Der Tod macht Schule: Bröhmann ermittelt wieder (German Edition)
richtig, werde nun von ihm als Weinkenner eingestuft und denke an meinen Aldi-Dornfelder, der zu Hause im Kühlschrank steht.
«Ach, weißt du, wenn Britta unter der Woche diese Nullachtfünfzehn-Sachen kocht, muss ich mich mit Kritik immer sehr zurückhalten. Da ist sie sehr empfindlich auf dem Gebiet. Aber so ’ne Sauce hier, na. Das ist schon was anderes, oder? Das bekommst du von deiner Friederike auch nicht auf den Tisch gestellt, oder?»
Er hält mir einen kleinen Löffel seiner eben noch mit Cognak verfeinerten Angeber-Sauce vor die Nase.
«Franziska», korrigiere ich ihn, verschlucke mich dabei, stelle fest, dass sie leider tatsächlich phantastisch schmeckt, nehme dann meinen ganzen Mut zusammen und sage: «Puh, nee, schmeckt mir überhaupt nicht. Ist absolut nicht mein Fall.»
Darauf lacht Guido hysterisch, zeigt mit dem Zeigefinger auf mich und sagt nur: «Klasse, der war gut!»
Darauf folgt angenehmerweise eine etwas längere Gesprächspause, in der ich stumpf meinen Küchengehilfentätigkeiten nachgehe.
Während Guido die «Mafaldine», wie er diese eigenartigen Bandnudeln nennt, in das kochende Wasser kippt, sagt er plötzlich: «Du, dass der kleine Assmann da in dieser Murnau-Sache drinhängt, das ist schon ein gehöriger Hammer, was?»
Ich erschrecke fast ob dieses Themenwechsels.
«Scheint ja eine ganz unschöne Geschichte zu sein», fährt er fort und nippt an seinem chilenischen, italienischen oder französischen Rotwein.
«Ja, ist es», antworte ich knapp. «Aber wir sind dran.»
«Und dann läuft euch noch dieser Asylant weg. Peinlich, oder?»
«Tut mir leid, Guido, ich darf hier nichts über laufende Ermittlungen …»
«Na ja, das stand ja in der Zeitung. Wir Bürger sollen euch doch sachdienliche Hinweise geben, oder etwa nicht?»
«Hast du denn welche?»
Guido Albrecht lacht stumm in sich hinein und antwortet eine Weile erst mal gar nicht. Er probiert ein weiteres Mal an seiner Sauce, hält sie für «ein Geeee…dicht», und ich frage mich, ob Franziska in ihrer Frauenrunde ähnlich viel Spaß hat wie ich.
«Nur dass wir uns nicht missverstehen», setzt Guido nun wieder an, «ich habe und hatte nie etwas gegen Menschen, die aus Not in unser Land kommen. Aber das mit den Thaqis, nichts für ungut, das ging damals schon zu weit. Und nun sehen wir ja, was wir davon haben.»
«Was, meinen Sie … äh, meinst du, ging damals zu weit?», frage ich nach.
«Die Burschen haben ihre Chance gehabt. Kirchenasyl und so. Und dann rennt der Kleine da, der Fati …»
«Faton.»
«… und dann rennt der da durch die Gegend und versetzt halb Schotten in Angst und Schrecken …»
«Na ja, er hat einmal im Einkaufsmarkt geklaut», versuche ich ihn zu unterbrechen und bekomme darauf den Auftrag, Teller und Besteck auf ein Tablett zu legen.
«Egal», schmettert Guido gegen das Rauschen der Dunstabzugshaube. «Offen gesprochen kann ich es einfach nicht ab, wenn sich so ein Weltverbesserer wie der Pfaffe Assmann auf Kosten der Stadt und ihrer Bürger als Gutmensch profilieren will. So Typen müsst ihr bei der Polizei doch auch gefressen haben, oder? Die Leute hatten zeitweise Angst, ihre Kinder alleine auf die Straße zu lassen.»
Ich bin froh, dass das gemeinsame Herrenkochen wenig später ein Ende hat und ich endlich neben Franziska am Essenstisch Platz nehmen kann. Sie drückt unter dem Tisch heimlich meine eiskalte Hand. Und ich muss leider gerade an Stefanie denken.
Auf der viel zu späten nächtlichen Heimfahrt ist Melina sehr schweigsam.
«Alles klar mit dir?», fragt Franziska sie.
«Ja, wieso denn net?», kommt es patzig von der Rückbank. Danach schweigen wir noch eine Weile, bis wir alle, jeder auf seine Weise erschöpft von diesem Abend, zu Hause in unsere Bad Salzhausener Doppelhaushälfte einfallen, wo uns Berlusconi stürmisch begrüßt.
Ich ignoriere, dass er sich die Keksdose vom Küchentisch zu sich ins Hundekörbchen geholt hat, und streichle ihn, da ich wenig Lust habe, ihn jetzt noch maßzuregeln. Melina geht wort- und grußlos direkt in ihr Zimmer.
Franziska und ich gucken uns ratlos an, wie es Eltern Pubertierender vermutlich ständig tun, zucken kurz mit den Schultern und atmen resigniert aus.
Ich sehe, wie Franziska die Rotweinflasche aus dem Kühlschrank holt und mit zwei gefüllten Gläsern ins Wohnzimmer geht. Sie lächelt mir zu und wartet offenbar darauf, dass ich mich zu ihr setze. Ich tue es und habe Angst vor einer noch intensiveren Nähe. Je
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