Der Tod macht den letzten Schnitt
nahm auch das unerbetene Blumenarrangement in Kauf, weil er merkte,
daß es gut gemeint war.
Der Anblick der vertrauten Formulare
war Balsam für seine Nerven. Er murmelte halb vergessene Fachwörter vor sich
hin, während er die Stöße von Papier aus der Tragetasche fischte und zu kleinen
Stapeln sortierte. Gelegentlich hielt er in der Arbeit inne, um die Kühnheit zu
bestaunen, mit der Fallowfield die Steuerbescheide ignoriert hatte. Aber bald
war aus seiner Ecke nur noch das Rascheln von Papier zu hören — G. D. H.
Pringle war abgetaucht in seine mühevolle Arbeit.
Es gab mehrmals Störungen, als
beispielsweise die befreite Frau aus Camden Passage mit neuen Drehbuchseiten
hereingestampft kam. «Richards umgeschriebenes Script», verkündete sie und
verschwand wieder.
Ashley sah es rasch durch. «Richard ist
einfach ein sagenhafter Redakteur. Hören Sie sich das an: Margarite wird jetzt
vom Fahrer des Wagens erstochen, nachdem er sie zufällig überfahren hat, weil
sie ihn an seine tote Mutter erinnert, die er gehaßt hat, aber die Wunde wird
in der Notaufnahme übersehen, als man sie untersucht. Brillant! Richard läßt
uns nie im Stich» — Ashley wedelte mit den Seiten — «und verpaßt nie seinen
täglichen Zug zurück nach Pett’s Wood. Kein Schreiber sonst kann in solcher
Rekordzeit die Story flottmachen, wenn sie hakt.»
Mr. Pringle war beeindruckt, während
Ashley schon Bernhards Telefonnummer wählte.
«Richard hat ein Wunder vollbracht,
Herzchen. Eine erklärende Szene zwischen Dr. Falconer und Schwester Riddle — im
OP-Waschraum wie üblich — , und dann muß dieser Stuntman noch mal her. Meinst
du, er schafft ein, zwei Sätze?» Es folgte eine weitschweifige Antwort, der Mr.
Pringle entnahm, daß Bernhard Zweifel hatte.
«Wenn er so bescheuert ist, nehmt ihn
mit Rücken zur Kamera auf, Korrektur bei Endfertigung, O.K.?» Ashley war in
seinem Element. «Ach, und noch was. Als erstes morgen früh alles Bandmaterial
von Jacinta sichten... Einverstanden. Früher oder später finden sie es heraus,
also müssen wir die Szenen mit ihr so schnell wie möglich im Kasten haben.» Er hängte
ein und drückte die Taste der Sprechanlage zum Vorzimmer. «Bitte, fotokopieren
Sie die Seiten, und lassen Sie sie verteilen. Irgendwas Neues von Sherlock
Holmes und Co.?»
«Sie schauen noch rein, wenn sie fertig
sind. Ich müßte übrigens in fünf Minuten weg, Mr. Fallowfield. Der Babysitter
geht um halb sechs.»
«Ja, ja...» Ashley ließ die Taste los.
«Barbara, komm zurück, du großes, dickes, häßliches, geliebtes Mädchen. Wo
waren wir stehengeblieben?» Er kramte in den Papieren. «Alles okay, Herzchen?
Können Sie in das Zeug Ordnung bringen?»
«Irgendwann schon.»
«Was ich wirklich wissen möchte — muß
ich meinen Audi bei der Steuer angeben?»
«Steuerschulden sind eine Sache.
Steuerhinterziehung eine andere.»
Ashleys Augen blickten voller Unschuld.
«Ich verlange doch nicht, daß Sie Gesetze brechen, G. B. H»
«Wie schön für mich.»
«Aber irgendwas muß ich doch
abschreiben können? Zum Beispiel» — er erwärmte sich an dem Gedanken «warum
kann ich nicht die Vergünstigungen eines Verheirateten in Anspruch nehmen?»
Mr. Pringle blickte verblüfft hoch.
«Aber natürlich geht das. Verzeihen Sie, ich hatte keine Ahnung...»
«John und ich leben seit sieben Jahren
zusammen. Das muß doch irgendwas bringen.»
«Oh, da sehe ich schon eine
Schwierigkeit.»
«Engstirnige, bigotte Betbrüder.»
«Tut mir auch leid. Oberflächlich
gesehen ist es nicht fair...»
«Fällt Ihnen nicht irgendwas ein? Was
ich absetzen könnte?»
Mr. Pringle überlegte. «Wie eng war
Ihre Beziehung zu Miss Pelouse?»
«Ich habe dieses Weibsstück gehaßt»,
sagte Ashley mit Inbrunst. «Wissen Sie, einmal hat sie mich vor vollem Haus in
Drury Lane lächerlich gemacht...»
Mr. Pringle fiel ihm verzweifelt ins
Wort. «Unter gewissen Voraussetzungen ließe sich ein Teil der Kosten für
Trauerkleidung als steuerlich absetzbar betrachten.»
Sofort füllten Ashleys Augen sich mit
Tränen. «Eine herrliche Künstlerin... Welch grausamer Tod für einen wunderbaren
Menschen.»
«Wenn Sie es sagen.» Mr. Pringle wurde
ganz verlegen, während Ashley abschätzte, was in seiner Garderobe fehlte.
«Was ist mit schwarzen Boxer-Shorts?
Ich brauche neue Unterwäsche für den Urlaub.»
Allmählich hatte sich herumgesprochen,
daß jeder das Haus verlassen durfte. Alles eilte nach draußen in den
Nieselregen —
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