Der Tod kann warten: Kriminalroman (Sandner-Krimis) (German Edition)
er sich eingestehen, dass die Aktion ihm einen Nervenkitzel verschafft hat. Erinnert ihn an Kindertage. Die eine oder andere Scheibe hat dran glauben müssen. Ein Spezl hat sogar nachts beim Metzger Behringer in Obergiesing das Schaufenster eingeworfen, damit sie einen Schweinskopf aus Plastilin mitnehmen konnten. Mit einem Pflasterstein. Was für eine Trophäe! Er hat seinen Kinderfreund einmal zufällig im Wartezimmer vom Urologen getroffen. Der hat kundgetan, er wäre schon lange Veganer, das hielte gesund. Ein bisserl käsig hat er ausgesehen.
Eine Hupe bringt den Sandner ins Jetzt zurück. Der Hartinger wartet mit laufendem Motor an der Bushaltestelle, als müsste er nach dem Banküberfall den Komplizen aufnehmen. Wie unauffällig! Der Sandner reißt die Beifahrertür auf und setzt sich neben ihn. Im Display kontrolliert er seine Schnappschüsse.
Zweiter Teil der Übung. Sein Kollege wird von ihm angewiesen, zum Altenheim zu fahren und rundherum alles abzuklappern. Jeden Stall, jede Schenke, jedes Lädchen. Er muss wissen, wer von den verewigten Verdächtigen dort gesehen worden ist. Schließlich müsste jemand das Gelände erkundet oder Kontakt mit einer Pflegekraft aufgenommen haben. Irgendeine Fährte. Er sollte sich nicht ohne Ergebnis blicken lassen. Der Hartinger nickt schweigend. Er ist noch puterrot und außer Atem. Da zeigt sich eher sein Gemütszustand denn körperliche Anstrengung. Der hatte in der Kindheit gwies keine Sauköpfe erbeutet. Schlimmstenfalls hat er ein Limonadenglas fallen lassen.
Die Ungeduld zeichnet Falten auf Hartingers Nasenwurzel. Er kneift die Augen zusammen. Weg will er, weit weg vom »Tatort«, und das sofort. Vom Hauptkommissar bekommt er noch ein Schulterklopfen mit auf den Weg.
Gerade hat der Kriminaler sich aus dem Sitz geschält und die Tür hinter sich zugeschlagen, da bricht der BMW mit quietschenden Reifen los. Ein Hingucker für die Passanten. Der Sandner am Straßenrand wird angestarrt, als wäre er höchstpersönlich ein prahlender Depp mit PS-Boliden als Schwanzverlängerung. Dank schön, Hartinger. Dabei hat er eine Monatskarte für die öffentlichen Verkehrsbetriebe. Und genau die wird er jetzt nutzen, um nach Hause zu fahren. Vielleicht sollte er sie sich auf die Stirn pappen, als Beweis seiner Redlichkeit. Natürlich hätte er den Kommissar unterstützen können, aber er hat aktuell keine Lust, den Polizisten zu geben, der sich die Füße platt läuft. Schließlich muss Hierarchie auch zu etwas nutzen. In seinem Fall schöpft er sie vielleicht zum letzten Mal aus – wer weiß.
Der Anruf kommt später als erwartet. Er hat sich gerade auf den U-Bahn-Sitz gefläzt, da läutet der Gerichtsmediziner an. Bevor die Tür sich schließt, springt er wieder ins Freie und hastet die Treppen nach oben. Er braucht einen ruhigen Fleck, um frei reden zu können. Zwischen zwei Bäumen wird er fündig.
»Josef ... hallo ... bist du dran! Ich versteh ja das Wort Ermittlungsdruck, aber das macht ihr nicht noch mal mit mir!«, schreit der Aschenbrenner ihn an.
»Servus, Asche, es geht um ...«
»Des is mir wurscht! Heut früh kommt dein Kasperl, der Winter Jonny, hereingeschneit, wir sitzen grad beim Frühstück. Ich Hirsch biet ihm noch ein Haferl Kaffee an, und was macht der? Holt der ein Fetzerl Fleisch im Plastiktüterl aus der Kühltasche und legt es neben mein Frühstücksbrettl, quasi zu meinem Obaztn dazu. Und dann fragt der Depp mich, ob das von einem Menschen sei. Ja, spinnts ihr komplett! Was geht euch im Hirn um? Die Heidrun hätt beinahe das Tofuwürschterl ausgespien. Ihren Schrei hab ich jetzt noch im Ohr. Noch dazu wo sie Vegetarierin ist und ...«
»Asche, der Jonny ist ein wenig schräg, aber es pressiert und ...«
»Du lässt mich jetzt ausreden! Den Burschen hab ich sauber zamputzt, am liebsten hätt ich’s ihn fressen lassen, sein Präparat – aber der ist ja in deinem Auftrag gekommen, hat er gesagt. Ja, im Aufrag des Herrn unterwegs. Hosianna, preiset ihn! Josef – was läuft da? Du sagst mir das sofort, sonst schmeiß ich dein Fleischfetzerl in den Müll oder spar mir heut das Futter fürs Aquarium.«
Der Sandner seufzt. »Also gut, Asche. Kurzform. Dem Oberstaatsanwalt Brauner haben sie die Mutter entführt, und das Fleischstückerl war in seinem Briefkasten. Genügt dir das? Das soll nicht an die große Glocke. Könnte es von ihr sein?«
Einen Moment herrscht Schweigen in der Leitung. Nur das erregte Schnauben vom Aschenbrenner
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