Der Tod kann warten: Kriminalroman (Sandner-Krimis) (German Edition)
in die Kneipe und fragt heimlich die Leut aus.« Er deutet auf den Sandner. »Verreckte Sauerei is des! Schämts euch. Wer glaubts ihr, das ihr seids? Ich ruf jetzt einen Rechtsanwalt, und dann ist Schluss. Bagage, windige.«
»Machen Sie das«, sagt der Sandner, »aber eine Frage bloß, dann sind wir wieder weg.«
Der Hartinger schaut ihn entgeistert an. Dafür soll er eine halbe Stunde durch die Stadt gerast sein?
»Woher wissen Sie so genau, dass der Fuhrer den Wessold nicht erstochen hat?«
Der Mann schnauft auf und stützt seinen Kopf auf die Hände.
»Wir müssen das wissen«, insistiert der Sandner, »wenn nicht hier, dann auf der Dienststelle. Wollen’S das? Was wissen Sie? Das muss raus jetzt, zefix noch amal!«
»Ach, des is a lange Gschicht.«
Der Sandner setzt sich schweigend auf einen wackligen Hocker und macht dem Hartinger ein Zeichen, es ihm gleichzutun. Ein freier Stuhl ist noch zu finden.
Der Hausherr greift zu einem Kaffeehaferl und nimmt einen Schluck der kalten Brühe. Er verzieht sein Gesicht. Sein Blick irrt umher, bevor er sich an Sandners Augen festsaugt.
»Meine Frau, die Katherina, is vor am halben Jahr gstorben.« Er weist mit müder Geste auf ein Bild, das neben der Tür hängt. Eine lächelnde Mittfünfzigerin, daneben der Gestreifte. Es scheint in der Gaststätte aufgenommen, in der Sandner die Forelle genossen hat. Das Paar festlich gewandet mit freundlichem Lächeln.
»Das Buidl is von unserer Silberhochzeit vor drei Jahr.«
»Sympathisch hats ausgeschaut, Ihre Frau«, sagt der Sandner.
»Fünfundzwanzig Jahre, verstehen’S? Fünfundzwanzig Jahre.« Der Mann schüttelt den Kopf. »Des trifft dich wie a Blitz.«
Der Sandner nickt. Sein Kollege schaut unauffällig auf die Uhr und wirft ihm einen Blick zu. Der Alte hat ihn aufgefangen.
»Aber des wollen’S ned wissen. Die Fuhrer, ja. Die is eine gute Freundin von meiner Frau gewesen – vielleicht die beste. Irgendwann, ich woas nimmer, wann des gewesen is, ham wir einmal über die Gschicht geredet. Kurz vor ihrem Tod. Was ma halt so sagt. Ich hab damals andere Sorgen ghabt, des können’S mir glauben. Und mei Frau hat gmeint, sie wüsst, dass es nicht der Fuhrer gwesen ist. Und wie ich gefragt hab, wie sie sich so sicher sein könnt, hats gsagt, weil sie weiß, wer es war. Ich kenn mei Frau. Die hat des ned so dahergesagt. Ich hab wissen wollen, warum sie des ned gsagt hätt, der Polizei oder weiß der Deifi wem. Da hat die Katherina gweint und mich beschworen, des für mich zu behalten. Oiso hab ich mir auf die Zunge bissen und nix gsagt. Des is ois.«
»Sie hat gewusst, wer es gewesen ist?«
»Hat mei Frau gsagt, ja.«
»Aber Ihnen nicht gesagt, wer das sein soll.«
»Na.«
»Und wem haben’S das schließlich doch erzählt?«
Er schüttelt den Kopf. »Ich weiß ned. Vielleicht war ich amal in einem schlechten Zustand – verstehen’S? Ich hab die Frau Fuhrer mal drauf angesprochen. Sie glaubt fest an die Unschuld von ihrem Mann, aber wer es gwesen sein könnt, da hätt sie auch koan blassen Schimmer. Sonst hätt sie es doch gesagt. Aber ich kenn doch mei Katherina, die hat mir keinen Schmarrn derzählt.«
»Überlegen’S noch mal, mit wem’S darüber gesprochen haben – Ihr Sohn?«
»Dem is des schnurzwurscht. Der is bei den Grattlern zu Hause – verstehens?«
»Es ist wichtig. Einem Freund?«
Der Mann zuckt mit den Schultern. »Wenn, dann wahrscheinlich beim Ansi in der Kneipe. Was is des für eine Entführung?«
Der Sandner steht auf. »Wir müssen weiter. Sie haben uns sehr geholfen.« Er streckt dem Mann die Hand hin. »Entschuldigung – für alles.«
Der Alte greift zu. »Sie ham an verreckten Beruf«, sagt er, und seine Augen blitzen kurz schelmisch auf. Reminiszenz an fröhlichere Tage.
»Des können’S laut sagen.« Auch für den Sandner waren die Tage schon bunter gefärbt.
D ie Sonne hat Feierabend. Wie sie vors Haus treten, hat der Mond bereits die Geschäfte übernommen. Zu spät, um Entscheidendes zu vollbringen.
Der Sandner beschließt, zum Brauner zu fahren und Kriegsrat zu halten. Zusammen mit dem Hartinger macht er sich auf den Weg. Der ist maulfaul wie eine frisch gebratene Forelle. Wahrscheinlich ist er beleidigt, weil der Sandner ihn als Chauffeur missbraucht. Alle zehn Sekunden glotzt er auf sein Mobilteil. Er hat es an einer Halterung am Armaturenbrett befestigt. Der Sandner lässt die übliche Ermahnung vom Stapel, ohne zu bemerken, dass der Rotschopf alles andere als
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