Der Tod ist mein
herunter. »Verstehe«, sagte er langsam und richtete sich wieder auf. »Ich habe zu Hause bei meiner Frau im Bett gelegen und geschlafen. Das kann ich natürlich nicht beweisen.« Seine Stimme und sein Blick waren merklich abgekühlt. »Brauche ich einen Anwalt, Lieutenant?«
»Das müssen Sie selbst entscheiden«, antwortete sie. »Aber ich sehe dafür zurzeit keinen Grund. Allerdings müsste ich noch Ihre Frau befragen, ob sie Ihre Aussage bestätigen kann.«
Er nickte grimmig mit den Kopf. »Verstehe.«
»Zu jedem unserer Berufe gehört eine Routine, die man als nicht angenehm bezeichnen kann. Das hier gehört zur Routine meines Jobs. Ich brauche eine Liste der Topchirurgen von New York, angefangen mit denen, die auf Organtransplantationen spezialisiert sind.«
Er stand auf und trat ans Fenster. »Ärzte stehen füreinander ein, Lieutenant. Das ist eine Frage des Stolzes und der Loyalität.«
»Auch Polizisten stehen füreinander ein. Und wenn einer von uns nicht sauber ist, werden wir alle davon befleckt. Ich kann mir die Liste genauso gut auf einem anderen Weg besorgen«, fügte sie hinzu, erhob sich ebenfalls und sagte zu seinem Rücken: »Aber ich würde Ihre Kooperation zu schätzen wissen. Ein Mann wurde ermordet. Jemand hat beschlossen, dass ihm nicht erlaubt sein sollte, sein Leben natürlich zu beenden. Das stinkt mir, Dr. Cagney.«
Er zuckte mit den Schultern. »Ich werde Ihnen eine Liste schicken, Lieutenant«, erklärte er ihr seufzend, drehte sich aber nicht zu ihr um. »Sie werden Sie heute noch bekommen.«
»Vielen Dank.«
Sie fuhr zurück auf das Revier, dachte, als sie den Wagen in die Garage lenkte, an den Energieriegel, den Roarke ihr mitgegeben hatte, biss auf dem Weg in ihr Büro herzhaft hinein und sann über ihren Eindruck von Colin Cagney nach.
Er hatte ein Gesicht, dem ein Patient nicht nur vertrauen, sondern vor dem er sich auch ein wenig fürchten würde, überlegte sie. Sicher wäre sein Wort – auf dem Gebiet der Medizin – für die Menschen ehernes Gesetz. Sie würde ihn noch überprüfen, schätzte jedoch, dass er zirka Mitte bis Ende sechzig und somit bereits über die Hälfte seines Lebens Mediziner war.
Er könnte einen anderen töten. Die Erfahrung hatte sie gelehrt, dass unter gewissen Umständen jeder dazu in der Lage war. Aber könnte er wohl einen derart kaltblütigen Mord begangen haben? Würde er unter dem Deckmantel professioneller Loyalität jemand anderen schützen, der so etwas tat?
Sie konnte es nicht sagen.
Das grüne Licht ihres Computer zeigte, dass sie neue Daten zugeschickt bekommen hatte. Peabody, dachte sie anerkennend, hatte mal wieder geackert wie ein Pferd. Sie legte ihre Jacke ab, rief die Informationen auf, und nach nur fünf frustrierenden Minuten angestrengten Knirschens spuckte das Gerät sie endlich aus.
Das Opfer wurde als Samuel Michael Petrinsky, geboren am 6. Mai 1961 in Madison, Wisconsin, identifiziert. Passnummer 12.176-VSE-12. Eltern verstorben. Über mögliche Geschwister ist nichts bekannt. Seit Juni 2023 geschieden. Exfrau Cheryl Petrinsky Sylva, Alter 92. Der Ehe entstammen drei Kinder: Samuel, James, Lucy. Genauere Informationen wurden abrufbereit in einer Nebenakte angelegt.
In den letzten dreißig Jahren ging er keiner geregelten Beschäftigung mehr nach.
Was ist mit dir passiert, Sam?, überlegte Eve. Warum hast du Frau und Kinder sitzen lassen und bist nach New York gekommen, um dein Hirn und deinen Körper mit Fusel und illegalen Drogen zu zerstören?
»Wie schrecklich, so zu enden«, murmelte sie und rief die Informationen über seine Kinder auf. Sie müssten diese nächsten Angehörigen über seinen Tod verständigen.
Sie haben eine verbotene Anfrage gestellt. Bitte löschen Sie den Auftrag, und geben sofort Ihre Fassnummer ein, sonst werden alle nicht gespeicherten Daten unwiederbringlich gelöscht.
»Du elendiger Hurensohn.« Wütend sprang Eve von ihrem Stuhl, schlug mit der geballten Faust auf das Gehäuse des Geräts und wollte trotz des heißen Schmerzes in den Knöcheln gerade noch mal auf die Kiste dreschen, als eine Stimme fragte: »Haben Sie ein Problem mit Ihrem Equipment, Lieutenant?«
Sie biss die Zähne aufeinander und richtete sich auf. Es war selten, dass Commander Whitney sie in ihrem Büro besuchte. Und es war ihr etwas peinlich, dass er ausgerechnet in der Minute bei ihr erschien, als sie auf ein Gerät eindrosch, das Eigentum der Polizei war.
»Bei allem Respekt, Sir, das Ding ist einfach
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