Der Tod kommt in schwarz-lila
der Menge.
Trevisan blickte den Reporter an. Er kannte ihn. Schulze vom Tageblatt war ein unangenehmer und sensationslüsterner Zeitgenosse.
»Sagen Sie etwas!«, flüsterte ihm die Polizeichefin zu.
Trevisan suchte fieberhaft nach den richtigen Worten. Er räusperte sich. »Wir haben unter Leitung unserer Polizeichefin einen Ermittlungsstab eingerichtet, der sich mit dem Fall beschäftigt«, antwortete er diplomatisch und hoffte, dass diese Antwort genügte. Doch er irrte sich.
»Dann sind Sie also als Leiter der Ermittlungen abgesetzt!«, rief eine Reporterin aus der zweiten Reihe. Trevisan schüttelte den Kopf.
»Wussten Sie, dass manche Fischer in der Küstenregion schon darüber nachdenken, sich zu bewaffnen? Sie sind der Meinung, die Polizei kann sie nicht mehr schützen«, schob Schulze nach. Vor einigen Monaten hatte er bei einer Pressekonferenz des Amtsgerichts schon einmal die Methoden der Polizei in Frage gestellt. Die anderen Anwesenden warteten gespannt, welche Entwicklung dieses Wortgefecht nehmen würde.
»Der Staat hat in einem solchen Falle die hoheitlichen Rechte«, fiel Brenner in das Wortgefecht ein. »Ich warne alle davor, sich in diesem Punkt falsche Gedanken zu machen. Wir dulden keinerlei Übergriffe.«
Schulze ignorierte den Einwurf. »Trevisan, können Sie den Menschen im Wangerland garantieren, dass Sie den Mörder in kürzester Zeit dingfest machen?«
Trevisan überlegte einen Augenblick.
»Wer Garantien will, der muss sich eine Waschmaschine kaufen«, antwortete er schließlich. Erstaunte Gesichter blieben zurück, als er sich erhob und den Saal verließ. Noch lange hallten die lauten Protestrufe der Reporterschar nach. Trevisan hatte genug von dem Theater. Es war neun Minuten nach zwölf.
*
Trevisan brütete über den Akten. Bilder lagen verstreut auf seinem Schreibtisch. Er dachte über das Gespräch mit Margot Martinson auf der Rückfahrt aus Altgarmssiel nach.
Schwarz-Lila, die Farben des Todes? Was steckte dahinter?
Das Gefühl, etwas Wesentliches übersehen zu haben, wurde langsam übermächtig. Es zermarterte seinen Kopf. Er suchte in den Akten nach etwas ganz Bestimmtem. Doch er konnte nicht sagen, was es war. Er blätterte Seite für Seite um. Mittlerweile bestand die Ermittlungsakte aus drei Ordnern.
Das Klopfen an der Tür überhörte er. Erst als das Trommeln lauter wurde, rief er schließlich ein genervtes »Herein!«
Margot Martinson betrat das Zimmer. Er blickte sie missgelaunt an. Sie lächelte. »Störe ich?«
Unverständliches Gemurmel kam über Trevisans Lippen.
»Ihr Abgang war wirklich stark«, sagte die Psychologin. »Ich bin sehr beeindruckt. Nur Ihrer Chefin scheint es nicht recht gefallen zu haben. Wir brauchten noch eine gute Viertelstunde, bis wir die Meute endlich beruhigt hatten.«
Aus ihrer Stimme klang deutliche Anerkennung. Trevisan saß regungslos hinter seinem Schreibtisch.
»Ich wollte es Ihnen nur sagen«, bemerkte sie, ehe sie sich umwandte und ging.
Trevisan seufzte. Er blätterte die nächsten Seiten um und stieß auf Alex Uhlenbruchs Bericht.
Natürlich! Das war es! Wie konnte der Mörder wissen, wo er einen Taucheranzug in genau den Farben finden würde, die er für seine rituellen Handlungen benötigte? Er musste sich im Tauchclub Norden ausgekannt haben.
Hastig griff Trevisan zum Telefon. In Uhlenbruchs Bericht fand er die Telefonnummer des Tauchclubpräsidenten Dr. Holger Fitzmann. Aufgeregt wählte er dessen Nummer. Ungeduldig trommelte Trevisan mit den Fingern auf den Schreibtisch. Eine Frauenstimme meldete sich nach einer Weile. Er nannte seinen Namen und fragte nach Fitzmann.
»Mein Mann ist auf einer Tagung. Er kommt erst morgen Mittag zurück. Soll ich ihm etwas bestellen?«
Trevisan fluchte innerlich. Tief atmete er ein. »Wo kann ich ihn erreichen?«, fragte er schließlich.
»Sie können erst morgen mit ihm sprechen. Sind Sie ein Patient?«
»Nicht direkt, ich müsste dringend mit ihm sprechen«, antwortete Trevisan ausweichend.
Die Frau am Telefon wurde langsam ungeduldig. »Sie finden ihn morgen Mittag in seiner Praxis. Und nun entschuldigen Sie.«
Noch bevor Trevisan etwas erwidern konnte, beendete die Frau das Gespräch. Trevisan schlug mit der flachen Hand auf den Schreibtisch.
Hatte sich heute alles gegen ihn verschworen?
*
Die Zeit verging wie im Flug. Trevisan blickte auf die Uhr. Es war kurz nach fünf. Er griff nach seiner Jacke. Er musste sich beeilen. Paula hatte heute Abend ihren
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