Der Tod kann warten: Kriminalroman (Sandner-Krimis) (German Edition)
sadistischen Neigungen.
»Steh auf und komm mit«, herrscht einer der Dunkelmänner den Sandner an.
Der Polizist deutet auf seinen vollen Teller. »Später – vielleicht.«
»Jetzt.«
Langsam wird es ungemütlich im Lokal. Das Trio ist auf Krawall gebürstet. Das kann er nachvollziehen. Schließlich gehen sie davon aus, dass er ihrem Anverwandten Yilmaz eine Kugel in den Kopf gejagt hat. Über das richtige Verhalten in so einer Situation findest du im »Knigge« kein Wort. Von daher müssten sie alle improvisieren. Trial and Error.
Ein bierbäuchiger Kerl mit schwarzem Haarkranz und grauer Schürze erscheint auf der Bühne. Die teigigen Oberarme verschränkt gibt er die tragende Säule des Hauses. Offenbar der Chef der Gaststätte. Gutes Gespür für entscheidende Momente. Ums Mobiliar braucht er nicht zu fürchten. Das hält viel aus. Deutlich mehr als ein banaler Knochen.
»Was is da los?«, will er wissen. »So a Remmidemmi mog i ned.« Konträr zum kernigen Wortlaut ist seine Stimmlage eher Sopran.
Seine Aussage kann der Sandner unterstreichen. Er ist auch nicht Vorfreude pur.
»Kein Stress«, sagt einer der Männer und zeigt die Handflächen vor. »Wir haben den Herrn gebeten, uns woanders besprechen zu können.«
»Oiso, gemma«, bestimmt der Wirt allumfassend, »Remmidemmi gibt’s bei mir herin ned.«
»So seh ich das auch«, sagt der Sandner, »und jetzt würde ich gern in Ruhe essen. Die Forelle schaut ausgesprochen gut aus. Perfekt. Kompliment dem Koch.«
Der Wirt kratzt sich am Schädel. Sein Repertoire ist erschöpft. Sekunden später ist er nur noch gastwirtschaftliche Dekoration.
Die Männer weichen nicht von der Stelle. »Ärger«, kann man auf ihrer Stirn lesen, wie eine blinkende Neonreklame. Anders als in der Lustbranche verspricht diese nicht zu viel. Wie die Monolithen haben sie sich vor dem Polizisten aufgepflanzt und versuchen, ihn niederzustarren. Die ganze Kneipe scheint den Atem anzuhalten, selbst die »Weißen« kauen geräuschlos am Nebentisch. Plötzlich ein Scheppern. Einer von ihnen hat die Gabel auf den Teller fallen lassen. Der erste Zug ist getan.
Als wäre der Bann gebrochen, das Startsignal ertönt.
Die Schwarzen stürzen nach vorn. Sandners Tisch wird von sechs Händen beiseitegeschleudert, als wäre es Pappmaschee.
Der Polizist fährt hoch. Seine Pumpe pocht ihm bis zum Schädeldach. Wie beim gehetzten Fuchs jagen die Augen umher, auf der Suche nach dem Schlupfloch. Umsonst. Er sieht schwarz.
Zwei der freundlichen Herren grapschen nach ihm.
Ihm bleibt nur dieser Moment zu reagieren. Nicht nachdenken! Eine Zehntelsekunde. Eine klitzekleine Chance, nicht gepackt und entgrätet zu werden. Mit ganzem Gewicht wirft er sich auf den nächststehenden, nutzt den Schwung und wuchtet ihn zur Seite. Während er ihm einen Kniestoß verpasst, treibt er ihm die Gabelzinken in den Hintern. Die sorgen für die nötige Beschleunigung.
Mit einem Quieken fliegt der Mann den Weißgewandeten ins Gedeck. An diesem Schnitzel werden sie zu beißen haben. Die Gläser werden ihnen vom Tisch gefegt. Kostbares Bier vergießt sich auf dem Boden. Vase nebst Plastikblume bekommt einer der »Weißen« in den Schoß. Sie spritzen auseinander. »Öha«, kommt es vom Ersten. Schneller als erhofft rucken sie hoch.
»Du, des lässt du bleiben, Früchterl.«
Bevor der Liegende sich berappeln kann, holt er sich eine kräftige Watschn ab. Dagegen geht der Gabelstich als Streicheleinheit durch. Der Sandner hat einen Stuhl bei Lehne und Sitzfläche gepackt und hält den beiden verbliebenen Anzugträgern abwehrbereit die Holzfüße entgegen.
Die wittern die neue Bedrohung und lassen von ihm ab.
Die Weißen sind massiv. Aus kernigem Holz geschnitzt. Bauen sich auf, gleich einer frisch gestrichenen Wand. Zwei von ihnen haben noch ihr Esswerkzeug in Händen. Vielleicht auf der Suche nach Ersatz für ihr Paniertes. Der Sandner hätte da was im Angebot. Müsste man nur aus den Anzügen schälen. Mahlzeit. Der König ist noch lange nicht matt, seine Bauern schützen ihn.
Der Wirt ist spurlos verschwunden. Läufer halt. Wahrscheinlich ist jede Minute ein Streifenwagen da.
Sandners Gabelopfer hat sich vom Tisch gerollt und versucht, seinen Hintern zu begutachten. Optisch schwierig. Auf seinem Bauch pappt Kartoffelsalat mit einem Tomatenscheibchen verziert.
»Kein Stress«, meint der Sprecher der schwarzen Kampftruppe und zeigt erneut die Handflächen. Gönnerhaftes Nicken vom Hauptkommissar. Von ihm aus
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