Der Tod kommt nach Pemberley: Kriminalroman (German Edition)
heute Vormittag so viel zu tun – wenn du also den Text verfasst, kann ich die Briefe schreiben. Du musst sie dann nur noch unterzeichnen.«
»Eine hervorragende Idee!«, warf Alveston ein. Zu Darcy sagte er: »Erlauben Sie mir, Ihnen zu Diensten zu sein, Sir. Mit einem schnellen Pferd und einem zweiten als Ersatz kann ich bei der Auslieferung der Briefe helfen. Da ich für die meisten der Gäste ein Fremder bin, werden sie mich nicht so lange nach Erklärungen fragen wie ein Mitglied der Familie, was nur zu Verzögerungen führen würde. Miss Darcy und ich könnten auf einer Karte der Umgebung die schnellste und sinnvollste Route ausarbeiten. Und einige Häuser in enger Nachbarschaft zu anderen Eingeladenen könnten die Nachricht weiterleiten.«
Elizabeth wusste, dass eine ganze Reihe von ihnen diese Aufgabe mit größter Freude erfüllen würde. Wenn irgendetwas für den abgesagten Ball entschädigen konnte, so war es das Drama, das jetzt in Pemberley seinen Lauf nahm. Doch einige Freunde würde die Verzweiflung bekümmern, die nun in Pemberley herrschen musste, sie würden ihrer Anteilnahme und dem Willen, der Familie zu helfen, in sofort verfassten Briefen Ausdruck verleihen, und Elizabeth sagte sich nachdrücklich, dass dies bei vielen aus ehrlicher Zuneigung und Sorge geschehen würde. Solche Regungen des Mitleids und der Liebe durfte man nicht durch Zynismus herabwürdigen.
In diesem Augenblick ergriff Darcy das Wort und sagte kühl: »Meine Schwester wird gar nichts machen. Sie hat mit der ganzen Angelegenheit nichts zu tun, und es wäre völlig unangemessen, sie in die Sache hineinzuziehen.«
Georgiana entgegnete sanft, doch ebenso nachdrücklich: »Ich mache mir aber Sorgen, Fitzwilliam. Wir alle machen uns Sorgen.«
Bevor ihr Bruder etwas erwidern konnte, schaltete sich der Colonel ein. »Miss Georgiana, Sie dürfen keinesfalls in Pemberley bleiben, solange die Ermittlungen nicht abgeschlossen sind. Ich werde noch heute Abend per Eilboten einen Brief an Lady Catherine schicken und bin überzeugt, dass sie Ihnen unverzüglich eine Einladung nach Rosings aussprechen wird. Ich weiß, dass Ihnen das Haus nicht sonderlich behagt und Sie die Einladung als unerfreulich betrachten werden, aber es ist der Wunsch Ihres Bruders, Sie an einem unbedrohten Ort zu wissen und nicht um Ihre Sicherheit und Ihr Wohlergehen bangen zu müssen. Sie verfügen über gesunden Menschenverstand und werden die Klugheit – und Schicklichkeit – dieses Vorschlags gewiss einsehen.«
Georgiana achtete gar nicht auf ihn, sondern sagte zu Darcy: »Du brauchst keine Angst um mich zu haben. Bitte verlange nicht, dass ich gehe. Ich möchte Elizabeth helfen und erhalte hoffentlich Gelegenheit dazu. Daran kann ich nun wirklich nichts Unschickliches erkennen.«
Nun mischte sich Alveston ein. »Verzeihen Sie, Sir, aber dazu habe ich auch etwas zu sagen. Sie debattieren, was Miss Darcy tun muss, als wäre sie ein Kind. Wir leben im neunzehnten Jahrhundert, und man muss kein Anhänger von Mrs. Wollstonecraft sein, um die Meinung zu vertreten, dass Frauen in Dingen, die sie betreffen, ein Mitspracherecht haben sollten. Bereits vor mehreren Jahrhunderten hat sich die Erkenntnis durchgesetzt, dass auch Frauen eine Seele besitzen. Wäre es nicht an der Zeit, einzusehen, dass sie auch über Verstand verfügen?«
Der Colonel brauchte ein paar Sekunden, um die Fassung zu wahren. Schließlich sagte er: »Sie sollten sich Ihre Hetzreden für Old Bailey aufsparen, Sir!«
Darcy wandte sich an seine Schwester. »Ich hatte nur dein Wohlergehen und dein Glück im Sinn. Wenn du aber bleiben willst, sollst du selbstverständlich bleiben. Elizabeth wird deine Hilfe zu schätzen wissen.«
Elizabeth hatte schweigend dabeigesessen und überlegt, ob sie das Wort ergreifen konnte, ohne die Sache noch schlimmer zu machen. »Ja, sehr sogar«, sagte sie nun. »Ich muss für Sir Selwyn Hardcastle abkömmlich sein, wenn er eintrifft, und ich weiß nicht, wie die Briefe rechtzeitig zugestellt werden können, wenn mir niemand hilft. Sollen wir anfangen?«
Der Colonel schob mit einiger Heftigkeit seinen Stuhl zurück, verbeugte sich steif vor Elizabeth und Georgiana und verließ den Raum.
Alveston erhob sich und sagte zu Darcy: »Sir, ich bitte um Entschuldigung für die Einmischung in eine Familienangelegenheit, die mich nichts angeht. Es war unangemessen, das Wort zu ergreifen, obendrein mit größerem Eifer, als es Klugheit und Höflichkeit
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