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Der Tod ist mein

Der Tod ist mein

Titel: Der Tod ist mein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J. D. Robb
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dich ebenfalls dadurch nicht hindern lassen, das zu tun, weshalb du in erster Linie dort warst.«
    »Ich kann mich geradezu überdeutlich an meine Vergangenheit erinnern. Es ist leichter, gegen Geister anzukämpfen, die man kennt.« Wieder einmal hob er ihre Hand an seine Lippen und rief dadurch wie stets ein Gefühl von tiefer Zärtlichkeit in ihrem Innern wach. »Du hast mich nie danach gefragt, wo ich an dem Tag, an dem ich alleine unterwegs war, hingegangen bin.«
    »Nein, denn als du zurückkamst, habe ich gesehen, dass deine Trauer nachgelassen hatte.«
    Er verzog den Mund zu einem Lächeln. »Dann kannst du also ebenfalls meine Gedanken und Gefühle lesen. Ich bin dorthin zurückgekehrt, wo ich als Junge gelebt habe, zurück in die Gasse, in der sie meinen Vater tot aufgefunden haben. Viele Leute dachten, ich selber hätte ihn erstochen, und ich habe stets bedauert, dass das nicht der Fall gewesen war.«
    »Das ist nichts, was du bedauern müsstest«, erklärte sie leise, während der Flieger mit kaum mehr als einem Wispern auf der Landebahn auftraf.
    »Das ist der Punkt, in dem wir beide uns voneinander unterscheiden.« Seine herrlich melodiöse Stimme klang auf einmal kalt. »Ich habe dort gestanden, den Gestank aus meiner Jugend in mich aufgesogen und denselben ohnmächtigen Zorn empfunden wie vor all den Jahren. Mir wurde bewusst, dass etwas von dem Kind, das ich gewesen war, noch immer in mir steckte und immer in mir bleiben würde, doch das war nicht alles.« Jetzt wurde seine Stimme wieder wärmer. Sie klang wie edler Whiskey, den man bei Kerzenlicht genoss. »Ich habe mich verändert. Einen anderen aus mir gemacht. Ich hatte mich aus eigener Kraft verwandelt, doch du bist diejenige gewesen, die mich wirklich besser gemacht hat.«
    Als sie ihn verwundert ansah, begann er zu lächeln. »Das, was ich mit dir habe, meine liebe Eve, hätte ich niemals erwartet. Ich hätte nie gedacht, dass ich es haben möchte oder brauche. Doch als ich dort in der Gasse stand, in der ich mich so oft mit anderen geprügelt hatte und in der mein Vater so häufig sturzbetrunken und am Ende tot auf der Erde gelegen hatte, wurde mir bewusst, dass alles, was vorher gewesen war, mich dorthin geführt hatte, wo ich heute bin. Dass er letztendlich doch nicht über mich triumphiert hat. Dass er der verdammte Verlierer in dem bösen Spiel gewesen ist.«
    Er öffnete ihrer beider Gurte und fuhr, als sie schwieg, fort: »Als ich dann durch den Regen davonging, wusste ich, du würdest da sein. Und begreife bitte, dass, wenn du dich deiner eigenen Geschichte stellst – egal, was du findest –, ich vorbehaltlos immer für dich da bin.«
    Die Gefühle, die dieser Satz in ihrem Innern wachrief, füllten sie zum Bersten an. »Ich weiß nicht, wie ich es geschafft habe, auch nur einen Tag zu überstehen, bevor ich dich kannte.«
    Jetzt war die Reihe an ihm, verwundert auszusehen, doch er zog sie nun entschlossen auf die Füße und erklärte: »Ach, ab und zu gelingt es dir einfach, genau das Richtige zu sagen. Bist du wieder okay?«
    »Ja, und so wird es auch bleiben.«
    Da Macht die Wege frei macht und Geld fast jedes Hindernis beseitigt, hatten sie bereits nach wenigen Minuten den überfüllten Terminal verlassen und traten vor das Flughafengebäude, wo bereits ein Wagen auf sie wartete.
    Sie warf einen kurzen Blick auf das schlanke, silbrige, torpedoförmige Gefährt mit dem hochmodernen, stromlinienförmigen zweisitzigen Cockpit und runzelte die Stirn. »Hättest du nicht etwas weniger Auffälliges buchen können?«
    »Ich wüsste nicht, weshalb wir auf Komfort verzichten sollten. Außerdem«, fügte er beim Einsteigen hinzu, »geht dieses Ding ab wie eine Rakete.« Damit ließ er den Motor an, trat das Gaspedal bis auf den Boden durch und schoss über den Parkplatz.
    »Himmel, gütiger Himmel, mach langsamer! Du bist ja total verrückt.« Als er unbekümmert lachte, zerrte sie sich hastig den Gurt über den Oberkörper. »Die Flughafenpolizei wird dich verhaften, bevor du das erste Tor hinter dir gelassen hast.«
    »Dafür muss sie mich erst einmal erwischen«, erklärte er ihr vergnügt, drückte auf einen Knopf, und der Wagen ging so plötzlich in die Vertikale, dass sie wechselweise fluchte und ein paar Stoßgebete sprach. »Du kannst die Augen wieder aufmachen, Schätzchen, wir haben den Flughafenverkehr hinter uns gelassen.«
    Ihr Magen hing noch in Höhe ihrer Knöchel. »Warum tust du solche Dinge?«
    »Weil sie Spaß machen.

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