Der Tod ist mein
Scham. Als sie jedoch versuchte, sich von ihm zu lösen, hielt er sie weiter fest. So machte er es immer. »Lass mich dich einfach halten«, bat er sie mit ruhiger Stimme und strich ihr über den Rücken. »Und halt auch du mich fest.«
Sie schmiegte sich an seine Brust, presste ihr Gesicht an seinen Hals und hielt ihn fest umklammert, bis das Zittern endlich nachließ und sie wiederholte: »Ich bin okay. Es war nichts weiter. Nur eine plötzliche Erinnerung.«
Seine Hand erstarrte, glitt dann jedoch an ihr herauf und knetete sanft ihren verspannten Nacken. »Eine neue?« Als sie mit der Schulter zuckte, schob er sie ein wenig von sich fort, sah ihr ins Gesicht und bat: »Erzähl mir, was für eine Erinnerung das war.«
»Es war in einer anderen Nacht, in einem anderen Zimmer.« Sie atmete tief ein und aus. »Chicago. Ich weiß nicht, warum ich derart sicher bin, dass es Chicago war. Das Fenster war kaputt, und es war furchtbar kalt. Ich hatte mich hinter einem Stuhl versteckt, aber als er zurückkam, hat er mich gefunden. Und hat mich wieder vergewaltigt. Nichts, was ich nicht schon wusste.«
»Es zu wissen, macht den Schmerz darüber nicht geringer.«
»Ich schätze nicht. Ich muss mich bewegen«, murmelte sie heiser, stand auf und wanderte, um ihre Zittrigkeit zu überwinden, im Zimmer auf und ab. »Wir haben eine weitere Leiche in Chicago gefunden. Die Vorgehensweise des Täters war die gleiche. Ich schätze, dass dadurch die Erinnerung in mir wachgerufen worden ist. Aber ich komme schon damit zurecht.«
»Ja, das tust du.« Er erhob sich ebenfalls, trat vor sie und legte seine Hände auf ihre steifen Schultern. »Aber du bist damit nicht mehr allein.«
Das ließe er nicht zu, und dieses Wissen rief abwechselnd Dankbarkeit und Unbehagen in ihr wach. »Ich habe mich noch immer nicht an dich gewöhnt. Regelmäßig, wenn ich denke, ich hätte mich an dich gewöhnt, merke ich, dass das nicht stimmt.« Gleichzeitig jedoch ergriff sie seine Hände und erklärte: »Ich bin froh, dass du zurück bist. Ich bin froh, dass du zu Hause bist.«
»Ich habe ein Geschenk für dich gekauft.«
»Roarke.«
Die automatische Verzweiflung, mit der sie seinen Namen aussprach, brachte ihn zum Grinsen. »Nein, es wird dir gefallen.« Er küsste das Grübchen in der Mitte ihres Kinns, wandte sich ab und hob die Aktentasche, die er beim Betreten ihres Zimmer fallen gelassen hatte, vom Boden auf.
»Ich brauche bereits eine Lagerhalle für all die Sachen, die du mir gekauft hast«, begann sie mit ihrer Beschwerde. »Du musst endlich lernen, dich zu beherrschen.«
»Warum? Es macht mir eben Freude.«
»Möglich, mir hingegen…« Als sie sah, was er mit einem Mal in der Hand hielt, brach sie verwundert ab. »Was in aller Welt ist das?«
»Ich glaube, eine Katze.« Lachend hielt er ihr das Stofftier hin. »Du hast eindeutig zu wenig Spielzeug, Lieutenant.«
»Sieht aus wie Galahad.« Gegen ihren Willen fing sie an zu kichern, und einer ihrer Finger glitt über das breite, grinsende Gesicht. »Sogar die komischen zweifarbigen Augen.«
»Ich musste darum bitten, dass sie diese Kleinigkeit verändern. Aber als ich das Ding gesehen habe, kam ich zu dem Schluss, dass wir unmöglich ohne es leben können.«
Schmunzelnd strich sie über den weichen, üppigen Körper. Ihr kam gar nicht der Gedanke, dass sie nie eine Puppe besessen hatte, Roarke aber hatte beim Anblick des Tieres sofort daran gedacht. »Wirklich dämlich.«
»Also bitte, wie sprichst du von unserem Sohn?« Er blickte auf Galahad, der erneut den Liegesessel in Besitz genommen hatte, mit zusammengekniffenen zweifarbigen Augen argwöhnisch auf den Konkurrenten starrte, verächtlich mit dem Schwanz zuckte und dann demonstrativ gelangweilt anfing, sich zu putzen. »Rivalität unter Geschwistern«, murmelte Roarke, während er das beobachtete.
Eve stellte das Stofftier gut sichtbar auf ihren Schreibtisch. »Wollen wir doch mal gucken, ob sie sich miteinander arrangieren.«
»Du brauchst dringend etwas Schlaf«, erklärte Roarke, als er sie stirnrunzelnd auf ihren Computer blicken sah. »Die Arbeit hat Zeit bis morgen früh.«
»Ja, ich schätze, du hast Recht. Von diesem ganzen Medizinkram schwirrt mir regelrecht der Schädel. Weißt du irgendetwas über NewLife, die Firma, die künstliche Organe herstellt und vertreibt?«
Sie war zu abgelenkt, um zu bemerken, dass er eine Braue hochzog, als er meinte: »Vielleicht. Darüber unterhalten wir uns morgen früh. Jetzt komm
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