Der Tod kann warten: Kriminalroman (Sandner-Krimis) (German Edition)
uns wirklich nicht antreiben – wir wissen, um was es geht.«
Er schildert den anderen noch einmal seine nächtlichen Abenteuer beim Ansi, mit dem Vinzent und dem Gestreiften. Die gestohlene Jacke darf kein Thema sein, da muss er sich auf die Zunge beißen.
Der Jonny ergänzt seine Ausführungen mit Name und Adresse des Zahnarztes. Die Nummer aus dem Handyadressbuch von Frau Fuhrer passe zu einem Doktor Baltus Gruber.
Die Wiesner trägt die Altenheimbefragung und den Besuch beim Fuhrer bei.
Der Sandner seufzt tief auf und greift sich an den Kopf.
»Was ist?«, will die Wiesner wissen. »Passt was nicht?«
»Alles bestens. Nur dass ich umsonst deppert im Regen rumgelungert hab. Mein Gestreifter ist mit Sicherheit der Vater von Wessolds Igor. Die Adresse hätt ich auch leichter haben können. So ein Dreck.«
»Frag mich halt.«
Was der Sandner brummt, bleibt zum Glück für die Ohren der jungen Kollegen unverständlich. Die Wiesner versteht ihn auch ohne Worte. Er grinst sie unschuldig an.
»Gut – hast eine Idee?«
»Wir fühlen den Leuten auf unserer Liste auf den Zahn.« Sie hat sich gleich die Adresse des notgeilen Zahnarztes gerafft. Er wird es mit ihr zu tun bekommen.
»Auf den Zahn fühlen klingt gut. Wenn du den Igor vom Wessold besuchst, diesen Peter Dingsda ...«
»Peter Hofer.«
»Ja genau, den Hofer. Da möchte ich gern dabei sein. Seinen Vater hab ich ja schon erlebt. Gemeinsam auf dem Klo – das verbindet. Jonny, hast du was?«
Der junge Mann lehnt sich im Sessel zurück, schlägt die Beine übereinander. Kleine Kunstpause. »Oiso«, beginnt er, »man kann ja immer in zwei Richtungen ermitteln. Ich will beweisen, dass da ein Dritter im Spiel war, oder ich will es für absurd erklären. Damals war es zweiteres. Vor Gericht hat niemand nach einem Dritten suchen wollen. Den Fuhrer habens zum Lügenmaul gestempelt.«
»Bursch, jetzt hast es genau beinand ...«, fährt der Brauner hoch.
»Lass ihn ausreden, das darf der eh nicht oft«, meint der Sandner und greift dem Ruheständler an die Schulter. Der schnauft tief und lässt sich zurück in den Sessel fallen.
»Da hätte sich der Anwalt verbeißen müssen«, ergänzt der Jonny. »Das wär sein Job gewesen, aber da war niente. Der Fuhrer ist im Regen gestanden, ohne Schirm.«
»Ist das alles? Der Anwalt – habt ihr Kontakt aufgenommen?«
»War ein Pflichtverteidiger. Da bräuchtest du jemanden, der mit dem Jenseits kommunizieren kann. Findet man in München bestimmt, so einen Tischerücker. Der Mann ist letzten Juli in Guatemala überfallen worden. Er hat in die Maya-Stadt Tikal gewollt, hat sein Partner mir mitgeteilt, und kam im Zinksarg zurück.«
»Tragisch. – Noch was?«
»Eins ist komisch.«
»Was?«
»Die Aufstellung der persönlichen Gegenstände. Handy, Zigarettenschachtel und so weiter, alles da, sogar der Kaugummi – aber kein Hausschlüssel. In der Wohnung ist nix gefunden worden«, ergänzt der junge Beamte.
»Keine Drogen, kein Geld, nix?«, will der Sandner wissen.
»Nein. Jemand, der Dreck am Stecken hat wie der Wessold, räumt doch nicht vorher alles weg, oder? Es sei denn, er träumt seinen Tod – wie Julius Cäsar.«
»Das war Cäsars Frau«, berichtigt der Brauner.
»Dann hat vielleicht wer aufgeräumt.«
»Frau, Frau, Frau«, brummt der Sandner vor sich hin. Irgendwas huscht durch seinen Hinterkopf wie ein Mäuserl durch die Speis, aber er kann es nicht packen.
»Könnte also wer etwas weggeschafft haben aus Wessolds Wohnung. Mit dessen Hausschlüssel in der Tasche«, meint die Wiesner. »Dafür scheidet der Fuhrer aus. Der war vielleicht Wessolds Mörder, aber nicht seine Putzfrau. Der schwarze Mann käme auch nicht infrage. Der soll ja gleich davongerannt sein, sagt Fuhrer.«
»Dann könnte den Schlüssel sich jemand gegriffen haben, der am Tatort aufgetaucht ist, nach dem Mord. Als Erster. Vielleicht bloß ein Leichenfledderer. Aber gut, Jonny, immerhin hast du noch ein Tröpferl rausgemolken aus der vertrockneten Akte.«
Der Angesprochene richtet sich stolz auf.
»Nach dem Mord ist auch in China ein Fahrradl umgfallen«, knarzt der Brauner. »Vielleicht kümmerts ihr euch lieber darum, wer den Wessold abgestochen hat. Glaubst ihr vielleicht, die Entführer interessiert’s, wer ihm die Wohnung rausputzt hat? Herrschaftsverreck! Wenn du einen besoffenen Streithansel vor Gericht hast, der wem auf der Straße ein Trumm Messer reinrennt, wegen einer Weibergeschichte – da tändelst du nicht lang
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