Der Tod macht den letzten Schnitt
männlichen Statisten
Die Künstler ohne Text benutzten, nach
Geschlecht getrennt, zwei lange, enge Räume am Ende des Garderobenflurs. Heute
drängten sich gleich zwölf, nicht nach Geschlecht getrennt, in der
Herrengarderobe, um Trost zu suchen. Aus Gewohnheit saßen sie, ob auf Stühlen
oder der Bank vor der Wand aufgereiht, gegenüber den gleißenden, hellen
Spiegeln und diskutierten lebhaft den Mord und seine Begleiterscheinungen.
«Es hat heute morgen in meinem Horoskop
gestanden... Hier:
Hätte man das nur ernst genommen! zwölften.>»
«Hast du am 12. Geburtstag, Iris?»
«Nein.»
«Ich glaube, Margarite war Waage.»
«Für Waage heißt es: auf.> Ich bin Zwilling.»
«Ob die uns bald gehen lassen?»
«Erst, wenn sie mit uns geredet haben,
sagt die Polizistenlady.»
«Ich habe Miss Charles überhaupt nicht
gesehen, weil ich nicht nahe genug an der Deko war. Das habe ich ihnen sofort
gesagt.»
«Hast du Jacinta Charles’ Namen
genannt?» Elf Augenpaare starrten die Verräterin anklagend an.
«Habe ich nicht! Ich kann sie verstehen
und lasse sie nicht im Stich.»
«Wir wissen ja gar nicht mit
Sicherheit, daß sie es war.»
«Wir lesen doch alle The Stage, oder? Wer soll es sonst gewesen sein?»
«O Gott... tut mir leid... bitte,
entschuldigt mich!» Der, der da nach draußen taumelte, war ein gutaussehender,
weißhaariger Mann. Für ein, zwei Augenblicke herrschte Stille. Eine der
jüngeren Frauen flüsterte das Wort «betrunken» der Nachbarin zu und wurde
erwischt.
«Mr. Bowman nimmt das besonders schwer,
was habt ihr erwartet?» tadelte Iris, die Rangälteste. «Abgesehen davon, daß er
eine Seele von Mensch ist, hat er früher mal, glaube ich, mit Margarite Pelouse
zusammengearbeitet.»
«Hast du sie damals gekannt?»
Iris hätte das verneinen müssen, also
antwortete sie nicht, sondern schüttelte ernst den Kopf, um tiefen Schmerz
anzudeuten.
«Die Polizistenlady hat mich gefragt,
ob ich wüßte, daß der Mord vor meiner Lunchpause begangen wurde. Ich habe
gesagt, nein, das wüßte ich nicht.»
«Keine von uns wußte es, Schätzchen.
Wir waren doch alle in der Flur-Szene.»
«Iris und Beryl nicht, oder wart ihr?»
Iris bedachte die Fragerin mit einem
drohenden Blick. «Man hatte uns gesagt, wir würden nicht gebraucht. Wie üblich
habe ich im Haus bis zur Mittagspause gewartet.» Sie wandte sich an die
bedauernswerte Beryl: «Allein.»
«Ich war schon gegangen, weil ich
wußte, daß ich für die Szene mit Margarite nicht gebraucht wurde», gab Beryl
zu. «Und ich wollte noch etwas einkaufen.»
«Sie hätten dich vielleicht als
Passantin gebraucht, Beryl.»
Die unglückliche Beryl schluckte. «Ihr
glaubt doch nicht etwa, daß ich was damit...?» Sie wurde von der Wahrsagerin
gerettet.
«Ich spürte, daß etwas nicht
stimmte. Ich habe Robert nicht wirklich aufschreien gehört, aber die
Schwingungen im Studio heute morgen waren grauenhaft.»
Die Tür öffnete sich, und Bertie
tauchte wieder auf. Sie machten ihm Platz und murmelten ihre Anteilnahme.
«Ich habe Ihnen vorhin schon gesagt, Mr.
Bowman, was Sie brauchen, ist ein Schnaps», sagte Iris energisch. Er schüttelte
unwirsch den Kopf.
Beryl wechselte taktvoll das Thema.
«Ich finde, Robert ist ein Spitzenaufnahmeleiter. Der netteste von allen.
Findet ihr nicht?»
«Und fair. Er hat keine Lieblinge.»
«Wie andere! Hat einer von euch mal mit
Malcolm gearbeitet? Ein richtig mieser, kleiner Tyrann. das, widersprich nicht> und so weiter. Bis es mir mal zu bunt wurde. Da habe
ich ihm glatt gesagt: nur berühmte Künstler haben Gefühle.> Das habe ich ihm gesagt.»
«Bravo.»
«Unter uns gab es früher auch berühmte
Künstler, Beryl. Wenn der Geschmack sich ändert, ist das nicht unsere Schuld. Mein Name stand mehr als einmal über dem Titel in Frinton on Sea.» Das ramponierte
Selbstbewußtsein brauchte Zeit, sich wieder aufzurichten. Es herrschte
Schweigen, bis jemand fragte: «Bist du morgen eingeteilt, Daphne?»
«Wir alle, denke ich, oder? Die Agentur
hat gesagt, jeder hat zwei Tage.»
«Hoffentlich drehen sie keine
Operationen mehr.»
«Bloß nicht. Bloß nicht noch mehr
Blut.»
Büro Programmdirektor
Mr. Pringle hatte sich inzwischen
hinreichend erholt. Ashley stellte ihm Tisch und Stuhl neben das Fenster, und
Mr. Pringle
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