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Der Tod kann warten: Kriminalroman (Sandner-Krimis) (German Edition)

Der Tod kann warten: Kriminalroman (Sandner-Krimis) (German Edition)

Titel: Der Tod kann warten: Kriminalroman (Sandner-Krimis) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roland Krause
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wenn es ihre Mutter wäre? Nichts, ist die Wiesner versucht zu antworten. Und vielleicht wäre das die Wahrheit. Wer kann es wissen? Aber dafür hätte der Brauner kein Verständnis aufgebracht. Der ist in seinem eigenen Kino. Und der Film ist tragisch genug. Die Wiesner kann ihn verstehen, hat aber keinen Nerv fürs Gejammer.
    Endlich Jonnys Stimme. Wahrscheinlich ist er in Brauners Frottee-Bademantel gehüllt. Kuschel-WG.
    Sie bringt ihn bezüglich Perisic auf den neuesten Stand. Natürlich kommt die klassische Mahnung, nicht allein zu handeln. Schon in den Vorabend-Krimis immer ein Element, um Spannung zu erzeugen. Grundsätzlich wird man hinterrücks niedergeschlagen und liegt danach geknebelt im Kartoffelkeller. Und die Hexe Lilly unter den Kollegen eilt im letzten Moment herbei. Alles ist gut. Natürlich bietet der Jonny sich an, sie zu begleiten. Die Wiesner lehnt ab. Er wird ausharren müssen. Der Perisic kommt nicht als Hannibal Lecter daher. Sie will den Mann nicht verschrecken, ein Aufmarsch lohnte nicht. Soll sie für ein banales Gespräch etwa die Sturmhaubentruppe anfordern? Mit etwas Pech würden die Kapuzenhanseln ihren Zeugen wegblasen, falls der sich verbotenerweise am Hintern kratzt. Der Jonny soll den Hartinger und den Sandner verständigen – und gut. Während sie telefoniert, greift sie sich aus der Schublade ihre Heckler & Koch.
    Bevor sie loszieht, holt sie sich ein paar Türen weiter alle eingegangenen Informationen ab. Die könntest du auf einen Bierdeckel schreiben – ohne die Rückseite zu benötigen. Bei der Suche nach dem untergetauchten Madl gab’s noch keine Fortschritte. Die Ermittlerin kennt sich zwar, dank eines polizeieigenen Nerds, mit Ortungsversuch mittels »stillen SMS« aus, aber die beiden gesuchten Teenager haben ihr offensichtlich altes Handy schlicht und ergreifend ausgeschaltet. So einfach. Da können die kriminaltechnischen Freaks nackt am Stachus Tango tanzen und ihre »IMSI-Catcher« mit süßem Senf fressen. Funkstille. Beinarbeit ist gefragt. Treffpunkte abklappern, Freunde, Familie, das ganze Programm.
    Sie hat dem schwabbeligen, leichenblassen Bürozombie acht Minuten ihr Ohr geschenkt. Die Zeit rennt. Auf seine Trefferquote ist er stolz gewesen. Wie ein Großwildjäger am Orinoko hat er dahergeschwafelt. Jeden und Jede würde er finden, sofern man nicht so unverschämt wäre, dem modernen Technikgraffel den Akku auszubauen.
    Die Wiesner denkt darüber nach, ein altes Handy anzuschaffen.
    Wahrscheinlich predigt der Mann immer noch, den fleischigen Zinken nah am Flatscreen und hat ihr Verschwinden gar nicht wahrgenommen. Wäre nicht wichtig. Mit realen Menschen aus Fleisch und Blut kennt er sich nicht aus. Dafür gibt’s ja immer weniger Spezialisten. Aber die Leut sind grundsätzlich dankbar, wenn wer nickend zuhört. Der Inhalt ist nicht entscheidend.
    Das Madl ist erst eine Nacht weg, aber die Wiesner hat ein ungutes Gefühl. Nicht, dass was passiert ist, sondern was noch passieren kann, darüber macht sie sich Sorgen. Jeden Beamten, den sie auftreiben konnte, hat sie auf die Suche beordert. Es sind weniger, als sie erhofft hatte. Am liebsten hätte sie noch all die Krankgeschriebenen und Siechen an die Arbeit getrieben. Die sind meistens in der Überzahl. Es bleibt ein merkwürdiger Geschmack, so als hätte sie etwas vergessen. Das Salz in der Suppe. Als sie sicher ist, dass alle Rädchen in Bewegung sind, verlässt sie das Gebäude. Hoffentlich drehen sie sich in die richtige Richtung.
    E ines der Rädchen harrt noch immer über den Resten seiner Forelle aus. Nur die Kaumuskeln arbeiten.
    Der Jonny hat telefoniert, die Wiesner dito, und der Hartinger lässt den Herrgott einen guten Mann sein. Mailbox.
    Der Sandner hofft, dass die drei Spürhunde wenigstens ihre Nasen auf dem Boden und gescheit Witterung aufgenommen haben. Auch er hat das Madl im Kopf. Er schiebt die »Undercover«-SIMkarte ins Mobilteil und schickt eine SMS. »Brauchst du eine Zigarette? Lieben Gruß, der Nachbar.« Dann zappt er zum nächsten Kanal. Brauners Mutter. Die Entführer hatten sich nicht wieder gemeldet. Was alles bedeuten kann.
    Man kann nur wissen, was drinnen ist, wenn man draußen war. Nicht leicht, die Vogelperspektive, wenn man dir die Flügel stutzt, wie es dem Hauptkommissar passiert ist. Zumindest den Fisch hat er sich ungestört einverleiben können. Gerade als er sich die letzte Salzkartoffel in den Mund schiebt, bekommt das Gasthaus die nächsten illustren Besucher.

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