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Der Tod kann warten: Kriminalroman (Sandner-Krimis) (German Edition)

Der Tod kann warten: Kriminalroman (Sandner-Krimis) (German Edition)

Titel: Der Tod kann warten: Kriminalroman (Sandner-Krimis) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roland Krause
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Dinge, die nicht zu plündern sind. Zum Beispiel das Gefühl, gedankenlos an der Isar zu sitzen und aufs Plätschern zu lauschen, in Ömers Dönerladen zu schmausen oder im Zeitungskiosk der plaudernden Stammkundschaft zuzuhören. Es geht um die »Sechzger« oder um Baugerüste. Alles wie immer. Bloß ein bisserl Sonne dazu, und du kannst ihnen in die Fratze lachen, der Geschäftigkeit und der Gier und den hochtrabenden Architektenplänen. Wer die für bedeutsam hält, ist wieder beim tragischen Irrtum angelangt. Das falsche Land entdeckt und nie der Erste.
    Für den Sandner ist aktuell der Weg das Ziel. Die Pilgersheimer Straße entlang, Meter für Meter vertrautes Gebiet. Als hätte er an jeden Strauch seine Marke gesetzt.
    Der 54er-Bus nimmt vor seiner Nase eine Kinderhorde nebst Begleitung auf, bevor er sich Richtung Marienplatz davonmacht. Die Kleinen werden vielleicht später die Stiegen im »Alten Peter« hinaufkraxeln, um das Innenstadtgewühl als Ameisenhaufen zu betrachten. Beste Perspektive. Ein paar Schritte weiter beschimpft ein altes Weiberl lautstark imaginäre Grattler, während zwei angebundene Zamperl vor dem Discounter ein gekläfftes Duett zum Besten geben. Über alldem das Rattern eines nahenden Güterzuges. Untergiesinger Soundtrack.
    In der Lohstraße angekommen, spürt der Sandner, wie die Last auf seinem Buckel leichter geworden ist. Fast hätte er noch bei Ömers Dönerladen reingeschaut, auf einen Plausch, aber er ermahnt sich zur Eile.
    W eitergekommen scheint er nicht zu sein. Faktisch. Sein Bauchgefühl hat sich auf den Weg gemacht. Der Fuhrer wäre nicht unbedingt sein Hauptverdächtiger gewesen – trotz Indizien. Der Wessold hat sich so viele Feinde beschafft – als wäre General Custer allein Sitting Bulls Horden entgegengetreten und hätte ihn derbleckt. Auf zum letzten Gefecht. Zu Hause holt er sich eine Jeansjacke aus dem Schrank und legt eine CD in den Player. Das »Tangaria Quartet« mit Richard Galliano. Es gibt niemanden, der das Akkordeon virtuoser bearbeiten kann. Dabei kommt die Musik als Einheit daher – aus einem Guss, keine Schnörkel, kein unnötiger Firlefanz. So hätte er es gern bei dieser Geschichte. Die spielt auf, und es durchströmt dich. Davon sind sie im Moment meilenweit entfernt. Als würden sie noch die Instrumente stimmen. Aber die Lieder sind längst geschrieben worden und warten, dass sie erklingen dürfen.
    Noch eine Stunde Zeit. Der Sandner spürt fast körperlich, wie ihm die Fransen und ausgerissenen Ecken zusammengenäht werden, bis er Kopf und Bauch wieder beieinanderhat. Fast wäre er eingenickt. »Nichtstun ist besser, als mit viel Mühe nichts schaffen«, hat schon Laotse gewusst.
    D reimal hat der Hartinger klingeln müssen, bevor der Sandner reagiert hat. Ächzend erhebt er sich von der Couch. Bevor er die Wohnung verlassen kann, muss er ins Bad. Das Gesicht hält er sich unter den Wasserhahn. Fast ein Reinigungsritual. Auf ein Neues. Der Altusrieder steht an den Dienst-BMW gelehnt. Wie das blühende Leben schaut der Bursch nicht aus, eher wandelnde Nahtoderfahrung. Die Haare noch verstrubbelter als sonst – Marke Vogelnest –, das Kinn stoppelig und die übliche rosa Wangenfärbung fehlt. Wortkarg ist er obendrein. Aber er hält dem Sandner den Schlag auf. Der führt es darauf zurück, dass sein optischer Zustand für den Hartinger nach Hilfestellung schreit. »Substandard«.
    Der Hauptkommissar schließt während der Fahrt nach Obermenzing die Augen. Höchster Vertrauensbeweis für Hartingers Fahrkünste – oder die Müdigkeit hat gesiegt. »Reiß dich zam«, murmelt er trotzdem. Lieb gewordene Gewohnheit. Vielleicht nagelt der Rotschopf seinen Fuß aufs Gaspedal, um Aufmerksamkeit zu erhaschen. Weil der Sandner nicht als Kinderflüsterer daherkommt, döst er lieber, als Gedanken daran zu verschwenden.
    E xakt eine halbe Stunde später hocken alle beim Brauner um den Couchtisch.
    Die Entführer hätten sich nicht gemeldet, berichtet der Jonny, und die Akten wären ergiebig wie ein Werbeprospekt vom Billigtandler. Der Oberstaatsanwalt ist enttäuscht. Man sieht ihmdie Ermüdung an. Er scheint kein Auge zugemacht zu haben. »Ihr sitzt da, wie die drei Affen, nix hören, nix reden, nix sehen. Herrschaftszefix nochamal. Soll mei Mutter verrecken?«
    »Hör zu, Brauner. Das ist nicht so einfach, seit gestern Abend machen wir nix anders wie rumrennen. Des sind aber grad mal zwölf Stunden«, fährt der Sandner ihm in die Parade. »Du brauchst

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