war, das ihm einst eine schöne, für ihn verlorene junge Frau geschenkt hatte, schlug er den hinteren Buchdeckel auf. In der rechten unteren Ecke stand mit Bleistift und in Druckbuchstaben: Für R v on J Ild .
    »Ich liebe dich …«
    Aber was wollte das schon besagen? Es gibt so viele Namen, die mit J anfangen: Jack, James, Jason, Jasper, Jeremy, John, Joseph, Julian …
    Und hätte es heutzutage nicht auch eine Frau sein können, Morse?
     
    Oben im Schlafzimmer besah er sich das Doppelbett, das fast den ganzen Raum einnahm, registrierte erneut die beiden übereinanderliegenden eingedellten Kissen in ihren oxfordblauen Bezügen, auf die Rachel James ein letztes Mal den hübschen Kopf gelegt hatte. Die ebenfalls blaue Wintersteppdecke war zurückgeschlagen, das Laken nur leicht zerknittert. Für Morse stand fest, daß die Ermordete in diesem Bett keine letzte leidenschaftliche Liebesnacht verbracht hatte, was man ihr vielleicht gewünscht hätte …
    Auf dem Nachttisch stand ein Glas mit abgestandenem Wasser, daneben lagen Ohrringe, deren blaue Steine, wie Morse vermutete, nicht von Mutter Natur stammten.
    Immerhin, dachte er, kann man sich jetzt doch schon ein gewisses Bild machen.
    Bild … Bilder …
    Im Schlafzimmer gab es nur zwei, den obligatorischen Monet und eins der goldglänzenden Jugendstilwerke von Gustav Klimt, dafür jede Menge Plakate und Aufkleber: Gegen die Fuchsjagd; gegen den Export lebender Tiere; für den Nationalen Gesundheitsdienst; für die Wale; für legalisierte Abtreibung. Wofür man sich in ihrem Alter eben so einsetzt, dachte Morse. Das heißt – vielleicht auch noch in seinem Alter …
    Er zog die Vorhänge ein Stück zurück und sah auf die Straße hinaus. Auf Rachels Seite war eine fast feierliche Ruhe eingekehrt. Ein einziger Polizist in Uniform stand am Gartentor und sprach mit einem einzigen Vertreter der Presse, dem Mann mit dem Pferdeschwanz, der Tür an Tür mit Rachel James gewohnt hatte und den Morse baldmöglichst vernehmen mußte. Den er eigentlich schon längst hätte vernehmen müssen.
    Dann sah er Sergeant Lewis aus einem Streifenwagen steigen und ging nachdenklich die Treppe hinunter. Seltsam, sehr seltsam angesichts der vielen Aufkleber und Plakate im Schlafzimmer, daß sie den Sticker für die Partei, von der sie sich einige Unterstützung ihrer Anliegen erhoffen durfte, im Kofferraum ihres Wagens hatte liegenlassen. Warum hatte sie ihn nicht wie die anderen Anwohner hinter einem ihrer Fenster angebracht?
    Morse, dessen unbestimmtes Gefühl sich immer noch nicht konkretisiert hatte, schloß die Haustür auf und ließ Lewis ein, der die Mittagsausgabe der Oxford Mail mitgebracht hatte.
    »Wird langsam Zeit, daß wir uns den da vornehmen«, sagte Lewis und deutete durch die geschlossene Tür nach draußen.
    »Eins nach dem anderen.« Morse griff nach der Zeitung, wo der Mord noch immer – wenn auch nicht mehr als Aufmacher – auf der ersten Seite stand.
     
    POLIZEI IM MORDFALL KIDLINGTON RATLOS
     
    Nach Aussage von Inspector Morse von der Thames Valley Police gibt der brutale und das ganze Viertel zutiefst beunruhigende Mord an der Physiotherapeutin Rachel James der Polizei weiterhin Rätsel auf.
    Die Ermordete galt als ruhig, unauffällig und allseits beliebt, und bisher hat die Polizei noch kein einleuchtendes Mordmotiv gefunden.
    Die Nachbarn hatten nur Gutes über sie zu berichten. Mrs. Emily Jacobs, die Rachel kurz vor ihrer Ermordung noch an der Tür gegrüßt hatte, bezeichnete sie als eine freundliche, angenehme Nachbarin, die sie sehr vermissen

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