Der Tod ist mein
sie.«
»Ich werde mit ihr darüber reden.«
»Sie muss trauern, aber sorgen Sie dafür, dass diese Trauer nicht zu lange anhält. Früher oder später braucht sie ihren Zorn. Er wird ihr die Kraft geben zu kämpfen.«
Sie stand auf und trat auf ihn zu. »Ich habe darum gebeten, Bowers’ emotionalen und geistigen Zustand auf der Grundlage der Aufzeichnungen der letzten paar Wochen, des Inhalts und des Tones ihrer Tagebücher, sowie von Gesprächen mit Kollegen und Bekannten bewerten zu dürfen. Das braucht natürlich seine Zeit. Ich muss sehr gründlich vorgehen, darf nicht das Geringste übersehen, und obgleich ich diese Arbeit allem anderen vorziehen werde, fürchte ich, dass ich frühestens in zwei Wochen mit einem Ergebnis aufwarten kann.«
»Ich könnte mit ihr verreisen«, überlegte Roarke.
»Selbst wenn es nur ein paar Tage wären, wäre das eventuell das Beste. Nur habe ich so meine Zweifel, dass sie sich darauf einlässt.« Sie öffnete den Mund, klappte ihn jedoch entschieden wieder zu.
»Was?«
»Ich kenne sie so gut. Ich habe sie so gern. Aber trotzdem bin ich Psychologin, und ich glaube, dass ich weiß, wie sie zumindest anfänglich auf diese ganze Sache reagieren wird. Ich möchte nicht, dass Sie den Eindruck haben, ich überträte eine Linie oder würde durch eine… Analyse ihre Privatsphäre verletzen.«
»Ich weiß, dass sie Ihnen wichtig ist. Also sagen Sie mir bitte, was ich zu erwarten habe.«
»Sie wird sich verstecken wollen. Im Schlaf, im Schweigen, in der Einsamkeit. Womöglich schließt sie Sie sogar aus.«
»Das wird ihr nicht gelingen.«
»Aber sie wird es wollen und wird es versuchen, und zwar, weil Sie ihr näher stehen als je ein anderer Mensch. Tut mir Leid«, erklärte sie und presste ihre Finger an ihre linke Schläfe. »Dürfte ich vielleicht um ein Schlückchen Brandy bitten?«
»Natürlich.« Instinktiv legte er eine Hand an ihre Wange und bat sie mit sanfter Stimme: »Dr. Mira. Setzen Sie sich wieder hin.«
Sie fühlte sich hundeelend und wäre am liebsten in Tränen ausgebrochen. Deshalb nahm sie Platz und wartete stumm, bis Roarke mit einem Glas voll Brandy für sie kam.
»Danke.« Sie nahm einen vorsichtigen Schluck und ließ sich von ihm wärmen. »Bei der Suspendierung, bei diesem Verdacht, bei diesem Fleck in ihrer Akte geht es für Eve um deutlich mehr als ihren Job. Ihr wurde schon einmal die Identität genommen. Sie hat sich eine neue Identität geschaffen und dadurch sich selbst noch einmal aufgebaut. Diese Beurlaubung vom Dienst hat sie dessen beraubt, was sie ist und was sie sein muss. Je länger sie sich jetzt vor der Welt verschließt, umso schwerer wird es werden, sie noch mal zu erreichen. Im schlimmsten Fall wird sogar Ihre Ehe davon in Mitleidenschaft gezogen werden.«
Bei diesen Worten zog er eine Braue in die Höhe und erklärte: »Selbst wenn sie es darauf absieht, hat sie damit garantiert kein Glück.«
Mira lachte leise zitternd auf. »Sie sind ein äußerst starrsinniger Mann. Das ist gut so.« Sie nippte abermals an ihrem Brandy, sah ihm aufmerksam ins Gesicht, und was sie dort entdeckte, nahm ihr einen Teil ihrer Angst. »Es kommt eventuell die Stunde, in der Sie Ihr Mitgefühl beiseite legen müssen. Sicher wäre es für Sie leichter, sie zu verhätscheln und zu verwöhnen und vor sich hin treiben zu lassen. Aber ich denke, dass Sie den Punkt erkennen werden, an dem sie es braucht, dass Sie sie zwingen, den nächsten Schritt zu gehen.«
Seufzend stellte sie ihren Brandy auf den Tisch. »Ich werde Sie nicht länger daran hindern, sich um sie zu kümmern, aber falls ich etwas für sie tun kann, falls sie mich sehen möchte, bin ich sofort da.«
Er überlegte, ob ihr Pflichtgefühl wohl stärker war als ihre Zuneigung zu Eve, ging schließlich jedoch das Wagnis ein und fragte: »Wie lange wird es dauern, bis Sie sämtliche Informationen über Bowers haben?«
»Den Antrag auf Herausgabe der Daten habe ich bereits gestellt. Spätestens in ein, zwei Tagen ist alles da.«
»Ich habe die Daten bereits zusammen«, erklärte er und wartete, während sie ihn verdattert ansah, wortlos ab.
»Verstehe.« Er half ihr in den Mantel, und sie fügte mit einem Blick über die Schulter in ruhigem Ton hinzu: »Wenn Sie mir die Daten auf meinen Privatcomputer zu Hause übermitteln wollten, wäre das für Sie doch bestimmt kein Problem.«
»Nicht das geringste.«
Sie lachte leise auf. »Sie machen einem echt Angst. Wenn Sie mir die Sachen, die Sie
Weitere Kostenlose Bücher