Der Tod kann warten: Kriminalroman (Sandner-Krimis) (German Edition)
vernimmt der Hauptkommissar. Als würde der auf dem Hometrainer werkeln oder die Heidrun hätte sich seines Fleisches angenommen. Beides aktuell unwahrscheinlich.
»Ja, leck mich am Oasch«, kommt es schließlich vom Doktor. »Das kann ich dir ohne Genvergleich sagen. Falls der Brauner nicht als Ferkel dahergrunzt, wird’s nicht von seiner Mutter sein.«
»Ein Schwein?«
»Stückerl vom Ohr, ausgestanzt. Ziemlich jung, vielleicht eineinhalb Jahre alt, weiblich. Den Unterschied erkennst du als Laie nicht zwingend. Das Schwein ist ein naher Verwandter, genetisch gesehen. Mit dem einen mehr, dem anderen weniger. So ein Ohrwaschl bekommst du bei jedem Fleischer, keine besonderen Kennzeichen. Sandner, wie oft soll ich dir noch sagen, dass ich nicht dein Privatmetzger bin.«
»Asche, du könntest Gottes Metzger sein.«
»Die Blasphemie hilft dir jetzt auch nix mehr. Überleg du dir, wie du das wieder gutmachst bei der Heidrun.«
»Ich schenk ihr ein Marzipanschweinderl.«
»Gesünder, du verlässt für eine Weile die Stadt.«
»Dank dir.«
Der Gerichtsmediziner hat aufgelegt. Also ein Stück von der Sau. Die Entführer wollten den Brauner ein bisserl erschrecken, Wind machen. Das hatten sie geschafft, ohne Frage. Der Sandner pustet durch und geht langsam die Stufen wieder hinunter ins U-Bahn-Geschoss. Das ist seit Tagen die erste halbwegs gute Nachricht gewesen. Per SMS schickt er sie an den Rest des Teams weiter. Schweinerei, dreckige.
W er weiß, ob die Wiesner unter hundertsechzig Polizisten einen herausfindet, der ihr etwas über Sheriff Kastelmeyer erzählen kann. Stecknadel im Heuhaufen. Das Heu wird eingefahren in der Polizeiinspektion 47.
Von ihrem Büro in der Hansastraße hat die Wiesner erst noch einen kleinen Abstecher zu ihrer Wohnung in Schwabing gemacht, bevor sie weitergefahren ist zur Kastelmeyers Polizeiinspektion. Umgezogen hat sie sich für die Höhle des Löwen. Ein Überraschungsangriff. Schließlich würde sie sich mit offiziellen Anfragen die Zähne ausbeißen.
Mit der ersten Münchner Moschee und dem Stadion können sich die Beamten dort über mangelnde Unterhaltung nicht beschweren. Jeder huldigt seinem Gott. Und immer gibt es Lumpen, denen das nicht in den Kram passt. Es ist was geboten im Revier. Hunderttausend unterschiedliche Leute wohnen dort. Die wollen sicher sein, respektive – vor der Polizei sicher sein. Kommt auf die Vorlieben an. Fünf Minuten brauchst du von Fuhrers Wohnblock bis hierher. Ohne Warp-Antrieb in die fremde Galaxie. BMW-City. Vieleckige Klötze aus Stahl und Glas. Dynamische Menschen rackern fünfundzwanzig dynamische Stunden pro Tag an dynamischen Blechschachteln. Der Karossenbauer hat im Münchner Norden seine Gemeinde. Mittendrin die Wache. Das Milbersthofener Polizeirevier 47 kuschelt sich in der Knorrstraße an den klinkersteingemauerten Verfassungsschutzhorst samt Lauschantennenwald.
Die Wiesner ist mittels Dienstausweis in den Gebäudekomplex gelangt und sucht sich die ersten greifbaren Uniformierten. Sie bibbert ein bisschen. Minikleid gehört sonst nicht zu ihrer Herbstgarderobe. Allerdings möchte sie auch nicht unnötig Zeit verlieren, bei der Kontaktaufnahme. Und nackte Haut statt Baumwolle ist ein Schlüsselreiz, der das männliche Sprachzentrum gleichzeitig stimuliert und verwirrt. Genau die Mischung, auf die sie Wert legt.
»Entschuldigung. Ich bräucht wen, der sich meinen Wagen anschaut. Der macht so komische Geräusche. Wo habts denn ihr einen Mechaniker?«, wendet sie sich gleich nach dem Eingang an einen Beamten. »Ich hab ihn draußen abgestellt. So trau ich mich nicht weiter.«
Der Mann verharrt auf der Stelle, als hätte sie ihn versteinert.
»Oberkommissarin Sandra Wiesner«, fügt sie lächelnd hinzu. »K11.«
Er schaut sich suchend um. »Ich weiß jetzt auch nicht. Ich müsst ... ich schau mal.« Ein Kollege gesellt sich zu ihnen. Noch einer. Alle drei wissen nichts, aber lungern um sie herum und glotzen. Kauft euch ein Aquarium.
Endlich erscheint jemand, dem sie den Wagenschlüssel in die Hand drücken kann. Eine Frau. »Mal schauen«, sagt die und mustert die Ermittlerin von oben bis unten.
Die Wiesner bekommt großen Drang, ihren Dresscode zu erklären. Ihr Gegenüber ist eine stämmige, kleine Braunhaarige mit lustigen Augen und zerzaustem Kurzhaarschnitt. Die Uniform umschmeichelt sie nicht. Was weniger an den Formen der Kollegin liegt, eher am originellen Schnitt. Der bayrische Beamte ist schließlich kein
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