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Der Tod macht den letzten Schnitt

Der Tod macht den letzten Schnitt

Titel: Der Tod macht den letzten Schnitt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nancy Livingston
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kreuzend,
an British Home Store vorbei und bog um die Ecke auf den Cavendish Square. Er
hatte ein Alter erreicht, in dem die kleinen Freuden des Lebens den Tag ein
wenig heller machen, und der Gedanke an das, was ihn erwartete, beschleunigte
seine Schritte.
    Die Erfindung des Microchips war eines
der unfaßbaren Wunder für G. D. H. Pringle geblieben. In eine Zeit geboren, die
noch das Rechenbrett mit den Kugeln gekannt hatte, aufgewachsen mit dem
Rechenschieber und später dankenswerterweise mit einer Rechenmaschine ausgestattet,
hatte er sich pensionieren lassen, ehe man seiner Finanzbehörde eines der
jüngsten Wunder der Menschheit zugeteilt hatte, und war ohne Bedauern aus dem
Amt geschieden, um, dem ehernen Gesetz des Jahrzehnts gehorchend, einem
Jüngeren Platz zu machen.
    Es folgten ein paar geruhsame Jahre, in
denen er sich einredete, ein finanziell unabhängiger Gentleman in den besten
Jahren zu sein, der endlich Zeit hatte, seinen Neigungen nachzugehen — bis die
Zeit die Illusion trübte. Mr. Pringle hätte sich gern in eher jugendlichem
Alter gesehen, aber sein verknittertes, blasses Gesicht erinnerte ihn an seine
fünfundsechzig Jahre — Seniorenexistenz: die angelehnte Tür, die auf der
anderen Seite keine Klinke hat.
    Mr. Pringles Betroffenheit galt
allerdings weniger dieser Erkenntnis als seinem gegenwärtigen Problem. Er hatte
einmal geglaubt, daß er mit der zusätzlichen Pension des Witwers, die jetzt
fällig geworden war, die Inflationsrate würde ausgleichen können. Da hatte er
geirrt. Seine Pension als Beamter war zwar an die Teuerungsrate gekoppelt, aber
erstaunlich war schon, wie weit Erwartung und Wirklichkeit auseinanderklafften.
In den Jahren der Muße war er unbesonnen in den Kunstmarkt eingestiegen und
hatte dafür seine Ersparnisse hergegeben. Das hätte noch keine Katastrophe sein
müssen, wäre das Hausdach nicht gewesen. Es befand sich in so bedrohlichem
Zustand, daß er schnellstens Abhilfe schaffen mußte, was seinerseits bedeutete,
daß er schnell für einen Nebenverdienst sorgen mußte.
    Jahrelang hatte er die undichte Stelle
ignorieren können — ein strategisch wirkungsvoll plazierter Eimer hatte genügt,
den Regen aufzufangen. Aber seit letztem Monat war das Dach an so vielen
Stellen undicht, daß seine Haushilfe schon mit Kündigung drohte, das Wasser
dringe durch die Zimmerdecke, das ganze Haus rieche schon modrig.
    Mr. Pringle studierte die
Zeitungsannoncen und forderte zwei professionelle Herren zu einem
Kostenvoranschlag auf.
    Nach deren Besichtigung folgte für ihn
eine Nacht voller Zweifel und Kummer. Zweifel, ob er sich ein regendichtes Dach
überhaupt leisten konnte, und Kummer, weil er so verwegen gewesen war, einem
Hobby zu frönen. In der Morgendämmerung erwog Mr. Pringle, über einer Tasse Tee
brütend, sich von seinen Bildern zu trennen. Lebenswille kehrte erst mit dem
gekochten Ei zurück. Er müßte ja verrückt sein, seine kleine Sammlung
anzutasten. Jetzt war die Zeit gekommen, seine Kenntnisse zu Geld zu machen. Er
würde offen seine Dienste jenen Mitgliedern der menschlichen Rasse anbieten,
die unfähig waren, ihre Steuererklärungen selber abzufassen.
    Seine Freundin, Mrs. Bignell, heftete
die erste seiner Karten an die Wand über der Bar im Bricklayers. Vierzehn Tage wurde er mit Aufträgen zugedeckt und mußte eine Ecke im Lokal zum
Büro umfunktionieren, aber als der Andrang nachließ, stellte er fest, daß es
fürs neue Dach immer noch nicht reichte, zumal der eine der beiden Dachdecker
schonungslos gesagt hatte: «Weiß der Geier, Mister, was für einen Verhau wir
unterm Dach finden.» Mr. Pringle wußte, daß er sich plagen mußte.
    Er verschickte Postkarten an alle Namen
aus seinem Adreßbuch. Bei Fallowfield hatte seine Hand gezögert, aber hatte
einer, dem das Wasser buchstäblich am Hals stand, eine Wahl? Und Ashley
Fallowfield hatte sich tatsächlich gemeldet.
    Es gab bestimmte Züge in Fallowfields
Charakter, an die er sich erinnerte, während er nach London hineinfuhr. Er
schob sie beiseite. Erst mußte er sich mit einem dringlicheren Problem
befassen. Einer seiner Mandanten im Bricklayers hatte mit Scheck
bezahlt, und Mavis Bignells vorwurfsvoller Blick, als er ihr das erzählte, ließ
ihn erschauern. «Ein Scheck? Von Lenny Broughton? Du meine Güte!» Lenny
Broughtons Steuererklärung war so kompliziert gewesen, daß sie Stunden
beanspruchte, und Mr. Pringle wollte unbedingt wissen, ob die sechsundsiebzig
Pfund Honorar seinem Konto

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