Der Tod ist mein
»Dort war ich beschäftigt. Jetzt bin ich suspendiert. Sie haben mir den Dienstausweis abgenommen. Mir ist kalt.«
»Das geht vorüber.« Trotzdem lehnte Mira sich zurück, stellte die Temperatur im Raum ein wenig höher und begnügte sich während der nächsten paar Minuten mit einfachen, harmlosen Fragen, bis Eves Blutdruck, die Hirnströmungen, die Atmung und der Herzschlag wieder normal zu nennen waren.
»War Ihre Suspendierung begründet?«
»Sie entsprach den vorgeschriebenen Verfahrensweisen. Während man gegen mich ermittelt, kann ich nicht als Polizistin dienen.«
»War sie begründet?«
Eve runzelte verwirrt die Stirn und wiederholte: »Sie entsprach den vorgeschriebenen Verfahrensweisen.«
»Sie sind mit ganzem Herzen Polizistin«, murmelte Mira und hätte, als von Eve ein schlichtes »Ja« kam, beinahe gelächelt.
»Sie haben in Ausübung Ihres Dienstes finale Todesschüsse abgegeben. Antworten Sie mit einem Ja oder mit einem Nein.«
»Ja.«
Mira wusste, mit dieser Frage befand sie sich auf gefährlichem Terrain. Sie wusste, dass vor vielen Jahren ein junges Mädchen in Panik zu einer Waffe gegriffen hatte. »Haben Sie jemals, außer um sich oder andere zu schützen, einen Menschen getötet?«
Vor Eves geistigem Auge blitzte das Bild des grauenhaften Zimmers, der Blutlachen, des bis zum Griff besudelten, bluttriefenden Messers auf, und die Erinnerung daran war derart schmerzlich, dass sie leise wimmernd sagte: »Ich hatte keine andere Wahl. Ich hatte keine andere Wahl.«
Sie hatte die Stimme eines Kindes, und sofort sprach Mira weiter: »Eve, bleiben Sie hier, und antworten Sie nur mit Ja oder Nein. Ja oder Nein, Lieutenant, haben Sie jemals, außer um sich oder andere zu schützen, einen Menschen getötet?«
»Nein«, brach es explosionsartig aus Eve heraus. »Nein, nein, nein. Er tut mir weh. Er hört einfach nicht auf.«
»Kehren Sie nicht dorthin zurück. Hören Sie auf meine Stimme, sehen Sie ins Licht. Sie gehen nicht eher woanders hin, als bis ich es Ihnen sage. Haben Sie das verstanden?«
»Er ist immer da.«
Genau das hatte sie befürchtet. »Jetzt nicht. Hier ist niemand außer mir. Wie ist mein Name?«
»Er kommt zurück.« Eve begann zu zittern und spannte erneut die Glieder in den Fesseln an. »Er ist betrunken, aber nicht betrunken genug.«
»Lieutenant Dallas, dies ist ein offizielles, von der New Yorker Polizei zugelassenes Verfahren. Sie stehen unter dem Verdacht, einen Mord begangen zu haben, wurden aber noch nicht offiziell aus dem Dienst entlassen, und deshalb müssen Sie sich an die vorgeschriebenen Verfahrensregeln halten. Ist Ihnen das bewusst?«
»Ja, ja. Gott, ich will nicht hier sein.«
»Wie ist mein Name?«
»Mira. Himmel. Dr. Charlotte Mira.«
Bleib hier, flehte die Psychologin stumm. Bleib hier bei mir. »In was für einem Fall haben Sie ermittelt, als Sie beurlaubt worden sind?«
»Es ging um Mord.« Das Zittern hörte auf, und die Monitore zeigten wieder gleichmäßige Werte an. »Um mehrfachen Mord.«
»Kannten Sie eine gewisse Officer Ellen Bowers?«
»Ja. Sie und ihr Auszubildender waren bei den Morden an den Opfern Petrinsky und Spindler als Erste am Tatort.«
»Sie hatten eine Auseinandersetzung mit Bowers?«
»Ja.«
»Beschreiben Sie mir diese Auseinandersetzung.«
Wieder tauchten vor ihrem inneren Auge verschiedene Bilder auf. Der glühende Hass, der sie verärgert und verwundert hatte, die kalten, bösartigen Worte, mit denen sie von Bowers beleidigt worden war.
»Ihnen war bewusst, dass Bowers mehrere Beschwerden gegen Sie eingereicht hatte.«
»Ja.«
»Waren diese Beschwerden begründet?«
»Ich habe mich im Umgang mit ihr einer profanen Sprache bedient.« Obwohl sie unter Drogen stand, schnaubte sie zu Miras Freude hörbar verächtlich auf. »Das ist nicht gestattet.«
Wäre sie vor lauter Sorge nicht halb krank gewesen, hätte Mira bei dieser Erklärung vielleicht tatsächlich gelacht. »Haben Sie Officer Bowers körperlich bedroht?«
»Ich bin mir nicht ganz sicher. Vielleicht habe ich gesagt, dass ich ihr in den Hintern treten werde, wenn sie meine Arbeit weiter derart stört. Auf alle Fälle habe ich etwas Derartiges gedacht.«
»In ihren Tagebüchern hat sie aufgeschrieben, Sie hätten sich durch sexuelle Vergünstigungen berufliche Vorteile erkauft. Ist das wahr?«
»Nein.«
»Hatten Sie jemals eine sexuelle Beziehung zu Commander Whitney?«
»Nein.«
»Hatten Sie jemals eine sexuelle Beziehung zu Captain
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