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Der Tod ist mein

Der Tod ist mein

Titel: Der Tod ist mein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J. D. Robb
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nehmen, ungeduldig auf und ab.
    Sie wollte raus, und der bestmögliche Ersatz für eine Flucht war der Blick durch eins der Fenster auf das lärmende Gedränge in der Second Avenue.
    Bis endlich die Tür hinter ihr aufging, hatte sie drei Rettungshubschrauber im Landeanflug, einen Sanitätsjet und das Blaulicht von fünf davonbrausenden Rettungswagen gezählt.
    »Lieutenant.« Der Doktor bedachte sie mit einem breiten Lächeln, das seine strahlend weißen, kerzengeraden Zähne vorteilhaft zur Geltung kommen ließ.
    Dieses Lächeln passte zu dem glatten, gepflegten Gesicht, den geduldigen, intelligenten grauen Augen, den dramatisch schwarzen Brauen und dem links von einer breiten schwarzen Strähne durchzogenen, dichten, blendend weißen Schopf.
    Statt eines Kittels trug er einen maßgeschneiderten Anzug in demselben Grau wie seine Augen. Doch als er ihr die Hand gab, war der Druck seiner seidig weichen Fingern überraschend fest.
    »Dr. Cagney.«
    »Ich hatte gehofft, Sie würden sich daran erinnern, dass Sie mich Colin nennen.« Sein Lächeln wurde tatsächlich noch breiter, als er ihre Hand noch einmal drückte und langsam sinken ließ. »Schließlich sind wir uns bereits des Öfteren privat begegnet. Aber ich nehme an, im Rahmen Ihrer Arbeit und der Ihres Mannes treffen Sie so viele Menschen, dass es Ihnen schwer fällt, sich an jeden zu erinnern.«
    »Das stimmt, aber Sie habe ich nicht vergessen.« Das Gesicht mit den scharfen Wangenknochen, dem kantigen Kinn, der hohen Stirn und vor allem der blassgoldene, von Weiß und Schwarz gerahmte Teint prägte sich einem unweigerlich ein. »Ich weiß es zu schätzen, dass Sie sich die Zeit nehmen, um mit mir zu sprechen.«
    »Mit dem größten Vergnügen.« Er winkte in Richtung eines Sessels. »Aber ich hoffe, Sie sind nicht gekommen, weil Sie meinen Rat als Mediziner brauchen. Sie sind doch wohl nicht krank?«
    »Nein, es geht mir bestens. Ich bin beruflich hier.« Obgleich sie lieber stehen geblieben wäre, nahm sie schließlich Platz. »Es geht um einen meiner Fälle. Heute in den frühen Morgenstunden wurde ein Obdachloser von jemandem ermordet, der über hervorragende chirurgische Fähigkeiten verfügt.«
    Stirnrunzelnd schüttelte er den Kopf. »Ich verstehe nicht.«
    »Der Täter hat ihm das Herz rausoperiert und es anschließend mitgenommen. Ein Zeuge hat behauptet, einer der Verdächtigen hätte einen Organtransportbeutel dabei gehabt.«
    »Mein Gott.« Er faltete die Hände auf den Knien und bedachte sie mit einem halb besorgten und halb verwirrten Blick. »Das ist natürlich entsetzlich, aber trotzdem verstehe ich es nicht. Sie sagen, man hätte ihm das Herz rausoperiert und es anschließend in einem speziell dafür vorgesehenen Beutel transportiert?«
    »Genau. Er wurde in seinem eigenen Unterstand betäubt und anschließend ermordet. Zwei Menschen wurden beim Betreten dieses Unterstands gesehen. Einer hatte anscheinend eine Arzttasche dabei, der andere besagten Beutel. Die Operation wurde von jemandem durchgeführt, der sich hervorragend auf sein Handwerk versteht. Die Adern wurden abgeklemmt und versiegelt, und der Schnitt wurde präzise ausgeführt. Das war kein Amateur.«
    »Aber weshalb sollte man so etwas tun?«, staunte Cagney. »Ich habe schon seit Jahren von keinem derartigen Organdiebstahl mehr gehört. Ein Obdachloser? Wissen Sie, in welchem gesundheitlichen Zustand er vor der Tat gewesen ist?«
    »Der Pathologe meint, er wäre in den nächsten Monaten im Schlaf gestorben. Wir glauben also, dass sein Herz genau wie alle anderen Organe ziemlich angeschlagen war.«
    Seufzend lehnte Cagney sich zurück. »Ich nehme an, Sie wissen aufgrund Ihrer Arbeit, was Menschen einander antun können, Lieutenant. Ich selber habe schon jede Menge zerrissene, gebrochene, zerhackte Körper zusammengeflickt. In gewisser Weise gewöhnen wir uns irgendwann daran. Weil wir es halt müssen. Trotzdem sind wir jedes Mal schockiert und gleichzeitig enttäuscht. Die Menschen finden immer wieder neue Wege, um einander zu töten.«
    »Und so wird es auch ewig bleiben«, stimmte Eve ihm unumwunden zu. »Aber mein Instinkt sagt mir, dass in vorliegendem Fall der Tod des Mannes nicht das Hauptziel war. Sie haben sich von ihm geholt, was sie haben wollten, und dabei in Kauf genommen, dass er infolge dieses Diebstahls starb. Ich muss Sie fragen, Dr. Cagney, wo waren Sie zwischen ein und drei Uhr heute Nacht?«
    Er blinzelte, und seine wohlgeformte Unterlippe klappte schlaff

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