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Der Tod kann warten: Kriminalroman (Sandner-Krimis) (German Edition)

Der Tod kann warten: Kriminalroman (Sandner-Krimis) (German Edition)

Titel: Der Tod kann warten: Kriminalroman (Sandner-Krimis) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roland Krause
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weggeworfenes Geld, die Leut, die sich um die Alten kümmern, noch vernünftig zu entlohnen. Wenn du in der Position bist, darüber zu entscheiden, wirst du eh nie im Zweibettzimmer landen. Glaubst du. Wünschst du dir.
    Natürlich kann er nirgends parken. Fünfmal fährt er alle Nebensträßchen ab. Wie ein Geier kreist er ums Karree. Als er endlich den Dienstwagen abschließen kann, hat er zwanzig Minuten vertändelt. Im ersten Stock eines schlichten Mietshauses wohnt die Altenpflegerin.
    Er hat sein Kommen nicht angekündigt. Dementsprechend überrascht öffnet sie ihm die Tür. Kurz reißt sie die braunen Augen auf, wie er ihr den Dienstausweis entgegenreckt. Einen farbenfrohen Sarong hat sie an und ein T-Shirt, das blaue Linien eines Tattoos auf ihrer Schulter freilegt. Das Gesamtgemälde bleibt zu erahnen.
    Der Hartinger kann nichts dagegen machen, dass sich der Puls beschleunigt. Er spürt, wie es ihm die Wangen einfärbt.
    »Darf ich reinkommen?«, fragt er.
    Die junge Frau fährt sich durch den schwarzen Wuschelkopf und nickt. Sie gibt ihm die Tür frei und geht voran in eine Wohnküche. Mischung aus Inbusschlüssel-bewährtem Sperrholzfirlefanz und Secondhand oder von der Oma geerbtem Trödel. Ein vorsintflutliches Couchgetüm lädt zum Sitzen ein. Sie deutet darauf.
    »Sie haben ja Zeit gehabt, nachzudenken über das Ganze«, beginnt er und schaut sich im Raum um. Geschirr stapelt sich in der Spüle, Werbeplakate aus den Sechzigern schmücken die Wände. In einer Ecke liegen Pizzaschachteln vom Lieferservice. Die Grünpflanze am Fenster lechzt nach Wasser. Auf dem Kühlschrank sind magnetische Buchstaben zu Wörtern geformt. »Keine Milch«, kann er entziffern und »Morgenritt bringt feuchten Schritt«. Er wendet seinen Blick hurtig Richtung Gastgeberin. Die lächelt ihm zu.
    »Kaffee?«, fragt sie, »oder vielleicht Tee? Darjeeling hab ich.«
    »Gern«, sagt er. Gern? Das Wort ist herausgeschlüpft aus ihm, ohne zu fragen. Er ist kein Teetrinker! Seine Mutter hatte ihm bei jedem Kinkerlitzchen harmonisierendes Gesträuch aufgießen wollen. Gebrühtes Kind scheut den Beutel.
    Um sich nicht weiter zu überraschen, zieht der Polizist ein Filofax hervor.
    »Zu gestern Abend«, sagt er.
    »Zucker?« Sie stellt ihm eine Tasse vor die Nase. Ein getöpfertes Huhn, der Henkel zum Kopf geformt.
    »Kein Zucker.«
    Sie hat nicht viel zu ergänzen. In der Sofaecke sitzt sie, die Knie angezogen, und mustert ihre blanken Füße mit den schwarz lackierten Nägeln. Alles wäre wie immer gewesen. Routine halt. Erst als der Brauner nachgefragt habe, wäre das Fehlen der alten Dame aufgefallen. Sie hätten natürlich das ganze Haus und den Garten auf den Kopf gestellt. Jemand wäre auch die Straßen der Umgebung abgefahren.
    Ob ihr an den Kollegen was komisch vorgekommen wäre, will der Hartinger wissen. »War irgendwer besonders nervös oder hat was Seltsames gemacht?«
    »Wir waren alle nervös – dann.«
    Er könnte es auf sich beruhen lassen und gehen, aber die Tasse ist noch halb voll. Einen Eindruck verschaffen von den Lebensumständen soll er sich, hat die Wiesner gemeint. Na denn.
    Die Frau zündet sich eine Zigarette an. Ihre Bewegungen sind von katzenhafter Unbefangenheit. Das konträre Gegenstück zu Hartingers Staksigkeit. Mutter und Schraube. Warum sie nichts in der Zeitung darüber gelesen habe, will sie von ihm wissen. Und dass die Frau doch irgendwo aufgetaucht, gesehen worden sein muss. Das wäre doch sehr seltsam.
    Der Hartinger gibt ihr recht, weicht aus, lobt den Tee, will wissen, wie lange sie in München wäre und Pipapo.
    Dass er der erste Polizist wäre, mit dem sie sich so unterhalten würde, erfährt der Hartinger, sonst sähe man nur die in Uniform, die immer ein schlechtes Gewissen machten. Ob sie denn eines hätte, erkundigt er sich.
    »Natürlich nicht«, betont sie grinsend und zwinkert ihm zu. »Ich bin brav – meistens.«
    Ihr Blick lässt seinen Schädel heiß werden wie den Darjeeling. Seinen Vornamen will sie noch wissen, bevor er sich langsam aus der Couch schält.
    »Ich denk noch ein bisschen nach, vielleicht fällt mir noch was ein.«
    Er gibt ihr ein Kärtchen mit seiner Handynummer. Sie wedelt grübelnd damit herum.
    »Wenn mir nichts einfällt, dürfen Sie trotzdem wiederkommen – wenn Sie möchten. Ich muss erst am Sonntag wieder arbeiten.«
    Er hat nichts im Repertoire, was er darauf sagen könnte, außer »Wiederschaun«. Auf der Zunge sind noch mehr Wörter gelegen. Aber sie

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