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Der Tod meiner Schwester

Der Tod meiner Schwester

Titel: Der Tod meiner Schwester Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diane Chamberlain
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sie in jener Nacht war. Sie schlichen sich regelmäßig aus dem Haus. Sie hatten eine Schwäche für –”
    “Hören Sie auf!” Ich stand abrupt auf, sodass der Stuhl fast umfiel. “Dafür bin ich nicht hierhergekommen”, empörte ich mich. “Ich wollten Ihnen bei der Untersuchung helfen. Ich kam, um Ihnen zu erzählen, woran ich mich erinnere, und nicht, um des Mordes an meiner Schwester beschuldigt zu werden. Ich habe sie nicht umgebracht, wenn Sie darauf hinauswollen. Ich hätte ihr niemals etwas zuleide getan.”
    “Bitte setzen Sie sich”, erwiderte Lieutenant Jaffe ruhig, und wider besseres Wissen tat ich das. Allerdings saß ich nur auf der Kante des Stuhls, als wollte ich gleich gehen.
    “Wir müssen uns jeden Beteiligten genau anschauen”, erklärte er. “Jeden, der in jener Nacht am selben Ort sein konnte wie Ihre Schwester. Das schließt auch Sie ein.”
    Ich hielt meinen Ärger im Zaum, weil ich wusste, dass ich sonst in Tränen ausbrechen würde. “Ich habe meine Schwester nicht umgebracht”, sagte ich langsam und bestimmt. “Ich hatte nichts damit zu tun.”
    Der Lieutenant blickte plötzlich auf die Uhr und stand auf. “Wir sprechen mit jedem. Und wir danken Ihnen, dass Sie extra gekommen sind.”
    War’s das? Ich hatte schon Handschellen erwartet und an meine Rechtsanwältin gedacht, die nie in ihrem Leben mit einem Kriminalfall zu tun hatte. Doch nun, da ich gehen durfte, fiel mir meine Mutter ein.
    “Werden Sie auch mit meiner Mutter sprechen müssen?” Ich erhob mich zögernd. Detective Engelmann saß noch immer am Tisch und machte sich Notizen. Sie hob nicht einmal den Kopf.
    “Höchstwahrscheinlich ja”, erwiderte Lieutenant Jaffe. “Sie haben doch kein Problem damit, oder?”
    Ich schloss die Augen und stützte mich kurz an der Stuhllehne ab. Mir war leicht schwindlig, und mein Gehirn arbeitete nur langsam. Wenn ich seine Frage bejahte, würde es so aussehen, als ob ich Angst vor dem hätte, was meine Mutter sagen könnte. Wenn ich darlegte, dass in meiner Familie nie über Isabels Tod gesprochen wurde, würde das noch schlechter wirken. Ich öffnete die Augen und sagte einfach die Wahrheit: “Ich möchte nicht, dass meine Mutter noch mehr leiden muss, als sie das schon getan hat. Ich möchte nicht, dass sie das hier alles …” Meine Handbewegung umfasste den Raum, die beiden Polizisten und überhaupt die ganze Situation. “Ich möchte nicht, dass sie mit dem hier umgehen muss”, sagte ich.
    “Verstehe”, sagte der Lieutenant. “Wir werden das berücksichtigen.”

20. KAPITEL
    J ulie
    1962
    “Wie wär’s, wenn wir heute zum Strand gingen, Mädchen?”, schlug meine Mutter vor.
    Alle Frauen in der Familie – meine Schwestern, meine Großmutter, Mutter und ich – saßen nach dem Frühstück mit Fruchtsalat und French Toast auf der Veranda.
    “Okay”, willigte Lucy ein. “Aber erwarte nicht von mir, dass ich schwimmen gehe.”
    “Nicht, wenn du es nicht willst.” Meine Mutter beugte sich vor, um ihr einen Krümel von der Lippe zu wischen, und lehnte sich dann zurück, um sie verzückt anzuschauen. “Deine Haut hat einen schönen Nuss-Ton bekommen.”
    Von uns drei Schwestern war Lucy diejenige mit dem hellsten Teint, da sie die meiste Zeit drinnen verbrachte, um zu lesen oder mit Grandma Karten zu spielen. Doch natürlich konnte man an der Küste die Sonne nicht vermeiden.
    “Ich habe Mitzi und Pam versprochen, mit ihnen an den Strand zu gehen”, sagte Isabel und fügte rasch hinzu: “Aber wir sehen uns dann dort.” Sie saß an der Tischseite zum Haus hin, wo sie die beste Sicht auf den Garten der Chapmans hatte. Alle zwanzig Sekunden huschte ihr Blick aus den großen, mandelförmigen Augen in diese Richtung. Sie war so durchschaubar, dass ich es kaum fassen konnte, dass meine Mutter sie nicht dabei ertappte. Glaubte Mom denn nur für eine Sekunde, dass es Mitzi Caruso und Pamela Durant waren, mit denen Isabel am Strand herumhängen wollte?
    Doch ich fürchtete, ich war genauso schlecht darin, meine wahren Intentionen zu verbergen.
    “Und ich möchte einfach hierbleiben”, tat ich kund und wünschte mir, ich könnte mich auf meinem Stuhl umdrehen, um nachzusehen, ob die Lewis auf der anderen Seite des Kanals schon da waren.
    Offenbar argwöhnisch geworden, hob meine Mutter fragend die Brauen, doch ich zog die Gabel durch den Sirup auf meinem Teller, um ihrem forschenden Blick auszuweichen. “Vielleicht angele ich ein bisschen und fange etwas fürs

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