Der Tod kommt nach Pemberley: Kriminalroman (German Edition)
brüllte entsetzlich und machte die Pferde so scheu, dass ich sie kaum halten konnte, und dann hörten wir die Schüsse.«
»Wie viele?«
»Das kann ich nicht genau sagen, Sir, es war ein solches Durcheinander – der Captain war weggelaufen, und Mr. Wickham rannte hinterher, und die Dame schrie. Aber einen Schuss habe ich ganz bestimmt gehört, Sir, und dann vielleicht noch einen oder zwei.«
»Als die beiden Gentlemen weg waren – wie viel Zeit verging da bis zu den Schüssen?«
»Fünfzehn Minuten ungefähr, Sir, vielleicht auch mehr. Wir standen ja eine halbe Ewigkeit da und warteten, dass die Gentlemen zurückkamen. Aber ich habe Schüsse gehört, das steht fest. Mrs. Wickham begann zu schreien, wir würden alle ermordet werden, und befahl mir, so schnell wie möglich nach Pemberley zu fahren. Das schien mir auch das Beste zu sein, Sir. Die Gentlemen waren ja nicht mehr da und konnten keine Anweisungen geben. Ich dachte mir, vielleicht haben sie sich im Wald verirrt, aber ich konnte sie nicht suchen gehen, Sir, weil Mrs. Wickham wie am Spieß schrie und die Pferde außer sich waren.«
»Nein, natürlich nicht. Fielen die Schüsse in der Nähe?«
»Ziemlich, Sir. Vielleicht hundert Schritte von uns entfernt.«
»Gut. Sie müssen jetzt einige von uns dorthin zurückfahren, wo die Gentlemen in den Wald hineingelaufen sind, damit wir sie suchen können.«
Pratt war dieser Plan so zuwider, dass er einen Einwand dagegen zu äußern wagte. »Ich sollte aber zum King’s Arms in Lambton fahren, Sir, und dann zurück zum Green Man. So lauteten die Anweisungen, Sir. Außerdem würden sich die Pferde fürchterlich ängstigen, wenn sie noch einmal in den Wald müssten.«
»Es ist doch völlig sinnlos, ohne Mr. Wickham und Captain Denny nach Lambton zu fahren. Von jetzt an befolgen Sie meine Befehle. Die Anweisungen lauten wie folgt: Sie bewachen die Pferde. Sie warten hier und sorgen dafür, dass sie ruhig bleiben. Ich regle die Sache später mit Mrs. Piggott. Sie haben keinen Ärger zu befürchten, wenn Sie tun, was ich sage.«
Im Haus sagte Elizabeth leise zu Mrs. Reynolds: »Wir müssen Mrs. Wickham zu Bett bringen. Ist oben im südlichen Gästezimmer eines frisch bezogen?«
»Jawohl, Madam, und im Kamin brennt auch schon ein Feuer. Dieses Zimmer und zwei weitere stehen beim Ball immer zur Verfügung, falls sich wieder so etwas ereignet wie in der Oktobernacht ’97, als der Schnee über eine Handbreit hoch lag und einige Gäste, die von weit her gekommen waren, nicht nach Hause fahren konnten. Sollen wir Mrs. Wickham hinaufbringen?«
»Es ist wohl das Beste«, erwiderte Elizabeth. »Aber wir dürfen sie in diesem Zustand nicht allein lassen. Es muss noch jemand in ihrem Zimmer schlafen.«
»Im Ankleideraum daneben stehen ein bequemes Sofa und ein Einzelbett, Madam. Ich könnte das Sofa mit Kissen und Decken hineintragen lassen. Und Belton ist bestimmt noch wach und wartet auf Sie. Sie muss mitbekommen haben, dass etwas passiert ist, und sie ist absolut verschwiegen. Ich schlage vor, dass Belton und ich bis auf weiteres abwechselnd auf dem Sofa in Mrs. Wickhams Zimmer schlafen.«
»Belton und Sie sollen heute Nacht ungestört sein«, entgegnete Elizabeth. »Mrs. Bingley und ich schaffen das schon.«
Als Darcy die Eingangshalle betrat, sah er noch, wie Bingley und Jane, angeführt von Mrs. Reynolds, Lydia die Treppe hinaufschleppten. Ihr Keuchen war einem leiseren Schluchzen gewichen, doch plötzlich entwand sie sich Janes stützenden Armen, drehte sich um und sah Darcy wutentbrannt an. »Warum sind Sie immer noch hier, anstatt ihn zu suchen? Ich habe doch Schüsse gehört – mein Gott, vielleicht ist er verletzt oder gar tot! Wickham liegt womöglich im Sterben, und Sie stehen hier herum! Gehen Sie doch endlich, um Gottes willen!«
Darcy erwiderte ruhig: »Wir brechen gleich auf. Wenn wir etwas in Erfahrung bringen, lasse ich es Sie wissen. Man muss nicht gleich mit dem Schlimmsten rechnen. Vielleicht sind Mr. Wickham und Captain Denny bereits zu Fuß auf dem Weg hierher. Versuchen Sie jetzt zu schlafen.«
Mit gutem Zureden war es Jane und Bingley endlich gelungen, Lydia nach oben zu bringen, wo sie, Mrs. Reynolds folgend, in den Gang abbogen und aus Elizabeths und Darcys Blickfeld verschwanden. »Ich befürchte, dass Lydia sich so in die Sache hineinsteigert, dass sie krank wird«, sagte Elizabeth. »Dr. McFee muss kommen und ihr etwas zur Beruhigung geben.«
»Die Kutsche, die ihn
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